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Kultobjekt Senftopf Worpswede (dpa/lni) –

■ In Worpswede: Design-Pabst Wagenfeld als Graphiker und Expressionist

Die Bauhaus-Lampe des De-sign-Pioniers Wilhelm Wagenfeld (1900-1990) mit Milchglasglocke und Metallfuß, seine funktionellen Salzstreuer oder das Tintenfaß der Firma Pelikan sind allesamt Alltagsklassiker. Unbekannt sind hingegen seine frühen Grafiken und Zeichnungen im expressionistischen Stil. Im Künstlerdorf Worpswede bei Bremen werden deshalb seit Freitag abend in der Ausstellung „Wilhelm Wagenfeld: Handzeichnungen, Druckgraphik und industrielle Produktgestaltung“ beide Werkgruppen gewürdigt.

Prägnante Designobjekte aus der Wilhelm-Wagenfeld-Stiftung sowie 60 Holzschnitte, Zeichnungen und Skizzen aus Familienbesitz sind im Barkenhoff ausgestellt, dem einstigen Treffpunkt der Worpsweder Künstler Fritz Mackensen, Heinrich Vogeler und Otto Modersohn. Hier hat Wagenfeld viele seiner Frühwerke geschaffen.

Die erstmals umfassend ausgestellten Holzschnitte des jungen Wagenfeld zeigen die Schattenseiten menschlichen Daseins. Mit expressivem Strich stellte der gebürtige Bremer nach dem Ersten Weltkrieg Schmerz, Hunger und Tod dar, bis er sich 1923 unter dem Einfluß der Kunstschule „Bauhaus“ von der freien Kunst lossagte. Der Sohn eines Hafenarbeiters entwickelte fortan Design für alle Gesellschaftsschichten: vom Senftopf der Firma Hengstenberg bis zum transparenten Teegeschirr aus Jenaer Glas.

Bis heute wirken diese alltäglichen Haushaltsgegenstände formschön und funktionell. „Ich hatte die Dinge oft ein halbes Jahr im Gebrauch“, erklärte kürzlich Wagenfelds Witwe Erika, „bis er die bestmögliche Form gefunden hatte.“

In Bremen widmet die Wagenfeld-Stiftung dem großen deutschen Produktgestalter demnächst sogar ein eigenes Museum. In der alten Ostertorwache wird voraussichtlich im Herbst 1997 das Wilhelm-Wagenfeld-Haus eröffnet. Hinter der klassizistischen Fassade soll sich dann vom Archiv bis zu Veranstaltungsreihen alles um das Thema Design drehen. In Wechselausstellungen könnte, so der Plan der Stiftung, aktuelles Design mit Wagenfelds Qualitätsansprüchen konfrontiert werden.

Sabine Komm/dpa

Die Ausstellung im Worpsweder Barkenhoff ist bis zum 24. 11. zu sehen. Katalog : 38 Mark

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