■ Kulinarisches Geheimrezept für einen CDU-Hinterbänkler:: Chinaböller im Saumagen
Bonn (taz) – Besonders unangenehme Appetitkrämpfe infolge flauer Superwahljahrgefühle in der Magengegend dürften der Auslöser gewesen sein für das größte sprichwörtliche Gesülze, was bisher aus Politikermunde quoll. Ginge es nämlich nach dem Willen des sicher vor lauter Däumchendrehen sehr gestreßten CDU-Bundestagsabgeordneten Gottfried Haschke (MdB-Kategorie unbekannt, unbeleckt, unterbelichtet), müßte künftig jedes ausländische Restaurant auf seiner Speisekarte mindestens ein deutsches Gericht aufführen. Beim Chinesen stünde dann die Pekingente direkt neben dem Eisbein, beim Italiener gäbe es mit der Pizza auch Rostbratwürste, und beim Griechen würde Gyros wahlweise auch mit Spätzle oder Sauerkraut serviert.
Demjenigen fremdländischen Lokalbesitzer, der sich weigert, altdeutsche Hausmannskost mit Würg-Garantie anzubieten, sollen – so seine Forderung um der Erhaltung arischer Speisen willen – harte Sanktionen blühen. Am Rande der Vorstellung eines sächsischen Kochbuches Anfang dieser Woche denkt Haschke laut darüber nach, ob „wir alternativ eine Abgabe zur Wahl stellen können“. Markanter gewendet: Eine „Pizza-Steuer“ muß her! Ohne die Hamburger Blöd-Zeitung hätten wir von diesem köstlichen Schwachsinn wohl nie erfahren.
Das Boulevardblatt zitiert ihn mit den rechtfertigenden Worten: „Ich bin, weiß Gott, nicht ausländerfeindlich, aber in vielen deutschen Städten beherrscht die ausländische Küche den Markt. Wir müssen etwas für die deutsche Küche tun.“ Importe aus der Dritten Welt, schlägt der ehemalige Staatssekretär im Bonner Ernährungsministerium folgerichtig vor, müssen eingeschränkt werden. Na bravo! Wir wollen ja nichts unterstellen, aber was kommt wohl als nächstes? Vielleicht der nach monatlichem Verdienst gestaffelte „Weiberpfennig“ für Deutsche, die eine Ausländerin heiraten wollen? Schließlich machen die Migrantinnen den deutschen Frauen zunehmend den heimischen Männermarkt kaputt. Oder eine von ausländischen Arbeitsplatzbesitzern zusätzlich zu entrichtende Solidaritätsabgabe für arbeitslose Deutsche? Eine von nicht-deutschen Mietern zu zahlende Quadratmeterpauschale zur Unterstützung sozialen Wohnungsbaus für deutsche Inländer? Herr Haschke, trauen Sie sich! Made in Germany muß sich wieder lohnen. Sie werden sehen, Sie kommen aus den Schlagzeilen nicht mehr heraus. Es würde zwar auch ein bißchen Aufregung in der Öffentlichkeit geben, aber das kann Sie doch nicht beeindrucken. Für einen Rechtspolitiker ist das pure Werbung. Profilierung im Nulltarif sozusagen. Also: Es gibt viel zu sülzen, rühren Sie es an! Wenn es allzu dicke kommt, können Sie ja immer noch dementieren. Dabeisein ist alles.
Einstweilen verraten wir Ihnen ein Geheimrezept für phantasielose, schweißtreibende Momente im Politischen. Unser Chinese um die Ecke hat es sich extra für Sie ausgedacht: Chinaböller im Saumagen. Ist das was? Franco Foraci
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