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Kürzungen in der JugendhilfeNeukölln spart sich Prävention

Der Bezirk Neukölln kündigt massive Kürzungen im Bereich der präventiven Jugendhilfe an. Die grüne Jugendstadträtin hält die Maßnahmen für unverantwortlich.

In den Augen vieler Beobachter ist Neukölln der aufstrebende Szenebezirk Berlins; Schiller- und Reuterkiez gelten inzwischen als Paradebeispiele der Gentrifizierungsdebatte. Zugleich hat der Bezirk mit rund 44 Millionen Euro einen der höchsten Etats im Bereich der sogenannten Hilfe zur Erziehung (HzE). Dieser wurde im ersten Halbjahr 2011 um 4,1 Millionen Euro überschritten. Das Neuköllner Bezirksamt will dies nun rückgängig machen.

Über 60 freien Trägern wurden daher zum 30. September die Verträge mit dem Bezirksamt gekündigt. Betroffen sind Projekte, die speziell im Bereich der präventiven Jugendhilfe tätig sind. Hierzu zählen etwa die sogenannten Schulstationen, von denen es 14 im Bezirk gibt. Diese stehen Kindern und Jugendlichen sowohl bei schulischen als auch privaten Problemen zur Seite. Andere Projekte organisieren soziale Kompetenztrainings, engagieren sich im Bereich Gewaltprävention oder unterhalten Jugendfreizeiteinrichtungen. Laut Elfi Witten, Pressesprecherin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, würden die angekündigten Maßnahmen "irreparable Schäden" anrichten.

Die Kürzungen trafen die Projekte unerwartet. "Ohne Vorwarnung erhielten die sozialen Einrichtungen die schriftliche Aufkündigung ihrer Verträge mit dem Bezirk", erklärt Witten. Steffen Zobel, Bereichsleiter der Schulsozialarbeit des Trägers tandem BQG, bestätigt, dass sein Verein bei einer Streichung der Mittel die von ihm betreuten drei Schulstationen nicht mehr weiterführen könnte.

Insbesondere der kurze Zeitraum von drei Monaten bis zur Umsetzung der Kündigung ist für die Träger problematisch, da kein zeitlicher Spielraum für eine weitere Personalplanung bleibt. Den derzeit beschäftigten SozialarbeiterInnen müsste nun umgehend gekündigt werden, so Zobel. Was mit den anderen BetreuerInnen geschehen solle, sei unklar.

Auch die Jugendstadträtin des Bezirks, Gabriele Vonnekold (Grüne), bezeichnete die Sparmaßnahmen als eine "unverantwortliche Zumutung und haushaltspolitischen Unsinn". Speziell die Verdrängung von sozial schwächeren Familien aus den Innenstadtbezirken mache einen erhöhten Kostenaufwand in Neukölln notwendig. Daher würde eine Streichung im Bereich der präventiven Sozialmaßnahmen automatisch höhere Kosten beim Jugendamt bedeuten - wegen steigender individueller Problemfälle. "Hier hat das Jugendamt keine Wahl. Die Anzahl der Fälle kann nicht gesteuert werden. Diese würden sich bei einer Streichung der Prävention in jedem Fall erheblich erhöhen", kritisierte Vonnekold.

Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) charakterisierte einst seinen Bezirk als den "problembeladensten" Deutschlands. Auch er bezeichnete die von ihm angekündigten Kürzungen als dramatisch. Sie seien aber unvermeidlich, da die HzE den Bezirkshaushalt "dauerhaft ruinieren und jedwede Bezirkspolitik in Neukölln unmöglich machen" würden. Der Überschuss könne auch nicht, wie von Vonnekold beschrieben, vom Senat ausgeglichen werden, erklärte Buschkowsky weiter. Die Voraussetzungen seien hierfür schlichtweg nicht erfüllt.

Eine endgültige Entscheidung über die Sparmaßnahmen soll nun auf einer Sonderbezirksverordnetenversammlung am 13. Juli folgen. Für Witten ist allerdings klar, dass "freiwillige soziale Leistungen nicht länger der Spielball der Haushaltspolitik sein dürfen". Zobel kündigte eine Teilnahme der Betroffenen an der Sitzung an.

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2 Kommentare

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  • IH
    Ihr H. Tastan

    Zu Händen Herrn Buschkowski.

     

     

    Werter Herr Buschkowski, werte Abgeordnete,

     

    mit Bestürzung habe ich von der Schließung der Kinder- und Jugendeinrichtungen in Neukölln zum 30.09.2011 gehört.

     

    § 1 SGB VIII Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe

    (1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

    (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

    (3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere

     

    1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,

    2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,

    3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,

    4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

     

    Wer übernimmt diese Aufgaben, wer setzt sich für die Rechte der Kinder ein, wenn keiner mehr da ist? Wie sollen die wenigen Mitarbeiter des Jugendamtes diese Aufgabe meistern?

    Wer übernimmt die Verantwortung, wenn das Kindeswohl gefährdet ist und keiner da ist der hinschaut?

     

    Ich spreche mich mit Nachdruck gegen diese Maßnahmen aus und fordere die Rücknahme dieser Kündigungen.

     

     

    Unterschrift

  • D
    Dandy

    Das man ab 1. 7. selbst behinderten Grundsicherungerungsempfängern den vollen Satz (28,80 Euro) für den neuen Personalausweis abknöpft finde ich in diesem Zusammenhang eine Schweinerei ohne Ende