: Kürzung noch drastischer
■ Noch weniger Arbeitslosengeld
Berlin (taz) – Böse Überraschung beim Blick auf den Leistungsbescheid des Arbeitsamtes: Viele Arbeitslose merken erst jetzt, daß die Kürzungen, die im Zuge des sogenannten Solidarpaktes seit dem 1. Januar in Kraft sind, höher ausfallen als erwartet. „Teilweise betragen die realen Kürzungen bis zu zehn Prozent“, so Anna Veit von der Bundesarbeitsgruppe der Erwerbsloseninitiativen. „Das bedeutet für viele Arbeitslose im Monat etwa 150 Mark weniger Geld – und das bei steigenden Lebenshaltungskosten und Mieten.“ Die Lohnersatzleistungen würden in vielen Fällen so weit abgesenkt, daß ergänzende Sozialhilfe beantragt werden müsse.
Bisher erhalten Arbeitslose 63 Prozent des pauschalierten Nettoeinkommens als Arbeitslosengeld. Jetzt wird das Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- und Unterhaltsgeld für Betroffene ohne Kinder um drei Prozentpunkte und für Betroffene mit Kindern um einen Prozentpunkt gekürzt. Drei Prozentpunkte bedeuten jedoch keineswegs, daß drei Prozent vom Arbeitslosengeld gekürzt werden. Die Absenkung von 63 auf 60 Prozentpunkte beim Arbeitslosengeld bedeutet reale Kürzungen von 4,8 Prozent.
Da außerdem auch die Beiträge für die Rentenversicherung von 17,5 auf 19,2 Prozent erhöht wurden und damit knapp zwei Prozent mehr vom Bruttoeinkommen abgezogen werden, verringert sich das pauschalierte Nettoeinkommen nochmals. Analog gilt dies für Arbeitslosen- und Eingliederungshilfe: hier wird von 56 auf 53 Prozentpunkte (ohne Kinder) und von 58 auf 57 Prozentpunkte (mit Kindern) abgesenkt.
Wie ein Sprecher der Bundesanstalt für Arbeit der taz bestätigte, betragen die realen Einbußen bei den Lohnersatzleistungen bis zu sieben Prozent. Danach müssen Arbeitslose mit einem durchschnittlichen Arbeitslosengeld von 2.097 Mark (West) mit 147 Mark weniger auskommen, im Osten fehlen bei durchschnittlich 1.480 Mark Arbeitslosengeld 104 Mark in der Haushaltskasse.
Die Bundesarbeitsgruppe Erwerbslose stellt dazu fest: „Die Öffentlichkeit ist über die tatsächliche Höhe der Kürzungen bewußt getäuscht worden.“ win
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