Kündigungen bei "Süddeutscher Zeitung": Vize-Chefredakteur protestiert
Die "Süddeutsche Zeitung" kündigt 14 Redakteuren und 12 Sekretärinnen. Der Verlag SWMH hat sich mit dem Kauf des Blattes wohl massiv verhoben.
Jetzt rebelliert sogar die Chefredaktion gegen den eigenen Verlag. "Die Grenze des Erträglichen" sei bei der Süddeutschen Zeitung überschritten, beklagt sich der stellvertretende Chefredakteur Wolfgang Krach laut einem aktuellen Rundschreiben des Redaktionsausschusses.
14 Redakteuren und 12 Redaktionssekretärinnen wurde nach Angaben des Betriebsrats bei Deutschlands auflagenstärkster Qualitätszeitung gekündigt. "Es ist jetzt schon die Grenze erreicht, wo es auf die Qualität durchschlägt", sagt der Konzernbetriebsratsvorsitzende des Süddeutschen Verlags, Harald Pürzel, zur taz. Auch die Kürzungen bei den Sekretärinnen könne sich auf die Qualität des Blatts auswirken, wenn Redakteure dann statt zu recherchieren deren Aufgaben mit übernehmen müssten, meint Pürzel.
Eine offizielle Mitteilung der Verlagsleitung an die Mitarbeiter habe es nicht gegeben, so Pürzel. "Das ist leider nicht mehr Stil des Hauses." Seit die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) die Mehrheit am Süddeutschen Verlag übernommen hat, geben sich die Geschäftsführer in München recht wortkarg. Dafür wird kräftig gespart. In den vergangenen Jahren sank die Zahl der Redakteure bei der SZ von 400 auf 330. Es könnten bald noch weniger werden. Die SWMH hat sich mit dem über 600 Millionen Euro teuren Kauf der SZ wohl massiv verhoben. 2009 fehlten dem Verlag wegen der Anzeigenkrise angeblich zwischen 50 und 60 Millionen Euro an Umsatz.
Die aktuelle Entlassungswelle trifft vor allem die Lokal- und Regionalressorts. Allein 8 der 14 gekündigten Redakteursstellen fallen in der Region weg. "Eine vernünftige Recherche ist dort bereits jetzt oft kaum mehr möglich", sagt Betriebsratschef Pürzel. "Wir haben jetzt schon kaum mehr genug Mitarbeiter, um zu einer Recherche rauszugehen", sagt ein Redakteur aus einer Lokalredaktion im Umland.
Die Verlagsleitung plant einen radikalen Umbau der Lokal- und Regionalberichterstattung. Die bisher eigenständigen Ressorts "Bayern" und "Lokales" sollen in einem Zeitungsbuch zusammengefasst werden - mit geringerem Seitenumfang und geringeren Kosten. Das Konzept ist laut Betriebsrat Pürzel bereits vom Verlag abgesegnet, habe bislang aber unter Finanzierungsvorbehalt gestanden.
Der Verlag hatte schon im Herbst massive betriebsbedingte Kündigungen in der Verwaltung angekündigt. Dazu sei es am Ende nicht im geplanten Ausmaß gekommen, so Pürzel. Die aktuellen Kündigungen sind dagegen mehr als bloße Ankündigungen. Der Betriebsrat ist schon formell informiert worden.
Noch in dieser Woche werden sich die SZ-Mitarbeiter zu einer Redaktionsversammlung treffen. Dann wird diskutiert, wie sich die Mitarbeiter gegen die Sparpläne wehren wollen.
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