Kündigung bei der „Welt“: Am Ende bleiben nur Verlierer
Günther Lachmann soll sich der AfD als Berater angedient haben. Er wollte aber AfD-Berichterstatter für die „Welt“ bleiben und wurde gefeuert.
Wer auf welt.de die Autorenseite von Günther Lachmann aufsucht, landet im Nirgendwo: „Es tut uns leid. Es gab einen Fehler.“ Nicht mehr als die standardisierte Nachricht, wenn eine Seite unauffindbar ist – und doch so passend zu diesem Fall, der am Samstag in einen kurzen Tweet von Stefan Aust mündete: „Die WELT trennt sich von Günther Lachmann“, schrieb der Chefredakteur von WeltN24 um 17.14 Uhr.
Es gab wohl tatsächlich einen Fehler.
Die Vorwürfe gegen Lachmann standen schon seit drei Wochen im Raum: Er soll sich der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) als Berater angedient haben. So schrieb es zumindest der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Marcus Pretzell bereits am 26. Januar bei Facebook. Obwohl: bereits? Vielleicht doch: erst. Denn viele Monate schien Pretzell das Angebot des Herrn Lachmann nicht so schlimm zu finden, dass es sich lohnte, öffentlich darüber zu reden. An jenem 26. Januar aber schrieb Pretzell: „Herr Lachmann wollte zwar die AfD mit Frauke Petry (AfD-Vorsitzende; d. Red.) und Jörg Meuthen (AfD-Co; d. Red.) beraten, aber er wollte seinen Job als Journalist bei ‚Die Welt‘ nicht aufgeben und dort weiter verantwortlich sein für die Berichterstattung über die AfD.“ Und: „Der Preis? € 4.000,- monatlich!“
Zwei Tage zuvor war in der Welt am Sonntag ein Artikel von Lachmann über die AfD erschienen, in dem er orakelte, dass der AfD-Chefin Frauke Petry das selbe Schicksal drohte wie einst dem Parteigründer Bernd Lucke, der im vergangenen Jahr abgesetzt worden war. Im selben Bericht schrieb Lachmann darüber, dass Petry ihren Mann (“einen Pfarrer“) verlassen habe: für den „in AfD-Kreisen als wenig seriös geltenden EU-Abgeordneten Marcus Pretzell“.
War der Facebook-Post von Pretzell also nur eine Retourkutsche? Die Welt hielt zumindest erst einmal zu Lachmann, der weiter über die AfD berichtete. Am Samstag dann die Wende, der Tweet und Austs Erklärung gegenüber Spiegel Online: „Solange wir Mitarbeitern kein unredliches Verhalten nachweisen können, stehen wir hinter ihnen, wenn es andere Informationen gibt, trennen wir uns von ihnen.“
Ein Manifest für die AfD
Diese anderen Informationen sind E-Mails, aus denen die rechtskonservative Zeitung Junge Freiheit zuvor zitiert hatte. Sie gingen von Lachmann an Pretzells Pressesprecherin. In einer Mail vom Sommer 2015 soll Lachmann ein „Konzept für ein Manifest der Verantwortungsdemokratie“ skizziert haben. Fünf Punkte, zwei Seiten. „Es ist die Versicherung gegen alle Versuche, die Partei rechts zu verordnen (sic)„, zitiert die Zeitung aus der Mail.
„Aus den Mails geht klar hervor, dass Lachmann der AfD eine Art Konzeptvorschlag für eine Neuausrichtung der Partei geschrieben hat“, sagte Aust. Das sei mit einer journalistischen Tätigkeit für die Welt nicht zu vereinbaren.
Ist Pretzell nun der große Sieger? Parteiintern scheint das nicht so zu sein. AfD-Vize Alexander Gauland rügte Pretzell am Sonntag: Dieser habe über „vertrauliche Gespräche“ in der Öffentlichkeit gesprochen und einen Journalisten damit „beruflich vernichtet.“ Meuthen und er selbst hätten dies missbilligt, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem gehe die ganze Angelegenheit die AfD nichts an.
Vielleicht sieht Gauland Lachmanns Äußerungen aber auch einfach nicht so kritisch. In Lachmanns Artikel aus der Welt am Sonntag vom 24. Januar wird nämlich auch über einen Nachfolger für Petry an der AfD-Spitze spekuliert: Alexander Gauland.
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