: Kubat-Dreieck: Verhandeln, nicht räumen!
■ SPD, AL und Bürger: Alle fordern Verhandlungen mit den BesetzerInnen / Der Senat wirft Nebelbomben: Termin des Gebietsaustausches sei unklar / Aufruf der BesetzerInnen an namhafte Persönlichkeiten, am Tag der Räumung das Kubat-Dreieck zu besuchen
Obwohl alles dafür spricht, daß der Gebietsaustausch nicht nach dem 1.Juli vollzogen wird, läßt der Senat den Termin weiterhin im Unklaren. Neueste Version: es habe nie einen offiziellen Übergabe-Termin gegeben, auch nicht den 1.Juli.
Zuvor war der taz im Bausenat mitgeteilt worden, daß die Vermessung der Tauschgebiete längst abgeschlossen sei. Henschel hatte am Mittwoch behauptet, es gebe Verzögerungen bei den Vermessungsarbeiten. Dies sei ein weiterer Grund, weshalb der Gebietsaustausch erst im Laufe des Juli rechtskräftig werden könne. Wie bereits berichtet, trifft auch der vom Senat mehrfach genannte „Hauptgrund“ für angebliche Verzögerungen beim Gebietsaustausch nicht zu. Die Betriebe am ehemaligen Güterbahnhof Nord können durchaus, wie ihnen befohlen, bis zum 30.6. das Gelände räumen. Das gilt auch für das Hauptsorgenkind der Behörden, den Kartoffelgroßhändler Winkel, wie dieser schon am Mittwoch der taz versichert hatte.
Erneut wies Henschel auf taz-Anfrage jedoch darauf hin, daß der Tausch erst dann vollzogen sei, wenn sowohl DDR als auch Senat ihre Unterschriften unter das Tauschprotokoll gesetzt hätten. DDR-Chef Honecker hatte dem FDP-Landesvorsitzenden Rasch bei einem Besuch letzte Woche jedoch versichert, in absehbarer Zeit würde das Gelände übergeben.
Die BesetzerInnen des Kubat-Dreiecks rufen unterdessen „Promis“ dazu auf, am Tag der Räumung das Gelände zu besuchen, um die Polizei von wilden Knüppelorgien abzuhalten. Schon am Freitag haben mehrere Bürger und Bürgerinitiativen Verhandlungslösungen für den Konflikt um das Dreieck verlangt. Als Bewohner der nahegelegenen Wagenburg und „direkter Nachbar des Lenne-Dreiecks“ wandte sich Werner Hampf an Bundespräsident Weizsäcker und Eberhard Diepgen. Hampf, der bereits Strafanzeige gegen am Dreieck eingesetzte Polizisten gestellt hatte, kritisierte scharf, daß „eine rebellische, aber friedliche Jugend in die Eskalation getrieben wurde“.
Den Abbau des Zauns und den Abzug der Polizeikräfte forderten am Freitag auch die BI Westtangente, der BUND und die Berliner Baumschutzgemeinschaft. „Außer der Natur“ dürfe es „keinen Sieger“ geben, erklärten die bürgerlichen Baumschützer.
Die AL rief „Verbände, Kirchen und Persönlichkeiten“ dazu auf, sich beim Senat für „eine sofortige Aufnahme von Verhandlungen einzusetzen“. Die Voraussetzung sei ein „Moratorium“ für alle Polizeimaßnahmen. Ebenfalls am Freitag hatte sich auch SPD-Chef Momper für die Einschaltung eines Vermittlers ausgesprochen. Momper wünschte außerdem weniger Polizeipräsenz. Radikaler war Ex-Polizeipräsident Hübner (ebenfalls SPD): „Der Gitterzaun muß weg“, forderte er, „und meine bedauernswerten ehemaligen Mitarbeiter.“
hmt Siehe auch Seite 4
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