: Kuba wirbt um Auslandskapital
■ Regierung zu Konzessionen bei Investitionen bereit
Cancun/Havanna (afp) — In der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Revolution wirbt Kuba trotz sozialistischer Durchhalteparolen intensiv um ausländische Investitionen. Regierungsmitglieder zeigten sich bei einer Tagung im mexikanischen Badeort Cancun vor 120 Unternehmern aus 20 Staaten bereit, die strenge Gesetzgebung bei ausländischen Investoren flexibel auszulegen. An der von der britischen Firma „Euromoney“ organisierten Tagung nahmen erstmals rund 50 Vertreter von US-Unternehmen teil, die sich trotz des strikten Handels- und Wirtschaftsembargos der USA für Investitionsmöglichkeiten in dem sozialistischen Inselstaat interessierten. Sie sollten gestern in Havanna Gelegenheit erhalten, sich bei einheimischen Experten und Vertretern der Staatsbetriebe über die Geschäftsmöglichkeiten zu informieren.
Der kubanische Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Ernesto Melendez, sagte auf der Tagung unter dem Motto „Kuba: Handel und Investitionsmöglichkeiten“, das kubanische System werde nicht aufgegeben, aber es gebe einen Konsens, daß die Gesetze über ausländische Investitionen reformiert werden müßten. Der Vertreter des staatlichen Komitees für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Alfonso Montalvan, erläuterte, Kuba versuche Investitionen vor allem in die Exportwirtschaft zu leiten: in den Tourismus, die Agro- und Fischindustrie sowie in das Seetransportwesen. Er kündigte an, die Regierung werde die Gesetze über die Höhe der Steuern und Importzölle flexibel handhaben. Selbst über das Ausmaß der ausländischen Beteiligungen könne diskutiert werden. Derzeit ist eine 51prozentige Beteiligung des Staates an Joint ventures vorgeschrieben.
Alle Funktionäre unterstrichen, daß die Regierung an Verhandlungen mit Unternehmen aus allen Ländern, einschließlich der USA, interessiert sei. Einer der rund 50 Tagungsteilnehmer aus den USA unterstrich, Washington müsse endlich einsehen, daß das Regime in Havanna eher über Investitionen zu Reformen gezwungen werden könne als durch die Blockade. Kuba sei keine Gefahr für die nationale Sicherheit, sondern ein „natürlicher Markt“ für die US- Wirtschaft.
Minister Melendez wies auf die Folgen des Embargos hin: Kuba habe die Wirtschaftsblockade seit 1960 rund 15 Milliarden Dollar gekostet, die US-Wirtschaft verliere pro Jahr ein bis drei Milliarden Dollar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen