Kuba nach Hurrikan "Ike": Wiederaufbau kann lange dauern
Hurrikan "Ike" hinterlässt auf Kuba Milliardenschäden. Zehntausende sind obdachlos. Die Bitte um internationale Hilfe erzeugt nur wenig Resonanz in Europa und den USA.
Kaum hatte Hurrikan "Ike" gestern die Insel verlassen, da gab die Regierung in Havanna die Parole "Wiederaufbau" aus. Doch angesichts der immensen Schäden, die "Gustav" und "Ike" hinterließen, dürfte das lange dauern, denn es fehlen die Mittel.
Umgestürzte Bäume und lose hängende Stromkabel waren die Vorboten von "Ike". Bereits am Montagabend hatten die Ausläufer des Hurrikans Kubas Hauptstadt erreicht, bis zum Morgen war der Sturm merklich angeschwollen. "Nur der Regen, der die Landstriche im Osten und im Zentrum Kubas unter Wasser setzte, ist bisher noch ausgeblieben", sagt Richard Haep, Büroleiter der Welthungerhilfe in Havanna. Doch Haep, der bereits mehrere Jahre in Kuba arbeitet und somit hurrikanerprobt ist, gibt sich keine Illusionen hin. Zwar hat der kubanische Katastrophenschutz ganze Arbeit geleistet und viele Leute aus von Einsturz bedrohten Häusern evakuiert, aber Tote kann niemand ausschließen. Vier Kubaner sind bisher durch "Ike" der von Ost nach West über die Insel wirbelt und Havanna im Süden passieren sollte, umgekommen. Zwei davon wurden Opfer ihres eigenen Leichtsinns beim Abmontieren einer Antenne, die anderen beiden Kubaner wurden von einem Baum beziehungsweise einer einstürzenden Hauswand erschlagen, so Haep.
Das wurde auch in Kubas Hauptstadt befürchtet, denn die gilt aufgrund ihrer alten Bausubstanz als besonders gefährdet - ein Grund, weshalb viele Häuser in Altstadt und Zentrum evakuiert wurden. Insgesamt mussten laut kubanischen Quellen rund 1,2 Millionen Menschen landesweit ihre Häuser verlassen. Viele davon in der Provinz Pinar del Río, wo vor acht Tagen der Hurrikan "Gustav" ganze Landstriche verwüstet hatte.
"Die bisherigen Schäden summieren sich auf drei bis vier Milliarden US-Dollar - das sind zehn Prozent des kubanischen Bruttoinlandsprodukts", erklärt Haep. Längst fehlt es an Nachschub zur Reinstallation und Reparatur des Stromsystems und die Nothilfe, die Kuba aus Russland und Venezuela erreichte, deckt bei weitem nicht den immensen Bedarf. Die Kirchen, aber auch die politische Opposition haben um Hilfe für die Hurrikan-Opfer gebeten, doch bisher sind die Reaktionen sehr verhalten. So haben die USA gerade einmal 100.000 US-Dollar geboten und Condoleezza Rice hat den Appell Barack Obamas, das Handelsembargo für 90 Tage auszusetzen, abschlägig beschieden. Darauf sei man gar nicht vorbereitet, so die Außenministerin am Sonntag. Für die Opfer von "Gustav" und "Ike" eine schlechte Nachricht, denn aufgrund der Zerstörung weitläufiger Anbauflächen werden zusätzliche Lebensmittelimporte in den nächsten Monaten nötig sein. Auch aus Brüssel hat Kuba bisher noch keine Hilfe erreicht. Ein Hilfsprogramm wäre ein ideales Signal, um das verkrampfte Verhältnis zu Havanna zu verbessern. Dort begann am Dienstag bereits das große Aufräumen.
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