Krokodil in der Badewanne

■ Ungezählte Berliner halten sich Schlangen oder andere Exoten als Haustiere. Seit Anfang März besteht eine Meldepflicht für das wilde Tierleben

Ein Krokodil an der Leine, die Vogelspinne auf der Schulter und eine Python um den Hals: mit seinen geschuppten und gefiederten Freunden unterwegs sein, davon träumen manche Tierfreunde. Statt dessen müssen sie Reptilien und Insekten in Terrarien und Aquarien halten, wohltemperiert und fest verschlossen. Auch Wildkatzen, Hyänen und Bären sind nicht so pflegeleicht wie Hamster, Goldfisch oder Pekinese in der Großstadtwohnung. Deshalb ist mit dem freien Leben in der Wildbahn jetzt Schluß: Seit dem 9. März gibt es in Berlin die „Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten“, die deren „nichtgewerbliche Haltung“ verbietet. Es sei denn, gegen „die Zuverlässigkeit des Tierhalters bestehen keine Bedenken“ und „eine artgemäße und verhaltensgerechte Unterbringung sowie eine angemessene Ernährung und Pflege des Tieres ist sichergestellt“.

Niemand weiß, wie viele Exoten in Privatwohnungen Stadtmenschen erfreuen. Dabei lassen die Tiere immer mal wieder durchblicken, daß sie lieber in der Wildnis als im Großstadtdschungel wären: So hatte sich ein Tierliebhaber vom Charme eines Wickelbären einwickeln lasse, ohne zu bedenken, daß dieser nachtaktiv ist. Am Morgen kam das böse Erwachen: Die kleinen Tatzen hatten nicht nur Spuren in der Wohnung zurückgelassen, sondern sie weitgehend zerstört. Der Bär landete im Tierheim bei Volker Wenk. Der hat noch ganz andere Geschichten erlebt: Vor einiger Zeit fanden sich bei ihm nach und nach acht Löwenbabies ein. Die ließ er schließlich für 10.000 Mark nach Zaire fliegen, wo ein Brauereibesitzer den Katzen in seinem Safaripark Asyl gewährte.

Die Amtsärzte der Bezirke überprüfen die Wohnverhältnisse der Tiere und Tierfreunde. Horst Heimbürger, zuständiger Arzt in Prenzlauer Berg, erzählt von einem Krokodil, das in seinem eigenen wasserdurchfluteten und gefliesten Zimmer wohnt. Seinen Schlafplatz findet das 1,20 Meter lange Tier in einem „badewannenähnlichen Behälter“.

Seit die neue Regelung gilt, müssen die Tierhalter sich bei dem für ihren Bezirk zuständigen Amtsarzt melden. Anderenfalls winkt eine Geldbuße von bis zu 100.000 Mark. Diese Anmeldung beim Bezirksamt ist nicht zu verwechseln mit dem CITES-Zertifikat (CITES = Washingtoner Artenschutzabkommen). Sie müßte dem Käufer eines artgeschützten Tieres über die Ladentheke der Zoohandlung geschoben worden sein, gesetzt den Fall, beim Erwerb ist alles mit rechten Dingen zugegangen.

Wilde Tiere sind manchmal auch nützlich: Klemens Steiof von der Naturschutzbehörde weiß, daß Vogelspinnen als Haustiere im Moment besonders gefragt sind: „Die sind pflegeleicht. Sie essen gerne Schaben, und die kann man im Keller züchten.“ Stephanie v. Oppen