Kroatien als Priorität: Tschechiens EU-Erweiterung

Tschechiens EU-Ratspräsidentschaft steht vor vielen Problemen. Und setzt fröhlich eigene Prioritäten: Liberalisierung des Handels, des Arbeitsmarkts - und ein geliebtes Urlaubsziel.

Die schöne kroatische Küste soll Teil der EU werden - wenn es nach den Tschechen geht. Bild: dpa

Gerade mal ein paar Stunden hielt die überlebensgroße EU-Flagge, die am Prager Letna-Hügel über der Altstadt wehte. Noch in der Neujahrsnacht, die die tschechische EU-Ratspräsidentschaft einläutete, zerstörten Unbekannte das Logo. Ein schlechtes Omen?

Verderben lassen wollen sich die Tschechen ihre Präsidentschaft auf keinen Fall. Nicht von Vandalen, der Finanzkrise, Gazprom oder dem Konflikt im Gazastreifen. "Es wird keine einfache Präsidentschaft werden, aber es bleibt uns nichts anderes übrig, als sie zu meistern", seufzt Alexandr Vondra, Vizeministerpräsident für europäische Angelegenheiten.

"Europa ohne Barrieren", so das Motto der tschechischen Ratspräsidentschaft. Barrieren gebe es innerhalb der EU noch genug, meint Alexandr Vondra. Vor allem, was die freie Bewegung von Dienstleistungen und Arbeitskräften anbelangt, die Deutschland und Österreich immer noch blockierten. "Es ist absurd, dass wir einerseits die Vergabe von sogenannten Blue Cards billigen, um qualifizierte Arbeitskräfte aus Afrika in die EU zu locken, uns aber andererseits vor einer weiteren Liberalisierung des EU-Binnenmarkts fürchten."

Liberalisierung ist das Zauberwort der tschechischen Ratspräsidentschaft, das sich hinter den offiziellen Prioritäten - Wirtschaft, Energie, Europa und die Welt - verbirgt. "Eine weitere Liberalisierung des internationalen Handels, ergänzt durch die Idee des freien Marktes mit freier Bewegung von Dienstleistungen, Arbeit und Kapital kann der Beitrag Tschechiens bei der Suche nach der Zukunftsvision der EU sein", erklärt Martin Tlapa, Staatssekretär beim Ministerium für Industrie und Handel. Diese Absicht dürfte sich niederschlagen, wenn Tschechien in den kommenden sechs Monaten Verhandlungen über Handelsabkommen mit Drittländern wie Südkorea, China, Indien oder der Ukraine leitet. "Wir fürchten, dass sich in vielen Ländern die Tendenz zu Regulierung und Protektionismus verstärken wird. Daher ist unser Ziel, wenigstens ein Maximum an Freiheiten zu schützen, die wir uns schon erobert haben", sagt EU-Minister Vondra.

Und weil die Tschechen auf eine Liberalisierung der Handelsbeziehungen mit dem Osten Europas hoffen, ist die Nachbarschaftspolitik der EU eine Priorität ihrer Präsidentschaft. Die soll die Beziehungen zwischen der EU und den europäischen GUS-Staaten weiter verbessern und den Einfluss Russlands in der Region zugunsten der EU mindern. Ein anderes Ziel der tschechischen Ratspräsidentschaft liegt auf dem Balkan. Der EU-Beitritt Kroatiens, der Tschechen liebstes Urlaubsland, soll noch unter ihrer Ratspräsidentschaft unter Dach und Fach kommen.

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