Kritik an der Asylpolitik Australiens: Zustände wie auf Guantanamo-Bay

Im Internierungslager für Flüchtlinge auf der Weihnachtsinsel herrscht wieder Ruhe. Aber die Zustände sind unmenschlich.

Irakische Flüchtlinge, die auf dem Weg von Indonesien nach Australien auf hoher See nach einem Schiffbruch gerettet werden konnten Foto: reuters

CANBERRA taz | Die Lage im Hochsicherheitsgefängnis der australischen Weihnachtsinsel sei „unter Kontrolle“, meinte Immigrationsminister Peter Dutton am Dienstagmorgen. Die Lage in dem isolierten Lager war am Montag eskaliert, nachdem ein kurdisch-iranischer, als Flüchtling anerkannter Mann aus der Haft entkommen konnte und später tot aufgefunden wurde. Der Asylsuchende war Berichten zufolge als Strafe für einen tätlichen Angriff auf einen Inhaftierten zu sechs Monaten Haft verurteilt worden.

Flüchtlingsorganisationen kritisierten die Zustände auf der Weihnachtsinsel erneut scharf. Sprecher Ian Rintoul verglich die Behandlung von Insassen mit dem US-Lager in Guantanamo Bay. „Das Lager baut auf Einzelhaft auf, Rund-um-die-Uhr-Überwachung, das Verbot von Telefon und Internet, und auf die Verwendung systematischer Gewalt durch die Aufseher der privaten Betreiberfirma Serco.“ Jeder Insasse, der „aus der Reihe“ tanze, werde „bestraft und sogar geschlagen”.

Australien betreibt seit Jahren eine Politik der Abschreckung von Asylsuchenden, die mit Hilfe von Schleppern über die Meeresstrasse zwischen Indonesien und Australien ins Land kommen. Wer von der australischen Marine aufgefangen wird, dem drohen Jahre in einem Internierungslager.

Auch in Papua-Neuguinea und in der Pazifiknation Nauru betreibt Australien solche Anlagen, in denen derzeit mehrere hundert Menschen inhaftiert sind, unter ihnen Kinder und Säuglinge. Auch wenn die aus Iran, Irak und Afghanistan stammenden Asylsuchenden als Flüchtlinge anerkannt werden, dürfen sie nicht in Australien leben, sondern werden in Drittländer wie Kambodscha abgeschoben.

Sarah Joseph, Rechtsprofessorin

„In der Asylpolitik sind eindeutig wir die Ausgestossenen“

Ärzte und Sozialarbeiter berichten regelmässig über Selbstmordversuche unter den Insassen, sexuelle Belästigungen von Frauen und Kindern, und Depressionskrankheiten unter den Schutzsuchenden. Lagerangestellten, die solche Informationen an die Öffentlichkeit bringen, müssen laut einem jüngst verabschiedeten Gesetz künftig mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen.

Die Internierungspolitik zieht immer mehr die Kritik der internationalen Gemeinschaft auf sich. Zu Beginn der Woche musste sich Australien in Genf während einer Versammlung der UN-Menschenrechtskommission schwere Vorwürfe gefallen lassen.

„Wir sind die Ausgestossenen“

110 Länder äusserten sich kritisch über die Situation in den Lagern, die von als „unmenschlich“ bezeichnet werden. Unter den kritischen Stimmen waren auch Deutschland und die Schweiz, die Canberra auffordern, die internationalen Vereinbarungen zum Schutz von Asylsuchenden nicht laufend zu verletzen.

Laut Sarah Joseph, Rechtsprofessorin an der australischen Monash Universität, hat der Umgang Australiens mit Asylsuchenden die Aufmerksamkeit von Ländern aus jeder Region der Welt auf sich gezogen. „Es ist eindeutig, dass wir nicht mehr ein Vorbildmodell sind, was Asylpolitik betrifft. Wir sind die Ausgestossenen.“ Die australische Delegation in Genf rechtfertigte die Politik mit der Behauptung, sie verhindere, dass Menschen den gefährlichen Weg über das Meer von Indonesien nach Australien unternähmen.

Laut Amnesty International ist dies falsch. Flüchtlinge versuchten nach wie vor, auf diese Weise Schutz zu finden. Australien zwingt die Schiffe wenn immer möglich zur Umkehr nach Indonesien. Wie viel Boote dabei sinken, ist nicht bekannt. Australien hat jegliche Aktivität seiner Marine auf hoher See zur Geheimsache erklärt.

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