Kritik an Kleidungsstil: Piraten bereinigen "Hosengate"
Im Juni schimpfte die SPD über die kurze Hose, die Pirat Fabio Reinhardt im Parlament trug. Der versteigerte jetzt die Shorts - für einen guten Zweck.
Die SPD schimpfte über den „unwürdigen“ Look, die BZ schrieb von einem „Bermuda-Auftritt“. Objekt ihrer Schelte war eine kurze, khakifarbene Hose, getragen von Pirat Fabio Reinhardt – im Innenausschuss, in einer Sondersitzung über Berliner Rocker vor drei Wochen.
Weniger das Rowdybikertum als das semiblanke Bein des 31-Jährigen brachte die SPD in Wallung. Es sei „unpassend, praktisch in Unterhose zu erscheinen“, ließ sich SPD-Mann Tom Schreiber zitieren. Überhaupt die Piraten: Seit die im Parlament seien, verfielen dort „die optischen Sitten“.
Reinhardt reagierte gelassen: Er sei auf einem Fraktionsausflug, einer Bootstour, gewesen und habe weder Zeit noch Lust gehabt, sich umzuziehen. Piratenintern avancierte die Schelte zum „Hosengate“. Dem vorangegangen waren bereits das „Pali-Gate“ (die Exchefin des Zentralrats der Juden beschwerte sich über das zu Kopf getragene Palästinensertuch von Pirat Gerwald Claus-Brunner) und das „Fäkalsprech-Gate“ (der SPD-Geschäftsführer rügte eine „besorgniserregende Verrohung“ der Parlamentssprache, vor allem durch die Piraten). Auch in Nordrhein-Westfalen fühlte sich die SPD jüngst zur Tugendwächterin berufen - und tadelte den Freizeitdress der Piraten. Es bedürfe doch ein "Mindestmaß an Seriosität", forderte SPD-Landtagspräsidentin Carina Gödecke ein.
Reinhardt konterte das „Hosengate“ nun mit einer Internetauktion. Die damals getragenen Shorts brachten 43 Gebote und 501 Euro ein. Geld, das Reinhardt am Freitag iranischen Flüchtlingen in Würzburg übergab. Diese protestieren seit Monaten für die Bearbeitung ihrer Asylanträge. So, befand Reinhardt, habe die Aufmerksamkeit noch einem guten Zweck gedient. Vielleicht aber sollte auch im Parlament lieber über Asylpolitik als über Textilien geredet werden, so der Politikwissenschaftler.
Reue lehnt der 31-Jährige indes ab: Je nach Laune würde er auch wieder kurzhosig ins Parlament gehen, bekräftigte er am Freitag. Sein Khakistück muss er aber entbehren. Ein bisschen zumindest. Der Auktionsgewinner, ein bayerischer Pirat, verzichtete zwar auf Zusendung der Hose - bat aber darum, diese nun in der Berliner Piraten-Geschäftsstelle aufzuhängen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wohnungslosigkeit im Winter
Krankenhaus schiebt Obdachlosen in die Kälte