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Krisensitzung zum Organspende-SkandalMehr Augen sehen mehr als wenige

Verdachtsunabhänige Kontrollen und ein „Mehraugenprinzip“, das sind die Konsequenzen des Organspende-Skandals. Bei einem Krisentreffen einigten sich Ärzte, Kassen und Kliniken darauf.

Will ein Vier-Augen-Prinzip für die Zukunft: Bundesärztekammer-Chef Montgomery (r.). Bild: dpa

BERLIN rtr | Als Reaktion auf den Skandal um Manipulationen bei der Vergabe von Spenderorganen machen sich Ärzte, Kliniken und Krankenkassen für schärfere Kontrollen stark.

Bei der Anmeldung von Patienten für die Warteliste und der Zuteilung von Organen solle künftig ein „Mehraugenprinzip“ verankert werden, teilte Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery nach einem Krisentreffen mit. Dabei solle etwa ein Laborarzt kontrollieren, ob die an die Organisation Eurotransplant gemeldeten Werte korrekt seien. In den Transplantationszentren sollten dazu interdisziplinäre Konferenzen eingerichtet werden.

Ärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung machen sich als Träger der Prüf- und Überwachungskommission in einer gemeinsamen Erklärung zudem dafür stark, verdachtsunabhängige Kontrollen einzuführen. Dafür müsse Personal und Geld zur Verfügung gestellt werden. Bei nachgewiesenem schweren ärztlichen Fehlverhalten soll zudem die Zulassung ruhen oder entzogen werden.

Die Ärztekammern können dies bislang nicht selbst, sondern können dies allenfalls den staatlichen Stellen empfehlen. Weiter betonte Montgomery, als letzte Konsequenz müsse im Falle von Fehlverhalten auch die vorübergehende oder dauerhafte Schließung von Transplantationszentren möglich sein. Hintergrund sind die mutmaßlichen Manipulationen in den Unikliniken in Göttingen und Regensburg. Dort sollen ausgewählten Patienten gegen Geld Spenderlebern verschafft worden sein.

Die Vereinbarung sieht auch vor, Prüfberichte zu veröffentlichen. Zudem soll das in die Kritik geratene beschleunigte Vermittlungsverfahren von Organen kritisch analysiert werden, bei dem sogenannte „schwer vermittelbare Organe“ – etwa von alten Spendern – in dem jeweiligen Krankenhaus einem Patienten zugutekommen. Die Opposition hatte die rapide Zunahme dieser Transplantationen als erklärungsbedürftig bezeichnet.

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2 Kommentare

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  • W
    Wedig

    Niedergelassene Ärzte - so auch der verschwindende Landarzt - werden regelmäßig nach einer zufälligen Quote von den kassenärztlichen Vereinigungen überprüft. Die bislang fehlende Überprüfung von Transplantationszentren läßt nach organisativem Verschulden und der dahinter stehenden Interessenslage fragen. Medien verdammen die ins Visier geratenen Transplanteure. Der Krake wähnt sich gedeckt.

  • DK
    Der Krankenpfleger

    Solange es Privatverträge mit Patienten gibt wird sich an der Vergabe von Organen nichts aber auch rein überhaupt nichts ändern. In den Kliniken ist das Auswahverfahren bei den Pflegenden seit der "Deckelung" innerhalb der Kliniken sehr Häufig als Unseriös bekannt.

    Einzelabrechnungen lassen eben viel Spielraum für Kriminelle Energie.

    Leider ist die Lobby der Pflegenden und Ihre erheblich eingeschränkten Möglichkeiten gegen den "Chefarzt" auszusagen ein Unerhörter Mangel an Rechtssicherheit.

    Das was gerade in diesen Skandal auffällt ist das es NUR 2 Kliniken untersucht werden. Defakto scheint man wenig Interresiert wirklich aufzudecken was dort für Kriminelle Handlungen Täglich von den Tollen Professoren und Chefärzten ausgehen. Mal mehr mal weniger Kriminel.

    Würden Pflegende befragt würde das sicher zum Zusammenbruch der Organspende führen!

    Doch offensichtlich ist weder die Staatsanwaltschaft bemüht wirklich aufzudecken noch sind es die Mediziner denen nun ein erheblicher Anteil Ihres Verdienstes genommen wird.

    Darüber hinaus müssten eben auch die Organempfänger die Geld bieten um vorrangig behandelt zu werden Angeklagt werden. Den diesen Patienten ist Ihr Gesetzwidriges Verhalten ja besonders bewusst.

     

    Mögen nun viele Pflegende sich vieleicht Anonym an die Staatsanwälte und Zeitungen wenden damit dieses Organ gegen Geld Geschäft ein Ende zu bereiten.