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Krise in der ElfenbeinküsteProzess gegen Gbagbo

Präsident Alassane Outtara kündigte die juristische Aufarbeitung des monatelangen Konflikts in der Elfenbeinküste an. Sein Vorgänger Gbagbo wird in einem Hotel in Abidjan festgehalten.

Freunde und Verwandte Gbagbos vor dem Hotel in Abidjan, in dem der ehemalige Präsident festgehalten wird. Bild: reuters

ABIDJAN dpa | Dem abgewählten und entmachteten Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, soll der Prozess gemacht werden. Sein gewählter Nachfolger, der international anerkannte Präsident Alassane Ouattara, kündigte am Montagabend in einer Fernsehansprache die juristische Aufarbeitung des monatelangen Machtkonflikts an. Gbagbo, der sich am Montag nach tagelanger Belagerung in seiner Residenz ergeben hatte, solle ebenso wie seine Mitarbeiter, die Verbrechen begangen hätten, zur Rechenschaft gezogen werden. Zugleich versicherte Ouattara, dass für die Sicherheit Gbagbos und dessen Familie gesorgt werde.

Gbagbo, der sich nach den Wahlen im vergangenen November geweigert hatte, die Macht an Ouattara zu übergeben, wird seit Montagnachmittag in einem Hotel in der Hafenstadt Abidjan festgehalten, in dem sich das Hauptquartier Ouattaras und der UN-Mission Unoci befinden. Am Abend hatte Gbagbo seine Anhänger in einer kurzen Fernsehansprache aufgefordert, die Kämpfe einzustellen.

Gbagbo hatte sich am Montagnachmittag in seiner Residenz ergeben, die von französischen Soldaten und den Republikanischen Truppen Ouattaras umstellt war. Seine Festnahme beendete den seit fünf Monaten andauernden blutigen Machtkonflikt in dem westafrikanischen Land.

Gbagbo hatte bereits fünf Jahre ohne Mandat regiert, da die Wahlen nach dem offiziellen Ende seiner Amtszeit im Jahr 2005 wegen organisatorischer Probleme und innenpolitischer Konflikte immer wieder verschoben worden waren.

Jubel in Abidjan

Nach Gbagbos Festnahme brachen viele Menschen in Abidjan in Freudentaumel aus. Bürger, die sich aus Angst vor den Kämpfen seit Tagen in ihren Wohnungen verbarrikadiert hatten, eilten jubelnd auf die Straße. Die Bevölkerung der Millionenmetropole hatte zunehmend unter Gewalt und Versorgungsengpässen gelitten.

Doch in Stadtteilen, die als Gbagbo-Hochburgen gelten, wagten Ouattaras Anhänger nicht zu jubeln. Viele fürchteten, dass Gbagbos Truppen den Widerstand nicht so schnell aufgeben könnten. In den vergangenen Wochen war es auch zu ethnisch motivierten Massakern gekommen und eine Million Menschen war vor den Kämpfen geflohen.

EU kündigt Unterstützung an

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton begrüßte die Festnahme Gbagbos. Ouattara sagte Ashton Unterstützung zu. Für die Zukunft kündigte Ashton eine langfristige Unterstützung der EU beim Wiederaufbau des Landes an.

US-Präsident Barack Obama sieht einen "Sieg des demokratischen Willens des Volkes, das viel zu lange durch die Instabilität nach seiner Wahl gelitten hat". Für Ouattara und die Bevölkerung gelte es nun, sofort mit der "harten Arbeit der Aussöhnung" zu beginnen, hieß es in einer schriftlichen Erklärung. Outtara müsse im Namen aller Bürger regieren, auch jener, die ihn nicht gewählt hätten. Eine demokratische Elfenbeinküste, die die Rechte des Volkes respektiere, werde stets in den USA einen Freund haben.

Der britische Außenminister William Hague forderte einen fairen Prozess für Gbagbo. Der habe zwar "gegen demokratische Prinzipien" verstoßen, müsse "aber mit Respekt behandelt werden", sagte Hague am Montag. Großbritannien hoffe, dass die Ivorer nun einen demokratischen und friedlichen Weg in die Zukunft finde.

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7 Kommentare

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  • S
    SchnauzeVoll

    Ab heute herrscht wieder Funkstille über die Elfenbeinküste. Der Albtraum ist vorbei! Es lebe die Demokratie!

  • RP
    ralph podzwadowski

    3X)Die "neutral kaempfenden" Franzosen uebergeben Gbagbo und Familie den Rebellen-u.a. werden Frau Gbagbo und sein Sohn blutig geschlagen, aber alle leben.

    Sie sind nun durch die UN geschuetzt, aber deren Anhaenger?? Seit diesem "Erfolg" der internationalen Gemeinschaft, werden in den anderen Quartieren die LMP(Gbagbo)Anhaenger gejagt und vergewaltigt und geschlachtet!Aber Gott sei Dank nicht in Abobo,Adjame( da sind in den letzten 4 Monaten angebl.(nicht bestaetigt)ca. 14 Menschen umgekommen. Aber ich weigere mich hier zynisch Opferstatistiken hin/her zu tauschen.

    Durch u.a. Rote Kreuz,HRW,usw. selbst durch die UN bestaetigt hingegen sind die 100derten(manche sprechen von 1000senden)Toten DURCH REBELLEN bzw. OUATTARA GRUPPEN!! Das ist schon innerhalb 1 Monats dokumentiert, wobei hingegen bei Gbagbo welche Verbrechen dokumentiert wurde(in 11 JAHREN)?? -Natuerlich hat sich der ivorische Botschafter in Paris fuer die 9!! getoeteten franzoesichen Soldaten aus dem Jahr 2004 in aller Form und Schuldigkeit, die diesem Anlass gebuehren, bei den Franzosen oeffentlich entschuldigt. Waehrend in seiner Heimat Tausende gestorben sind und leider auch weiterhin sterben(ungehindert von der Friedensallianz UN/Licorn). Das ist die neue Sichtweise der international bestaetigten (ivorischen??)Regierung und auch die der internationalen Gemeinschaft, sich nicht(mehr) in nun, als !! "innerafrikanische Angelegenheiten :)" bezeichnet, einzumischen.

    Das es nun einen "Sieger"gibt ist ebenso ausgeschlossen, wie eine Versoehnungpolitik durch die Taeter und deren selbsternannte!! "Wahrheitsfindungskommision"!( das wird als das wahrgenommen was es ist, ein politisches Possenspiel, um der internationalen Gemeinschaft zu gefallen)--

    Weggebombten Wahlsieger, massenhaft getoete Anhaengerschaft=Frieden??

    Aber im Heucheln und manipulieren sind wir auf jeden Fall erstklassig und unerreicht.

  • LS
    Ludwig Schönenbach

    Das erinnert in fataler Weise an den Fall "Patrice Lumumba"!

    Man kann nur hoffen,dsss Laurent Gbagko - im Gegensatz zu Lumumba! - seine ebenfalls nur durch westliche Hilfe mögliche Gefangennahme durch seine Gegner überlebt!

    Doch vielleicht wird er ja noch - wie Miloschewitsch! - für einen Prozess gebraucht,in dem das westliche Bürgerkriegsengagement gerechfertigt werden soll. Wie Miloschewitschs Schicksal jeoch irgendwie befürchten lässt, ist auch das für "Zeugen" nicht ungefährlich, die sich den Wünsche der Richter nicht fügen.

  • MU
    Max Untreu

    @1-Gaou: Jetzt wird aber langsam 2-Gaou. Jeder Tote ist einer zuviel und leider wird es noch viele geben. Diese Geschrei, ADO (oder Gbagbo) ist ein Massenmörder, ist nur einfach dämlich. Vermutlich wird nächstens die Behauptung aufgestellt, dass es Ouattara selbst war, welche diese Gräuel begangen hat. Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Und solche Propaganda ist das Vorspiel dazu. Die Behauptung, dass Ouattara ein Massenmörder sei, ist genau so eine Lüge,wie dass irgend eine Wahl in der CI fair verlaufen sei.

  • HG
    Horst Günther

    Meldung eines Bekannten soeben direkt aus Abidjan:

     

    "Gestern wurde der ehemalige Innenminister Desire Tagro getötet, als er mit einer weissen Fahne auf die Rebellen zuging. In Yopougon wird von den "Siegern" Jagd u.a. auf Bete gemacht, die nun zur UNOCI geflüchtet sind - mind. weitere 30 Bete sind "martialisch geschlachtet" worden!

     

    In yop./base cie: sind ca. 20 Dioula gestorben (Angehörige der nördl. Stämme, die zu Ouattara assoziert werden), als sie beim Wegräumen einer Barrikade von den Rebellen für LMP-Leute (Gbagbo-Anhänger) gehalten wurden.

     

    In den Stadtteilen yop/cicogi/ und yop/mamifete/ wird durch Rebellen von Haus zu Haus "gesaeubert" - dies wurde uns bereits von 60 verschiedenen Personen in diesen Stadtteilen gemeldet!

     

    Obwohl die UNOCI darüber informiert wurde, gab es bisher keine Reaktionen und kein Einschreiten von deren Seite!

  • E
    EuroTanic

    Am Beispiel der Elfenbeinküste ist wieder deutlich zu sehen was in Amerika und Europa unter Demokratie und Menschenrechte zu verstehen ist. Ein ProWestlicher Massenmörder wird gegen einen anderen Massenmörder durch Lug und Trug ins Amt gehievt. Morde im Namen der Demokratie sind ja tolerierbar.

  • 1
    1-Gaou

    Frankreichs Militärputsch für einen Massenmörder

    So ausdrücklich wie Frankreich betonen muss, dass ihr Militär ''nicht an der Festnahme Gbagbo's beteiligt'' gewesen sei, muss sich ja nun eigentlich jeder im Klaren darüber sein, dass die ex-Kolonialmacht natürlich den ihr genehmen Kandidaten ins Amt geputscht und dafür die ''resposability to protect'' der UNO missbraucht hat. So viel wie nun hier getrickst und gelogen wurde, kann sich jeder selbst ausrechnen, wie da erst im Vorfeld der Wahlen und bei der Wahl selbst schon getrickst und gefälscht wurde. Mit allen Mitteln musste der Massenmörder Ouattara ins Amt kommen, koste es was es wolle: zivile Opfer, tote Kinder, vergewaltigte Frauen, niedergebrannte Dörfer, ein zerbombtes Abidjan, hier auch noch der link zu dem TV-Interview mit Dominique Paillé, einem UMP-Abgeordnetetn (die Partei Sarkozy's!), der bezeugt dass dem Sohn seines Freundes in Abidjan beide Arme von Rebellen abgehackt wurden, dessen kleinerem Bruder beide Ohren abegschnitten und der die Bestrafung aller Verantwortlichen fordert! http://www.wat.tv/video/ouattara-sang-sur-mains-dominique-3lldf_2hpbt_.html - Das war beileibe kein Einzelfall - UND: es ist auch kein Zufall, dass die deutsche Presse darüber ÜBERHAUPT NICHT berichtet!