Krise in Venezuela: Die Zeichen stehen auf Dialog

Die Regierung Maduro und die Opposition wurden sich am Freitag einig: Gesprächsrunden in Mexiko sollen eine Neuwahl und das Ende von Sanktionen ermöglichen.

Drei Männer beugen sich nebeneinander über Dokumente, die zur Unterschrift vorliegen

Oppositionspolitiker Gerardo Blyde Perez (v. l. n. r.), der norwegische Vermittler Dag Nylander und Parlamentspräsident Jorge Rodriguez unterschreiben die Dialogvereinbarung Foto: reuters

MEXIKO-STADT afp/dpa | Regierung und Opposition des südamerikanischen Landes Venezuela haben sich auf die Einleitung eines Dialogs verständigt, der das Abhalten einer Präsidentschaftswahl und die Lockerung internationaler Sanktionen ermöglichen könnte. Vertreter beider Seiten unterzeichneten am Freitagabend in Mexiko-Stadt eine Vereinbarung, Gespräche zur Beendigung der seit Jahren andauernden politischen und wirtschaftlichen Krise im Land aufzunehmen. Gastgeber des Treffens war die mexikanische Regierung, Norwegen trat als Vermittler auf.

„Sie haben den mutigen Beschluss gefasst, einen umfassenden Verhandlungsprozess einzuleiten“, sagte Dag Nylander, Chef der norwegischen Vermittlungsdelegation. Nylander hatte auch schon an den Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Farc-Guerilla teilgenommen. Die Niederlande und Russland sitzen auf Seiten der Opposition beziehungsweise der Regierung mit am Tisch.

Neun Delegierte jeder Seite sollen an den Gesprächen teilnehmen. Die Opposition fordert freie Wahlen und die Freilassung der politischen Gefangenen, die sozialistische Regierung strebt eine Lockerung der internationalen Sanktionen an. So sitzen die USA zwar nicht mit am Tisch, dürften aber eine entscheidende Rolle spielen.

Die Sondierung zwischen Regierung und Opposition fand in Mexikos Nationalem Museum für Anthropologie statt. Für die Regierung unterzeichnete Parlamentspräsident Jorge Rodríguez die Absichtserklärung für einen „umfassenden Dialog und Verhandlungsprozess“. Verhandlungsführer der Regierungsgegner war Gerardo Blayde vom Oppositionsbündnis Plataforma Unitaria.

In Venezuela tobt seit Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen dem umstrittenen Staatschef Nicolás Maduro und der Opposition um Juan Guaidó, die von westlichen Ländern wie den USA unterstützt wird.

Beide Seiten wollen sich am 30. August erneut in Mexiko treffen, um eine Verhandlungsagenda mit sieben Punkten auszuhandeln. Maduros Rücktritt dürfte darin nicht vorkommen, obwohl die Opposition ihm vorwirft, sich 2018 durch Wahlbetrug ein sechsjähriges Mandat gesichert zu haben.

Maduro lobt Einigung auf Twitter

Bereits 2018 und 2019 hatte es in den Karibik-Staaten Dominikanische Republik und Barbados Verhandlungen der beiden Seiten über die Aufnahme eines Dialogs gegeben – allerdings erfolglos. „Wir gehen mit Vorsicht und nicht allzu hohen Erwartungen an diesen Prozess heran. Aber die Notlage kann nicht länger warten“, sagte ein Vertreter der Opposition in Mexiko.

Maduro lobte die nun erzielte Einigung auf Twitter. Im Vorfeld hatte er gewarnt, er werde „Erpressung oder Drohungen“ der USA nicht nachgeben. Maduros Delegationschef, Parlamentspräsident Rodríguez, mahnte schnelle Vereinbarungen an, um das Leben der Venezolaner zu erleichtern und die Wirtschaft zu entlasten.

Oppositionsführer Guaidó erklärte, in dem Dialog seien manche Lösungen „nicht einfach“ zu erzielen. Ein Scheitern der Verhandlungen würde aber „den Konflikt vertiefen“.

Der venezolanische Politikwissenschaftler Pedro Benítez erklärte, bei dem Dialog sei eine Einigung denkbar, bei der „keiner von ihnen den anderen erdrücken kann“.

Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte eine ganze Reihe von Sanktionen gegen Venezuela erlassen. Sein Nachfolger Joe Biden stellte dem südamerikanischen Land eine Lockerung der Strafmaßnahmen in Aussicht, wenn die Verhandlungen über eine Neuwahl vorankämen. Auch die Europäische Union und Kanada haben für diesen Fall eine Lockerung ihrer Sanktionen in Aussicht gestellt.

Trotz seines Ölreichtums steckt Venezuela seit Jahren in einer tiefen Wirtschaftskrise. Das Bruttoinlandsprodukt ging seit 2014 um 80 Prozent zurück. Im Zuge der Krise verließen rund 5,6 Millionen Ve­ne­zo­la­ne­r:in­nen ihr Land.

Maduro hatte die Regierungsführung in Venezuela 2013 nach dem Tod von Staatschef Hugo Chávez übernommen. Er weiß die Armee sowie Kuba, China und Russland hinter sich.

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