Krise in Griechenland: 20.000 Staatsdiener sollen gehen
Griechenlands Staatsbetriebe müssen Federn lassen: Athen hat angeordnet, dass sich mehr als 150 Unternehmen binnen eines Jahres von zehn Prozent ihrer Angestellten trennen müssen.
ATHEN dpa | Die schwere Finanzkrise und die Angst vor einer Staatspleite führt in Griechenland erstmals in der jüngeren Geschichte des Landes zu Entlassungen in staatlichen Unternehmen.
Betroffen sind dem Finanzministerium zufolge Bedienstete von 151 Firmen, darunter Angestellte des staatlichen Fernsehens (ERT), der halbamtlichen griechischen Nachrichtenagentur (AMNA), der U-Bahn von Athen und der staatlichen Eisenbahnen (OSE). Nach Medienberichten summiert sich die Zahl der Betroffenen auf mindestens 20.000.
Wie es in einem Schreiben des Finanzmisteriums in Athen heißt, müssen binnen zwei Wochen die Vorstände dieser Unternehmen Listen von Angestellten präsentieren, die zunächt in eine sogenannte "Arbeitsreserve" geschickt werden sollen. Andere Angestellte müssten in die Frührente gehen. Der Schwerpunkt soll jeweils im Bereich der Verwaltung der Unternehmen liegen.
Die "Arbeitsreserve" bedeutet, die Angestellten werden für ein Jahr lang 60 Prozent ihres Lohnes erhalten und dann entlassen. Jedes Unternehmen muss der Anordnung des Finanzmisteriums nach "mindestens zehn Prozent" seiner Angestellten auf die Entlassungliste stellen. Griechische Medien berechneten, dass in den staatlichen Betrieben etwa 200.000 Menschen arbeiten. Demnach könnte die Entlassungswelle mindestens 20.000 Angestellte treffen.
Das Programm ist eine der Maßnahmen, die die Experten der Europäischen Union (EU), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Verschlankung des Staates fordern. Die so genannte "Troika" ist derzeit der eigentliche Lenker der griechischen Finanzen. Vertreter der Troika wollen in den kommenden Tagen die Bücher in Athen prüfen. Von ihnen hängt ab, ob Griechenland die nächste Tranche der Finanzhilfe in Höhe von acht Milliarden Euro bekommt. Kommt das Geld nicht, könnte Griechenland bis Mitte Oktober pleite sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Abschluss G20-Gipfel in Brasilien
Der Westen hat nicht mehr so viel zu melden
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen