: Krise des Stadtstaats
Eine tiefgreifende Finanzkrise kennzeichnet den Zwei-Städte- Staat Bremen/Bremerhaven: Die Staatschulden belaufen sich bis zum Ende des Jahres auf knapp 15 Mrd. Mark. Die daraus resultierenden Zinslasten strangulieren die finanzpolitische Handlungsmöglichkeiten. Wenn auch die Zurechnung problematisch ist: Die jährliche Beanspruchung der Geld- und Kapitalmärkte reicht gerade aus, diese Zinslasten von ca. 1 Mrd. Mark zu bedienen.
Diese Haushaltsnotlage ist jedoch im Kern nicht durch eine 'verschwenderische' Politik des Senats in den letzten Jahren zu erklären. Diese Krise hätte auch jede andere Regierung getroffen. Auch die wirtschaftliche Strukturkrise — vor allem im Bereich der Werften — Ende der siebziger Jahre erklärt den Verlust finanzpolitischer Handlungskompetenz in Bremen nicht. Die Ursachen liegen tiefer. Ein Stadtstaat ist aus eigener Kraft nicht in der Lage, die Finanzkraft einer Hauptstadt im Flächenland zu erreichen. Ihm fehlt das Umland, um Finanzen aus der Fläche nutzen zu können, während freilich dessen Bewohner das Bremische Dienstleistungsangebot und die Infrastruktur 'kostenlos' nutzen können. Diese Sondersituation des Stadtstaats war zwar verfassungsrechtlich dem Grundsatz nach nie strittig. Jedoch, bei seiner Umsetzung im Rahmen des Finanzausgleichs ist das Land Bremen seit der „großen Finanzreform“ von 1969 immer stärker benachteiligt worden.
Mit einer ersten Klage gegen die damalige Praxis des Länderfinanzausgleichs sowie der Bundesergänzungszuweisungen errang das Land Bremen einen großen Sieg. Das Bundesverfassungsgerichts schrieb in seinem Urteil vom Juni 1986 folgende Prinzipien fest: Stadtstaaten sind „gewollte Kinder“ der Verfassung. Dieser Sieg für den Stadtstaat Bremen wurde jedoch im anschließenden Gesetzgebungsverfahren unzureichend umgesetzt. Das Land Bremen war gut beraten, ein zweites Mal mit einer ausgezeichneten Klageschrift nach Karlsruhe zu ziehen. R.H.
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