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Krise des EuroGriechenland kürzt Pensionen kräftig

Die griechische Regierung kommt mit neuen Einschnitten den Forderungen der Troika nach - Stellenstreichungen und Rentenkürzungen. Die Gewerkschaften planen den Generalstreik.

Jetzt kommt's hart auf hart: Proteste in Athen. Bild: dpa

ATHEN dapd/rtr | Die Griechen haben das Tal der Tränen noch nicht durchschritten: Die Regierung kündigte am Mittwoch weitere Sparmaßnahmen an. Es werde mehr im öffentlichen Dienst gestrichen als bislang geplant, zudem werde es weitere Rentenkürzungen geben, teilte ein Sprecher mit.

Betroffen von den Rentenkürzungen sind Renten über 1.200 Euro im Monat, die um 20 Prozent gekürzt werden sollen, sowie die Renten von unter 55-Jährigen. Die Zahl der öffentlichen Bediensteten, die nur noch in Teilzeit beschäftigt werden, soll in diesem Jahr von 20.000 auf 30.000 erhöht werden, wie es hieß.

Dies bedeutet, dass ihnen nur 60 Prozent ihrer Gehälter ausgezahlt werden und sie ein Jahr Zeit erhalten, um neue Arbeitsplätze im Staatssektor zu finden oder ihren Job verlieren. Zudem kündigten die griechischen Regierungsvertreter an, die neu eingeführte Immobiliensteuer mindestens bis 2014 beizubehalten.

Zuvor hatte Finanzminister Evangelos Venizelos bereits im Parlament für weitere finanzielle Einschnitte geworben. An den Vortagen hatte er mit den Experten der Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) telefoniert, von deren Urteil die Auszahlung einer dringend benötigten weiteren Tranche aus dem milliardenschweren Hilfspaket abhängt.

"Ja, wir brauchen neue Sparmaßnahmen", sagte Venizelos vor dem Parlament. "Wegen der Rezession, wegen der schwierigen Situation und wegen der Schwäche der Regierung, die nicht die verlangten Ergebnisse erzielt hat."

Unterdessen riefen die beiden größten Gewerkschaftsverbände Griechenlands zu Streiks gegen die geplanten Sparmaßnahmen auf. ADEDY und GSEE kündigten für den 5. Oktober einen Ausstand des öffentlichen Sektors und für den 19. Oktober einen Generalstreik an. Damit wollten sie "auf die neuen barbarischen Maßnahmen gegen Arbeiter reagieren", hieß es in einer Stellungnahme. Bereits für Donnerstag war in Athen ein Streik der Mitarbeiter im öffentlichen Nahverkehr geplant.

Venizelos hält Troika-Aufsicht für unverzichtbar

Finanzminister Venizelos sagte, ohne die Kontrolle der Troika-Experten wäre Griechenland vom eingeschlagenen Kurs zu mehr Haushaltsdisziplin wieder abgekommen. Er räumte jedoch ein, dass es beschämend für Griechenland sei, um Kredite bitten zu müssen und unter internationaler Aufsicht zu stehen. Zu den Sparmaßnahmen gebe es jedoch keine Alternative.

"Die Entscheidungen, die wir treffen, sind leider unbedingt notwendig", sagte Venizelos. Es gebe zwar Verhandlungen. Das letzte Wort hätten aber nun einmal die Geldgeber und nicht die Empfänger der Kredite. Besonders der aufgeblähte Beamtenapparat ist den Kontrolleuren ein Dorn im Auge. Neben Renten- und Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst hat Athen auch eine Reihe von Steuererhöhungen vorgenommen: Lebensmittel, Benzin, Vermögen und Einkommen werden künftig stärker besteuert. Doch dem IWF und der EU gehen die Reformbemühungen nicht schnell und nicht weit genug.

Am Montag und Dienstag hatte Venizelos Telefonkonferenzen mit den Troika-Experten gehalten. Diese reisen kommende Woche wieder nach Athen, nachdem sie Anfang September wegen Differenzen die Überprüfung vor Ort abgebrochen hatten. Die Rückkehr der Troika nach Athen gilt als sicheres Zeichen dafür, dass die nächste Tranche in Höhe von acht Milliarden Euro an die griechische Regierung ausgezahlt wird.

An das Hilfspaket für Griechenland über 110 Milliarden Euro sind strenge Auflagen geknüpft, von deren Einhaltung sich die Kontrolleure alle drei Monate ein Bild vor Ort machen. Geben sie kein grünes Licht, ist Griechenland Mitte Oktober zahlungsunfähig.

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12 Kommentare

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  • N
    Naphta

    Die aktuellen Sparmaßnahmen sind bei etwa 20 Mrd. Euro Neudefizit in 2011 eher kosmetischer Natur und lösen das Problem nicht:

    Entweder reduzieren die Griechen ihren Lebenstandard im Schnitt um 25% oder Deutschland und Frankreich überweisen die fehlenden Milliarden auf Dauer nach Athen, so wie es Herr Steinbrück und große Teile von Rot-Grün möchten.

    Denn es ist weitgeend illusionär, dass die griechische Volkwirtschaft den gepumpten Lebensstandard aus eigener Kraft erwirtschaften könnte.

    Dazu betrachte man einmal die winzige industrielle Basis des Landes und die gigantischen Defizite im Außenhandel.

    Ein Ende des Euro-Abenteuers wäre vermutlich noch die günstigste Lösung, auch für Griechenland.

  • AR
    Andrea Raifeisen

    Deutschland muß, bevor es sein Staatsgebiet zwecks Frieden in Nahost endlich an Israel abtritt, seine Kriegsschulden am griechischen Volk begleichen.

     

    Selbst die rechtsextreme "Die Welt" hat vor kurzem errechnet, daß Deutschland Griechenland 95 Milliarden schuldet und das bei nur 3% Zinsen und dabei handelt es sich nur um die von Hitler erzwungenen Kriegsanleihen. Alles was Reparationen usw. betrifft ist in dieser Rechnung noch nicht berücksichtigt.

    Rechnet man alles zusammen, kommt man auf 1,5 Trilliarden. Kein Wunder ist dann das Wirtschaftswunder. Die überfallenen und ausgebluteten Länder litten nach dem 2. Weltkrieg weiter, während Deutschland sich gesundgebombt hatte und anschliessend die Europapläne der Nazis in ihrer EU umsetzten.

  • R
    Raki-Schiss

    Neulich bei Engel & Völkes:

    Die Häuser der leider pleite gehenden Gastarbeiter sind uns immernoch zu teuer, obwohl wir alle keinen Bock mehr auf Mallorca haben.

    Und wie soll das dann gehen, wenn die dann da ständig angeln wollen?

    Das kann ja nicht angehen, daß die da dann an ihre leergefischte Ägais ran wollen, ne.

    Auch wurde immernoch noch nichts geschaffen, um uns arme mitteleuropäerischen Senioren später dann in Pflege zu nehmen.

    Wer soll mir denn sonst den Arsch putzen, wenn ich fett und alt bin?

    Bitte aber dann vorher alle Negerasiaten da weg.

  • G
    GWalter

    Darf das wahr sein?

    Es tatsächlich geht um die "Verteidigung" des kriminellen Dollars; da lassen Kreise in den US nichts unversucht, den Euro zu zerstören.

     

    Bei dem schlechtesten Rating sind die Zinsen bei 15%. Damit kann man auch die fleißige BRD zerstören, und sie werdens versuchen.

    Dagegen kann nur eine legitime EU Verwaltung aufstehen und das Rating von Staaten verbieten.

     

    Dass etwa in GR, ESp, Port massiv Schulden gemacht wurden, stimmt, und das die Griechen sich am Riemen reißen müssen, da raus zu kommen, auch.

     

    Aber bei 15% Zinsen sind sie in einem Jahr mausetot, selbst wenn sie zehnmal soviel ackern wie die BRD......Und die EU auch.

     

    Dann hat der Dollar wieder mal blutigst gewonnen... Leute, hört ihr nicht die Signale??????

  • PI
    Pig In Zen

    PIIGS UNITE !

    Schmeisst diese kriminelle Troika aus euren Ländern und verhängt ein Einreiseverbot für diese Verbrecher.

    Zerreisst vor laufenden Kameras die 'Goldman Sachs'- und 'Deutsche Bank'-Verträge und den widerlichen neoliberalen Maastricht-/Lissabon-Vertrag gleich mit.

    Erklärt diese virtuellen Schulden endlich für ungültig, denn das sind sie!

    Welche Wonne.. das Selbstbestimmungsrecht zurückerlangen, wieder aufrecht gehen können, den ach so systemischen internationalen Großbanken und NWO Organisationen dabei zusehen wie sie reihum straucheln und hoffentlich ein für allemal untergehen.

    Die Verantwortlichen fliehen derweil im Helikopter,

    wie in jener grandiosen Nacht in Argentinien..

    Sich für diesen Coup auf die Schulter klopfen.

    Deutschland, Frankreich, England und die Wall Street gehen dabei gleich mit unter? Ooops, hätten se ma aufgepasst.. !!

  • I
    Indigo

    Es ist nicht zu fassen ! Seit 11 Quartalen schrumft die griechische Wirtschaft und der sogenannte ökonomische "Sachverstand" drängt auf weitere Sparmaßnahmen. Wie soll da Wachstum entstehen?

    Griechenland braucht eine tragfähige Geschäftsidee, darüber sollten sich Experten der Troika einmal Gedanken machen !

  • SP
    same procedure

    Das Spiel geht weiter: Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert.

    Bisher läuft alles nach Plan.Die Kampfbegriffe lauten diesmal "Schuldenkrise" und natürlich der Klassiker "Alternativlosigkeit".

  • ZG
    Zahl Graf

    Das ist schon ok. Die Griechen haben 100 % Rente ausbezahlt bekommen. Soll heißen, sie haben exakt das Geld bekommen, was sie im Monat verdient haben.

     

    So geht es nicht, wie man sieht...

     

    Durchatmen! Das ist der richtige Schritt.

     

    Yes we can.

  • C
    Chris

    "Betroffen von den Rentenkürzungen sind Renten über 1.200 Euro im Monat, die um 20 Prozent gekürzt werden sollen, sowie die Renten von unter 55-Jährigen."

     

    Ohhh, wie dramatisch. Die armen unter - 55 Jährigen !

  • H
    Hugo

    Genau - tolle Idee! So ein Generalstreik wird der griechischen Wirtschaft sicher helfen. Wobei - seien wir ausnahmsweise mal ehrlich - dieser müde Aufruf zum Generalstreik als üblicher Reflex der Gewerkschaften natürlich erwartet worden war und längst in das Sparpaket eingeflossen ist. Die Beamten und die Gewerkschaften haben Griechenland ruiniert - und man will nur müde 3 % der Beamten entlassen? Was ist daran "radikal"? Um Griechenland zu sanieren, müssten mindestens 50 % der Beamten sofort fristlos entlassen werden - Griechenland zögert mit so mutlosen Aktionen nur das Unvermeidbare hinaus. Politiker und Gewerkschaftsbosse gehen derweil gemeinsam einen Ouzo trinken und freuen sich über ihre Millionen auf den Schweizer Konten.

  • GS
    general streik

    Wenn die Linke ein anonymes Vorschlags-System hätte, gäbe es gute Ideen ohne Sozial-Einsparungen und ohne Insolvenz und ohne Enteignungen.

    Unter anderem, aber nicht nur, könnten Insider klarmachen, wo man gut einsparen kann.

    Selber schuld Linke, Grüne und Piraten. Eure Anführer und die Gewerkschaften haben ja anscheinend keine eigenen Ideen. Und das Volk leidet. Weil Machtgewinnung wichtiger ist, als Probleme ohne dicke Abgeordneten-Gehälter einfach mal zu lösen.

  • R
    rheinelbe

    Da wird die Wirtschaft

    gründlich kaputtgespart!

     

    Die EU ist in erster Linie für Spekulanten und Großbanken da, nicht aber für ihre Bürger. Wer wenig hat, bei dem wird gekürzt.

     

    Wie lange noch?