Krise der Solarindustrie: Die Sonne lacht grenzenlos
In Deutschland ist der Boom vorbei. Doch ist Solarstrom inzwischen so billig zu produzieren, dass sich auch andere Märkte lohnen.
Denn im ersten Quartal 2015 konnte der größte deutsche Solarkonzern 50 Prozent mehr Umsatz erzielen als im Vorjahreszeitraum. In der Fabrik im thüringischen Arnstadt laufe die Fertigung von Solarzellen und Modulen „unter Vollauslastung“, hieß es bereits vor einigen Wochen. Für das Gesamtjahr erwartet das Unternehmen nun eine Steigerung der Absatzmenge „um mindestens 25 Prozent“ gegenüber 2014.
Mit dieser zurückgekehrten Zuversicht steht das Unternehmen nicht alleine da. Auch der weltweit führende Wechselrichter-Hersteller, die Firma SMA in Niestetal bei Kassel, verkündete für das erste Quartal 2015 einen Umsatzanstieg von 28 Prozent. Der Modulhersteller Aleo Solar hat in Prenzlau gerade eine neue Produktionshalle in Betrieb genommen, und auch in Frankfurt (Oder), im ehemaligen Werk des insolventen Solarmodulherstellers Conergy, werden wieder Module produziert, nun von der Firma Astronergy.
Schrumpfender Heimatmarkt
Zugleich wird der Heimatmarkt der Branche wohl weiter schrumpfen: Bereits 2014 war die Leistung an neu installierter Photovoltaik in Deutschland durch die Kürzungen der Einspeisevergütungen auf den niedrigsten Wert seit 2008 gesunken. Prognosen von EuPD Research sagen für 2015 einen Rückgang um 21 Prozent voraus – das wäre der niedrigste Zubau seit acht Jahren.
Die deutschen Hersteller von Solartechnik produzieren also zunehmend für den Export. Bei SMA zum Beispiel stieg der Auslandsanteil am Umsatz im vergangenen Quartal deutlich auf nunmehr 88 Prozent. Ein Jahr zuvor hatte er noch bei 71 Prozent gelegen. Nordamerika, Japan, Großbritannien und Australien sind für das Unternehmen die wichtigsten Auslandsmärkte.
Es ist ein Trend, der nach Einschätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft weitergehen wird: Im vergangenen Jahr lag der Exportanteil der Branche bereits bei rund zwei Dritteln, in fünf Jahren wird er nach Prognosen des Verbandes sogar bei 80 Prozent liegen. Der Grund ist einfach: In der Vergangenheit beschränkte sich der Markt vor allem auf jene Länder, die attraktive Förderkonditionen vorweisen konnten. Über Jahre hinweg zählte dazu vor allem Deutschland, im Jahr 2004 wurden daher noch 86 Prozent der deutschen Solartechnik im Inland verbaut.
Je mehr Sonne, desto billiger der Strom
Doch inzwischen ist Solarstrom so billig, dass er für immer mehr Einsatzbereiche keine Förderung mehr braucht – und so holen nun auch die Länder auf, in denen die Politik sich keine Förderung leistet. Schließlich ist Strom aus kleinen Dachanlagen bereits für 13 bis 14 Cent je Kilowattstunde zu haben, aus größeren Anlagen für unter 10 Cent. Undje sonniger die Länder sind, desto billiger wird der Strom.
Dass die deutschen Hersteller sich auf dem Weltmarkt derzeit recht gut gegen die Asiaten behaupten, dürfte ein Stück weit an den Mindestpreisen liegen, die chinesische Hersteller verlangen müssen, wenn sie Solartechnik in die EU einführen. Damit soll Preisdumping verhindert werden. Doch die Vereinbarung zwischen der EU und China läuft nur bis zum 7. Dezember – wie es danach weitergeht ist offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen