Krise beim Hamburger SV: HSV nicht mehr hanseatisch
Beim HSV geht es nach den verkündeten Abgängen von Vorstand und Trainer drunter und drüber: Drohungen und ein Abwahlverfahren gegen Aufsichtsräte.
HAMBURG taz | Die Situation beim einst noblen Hamburger Sportverein eskaliert. Der Umgangston wird rauer, nachdem eine Abstimmung im Aufsichtsrat am Sonntag ergab, dass der am Jahresende auslaufende Vertrag mit den Vorständen Bernd Hoffmann und Katja Kraus nicht verlängert wird.
Am Dienstag sagte auch noch Trainer Armin Veh, dass er am Ende der Saison genug hat. Vehs Begründung: "So was wie hier geht gar nicht. Du brauchst als Trainer eine Perspektive, aber die sehe ich gar nicht."
Beim HSV läuft dieser Tage manches, was nicht geht. Während der Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff bei der Verkündung des neuen Sportdirektors Frank Arnesen noch stolz bemerkt hatte, dass keiner der Aufsichtsräte die Personalie ausgeplaudert hatte, werden die Blätter des Springer-Verlags vom Aufsichtsrat mit den Namen potenzieller Hoffmann-Nachfolger gefüttert.
Das ist bei derartigen Verhandlungen eine schlechte Ausgangsbasis. Einer der Kandidaten, der Norweger Bjørn Gulden, geschäftsführender Direktor beim Billigschuh-Hersteller Deichmann, lässt die Kommunikationsabteilung seines Unternehmens verkünden: "Für Herrn Gulden steht ein Wechsel zum HSV nicht zur Debatte."
Weil beim HSV alles rauskommt, blieb nicht geheim, wer von den zwölf Aufsichtsräten am Sonntag für und wer gegen Hoffmann gestimmt hat. Die fünf Gegenstimmen, die dafür sorgten, dass die für eine Vertragsverlängerung notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zustande kam, lieferten Marek Erhardt, Manfred Ertel, Jürgen Hunke, Hans-Ulrich Klüver sowie Björn Floberg, der als Vertreter der mächtigen Fan-Abteilung Supporters im Aufsichtsrat sitzt. A
ufsichtsrat Erhardt, 41, seit vielen Jahren mit dem Bild-Redakteur Babak Milani befreundet, wurde ob dieser Beziehung verdächtigt, einer der gewohnheitsmäßigen Springer-Informanten zu sein. Die Indiskretion über die Abstimmung hat zur Folge, dass der Mime Erhardt von Morddrohungen gegen sich und seine Familie berichten muss.
Die Polizei ist eingeschaltet, Strafanzeige gestellt. "Das ist absolut nicht hinnehmbar. Das ist nicht Stil des HSV. Das hat in unserem Verein nichts zu suchen. Die Grenzen des Zumutbaren sind deutlich überschritten worden", sagte Rieckhoff.
Es sind schon seit geraumer Zeit nicht mehr Leute wie Rieckhoff, die bestimmen, was Stil des HSV ist. Die Zeiten des ehrbaren hanseatischen Kaufmanns, der dunkelblauen Jacketts mit goldenen Knöpfen, sind bei diesem Verein vorbei.
Es gibt den Versuch, den Aufsichtsrat durch eine außerordentliche Mitgliederversammlung abzuwählen. Um Hoffmann auf diesem Weg im Amt zu halten. In der Petition, die für die Mitgliederversammlung wirbt, ist von einer "vereinsschädigenden Einheit" innerhalb des Aufsichtsrats die Rede, die "die Handlungsfähigkeit der geschäftsführenden Organe nicht mehr gewährleistet".
7.000 Unterschriften sind nötig, um eine Mitgliederversammlung zu erzwingen, die mit Zwei-Drittel-Mehrheit den Aufsichtsrat kippen könnte. Bis zum Mittwochnachmittag - also innerhalb von 48 Stunden - hatten bereits 3.243 Menschen unterschrieben. Falls nötig, soll beim Heimspiel gegen den 1. FC Köln am 19. März weitergesammelt werden.
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