Kriminalzahlen : Keine sichere Perspektive
Es beruhigt die Bürger, wenn immer mehr Beschuldigte auch angeklagt, Angeklagte auch verurteilt, Verurteilte auch inhaftiert werden. Hamburgs Justizpolitik geht konsequent diesen Kurs: Die Richter urteilen mit dem Rückenwind eines auf Strafe setzenden gesellschaftlichen Klimas härter, die Staatsanwälte ziehen – mit sanftem Druck von oben – häufiger in die nächste Instanz, wenn das Strafmaß unter ihren Erwartungen bleibt. Mit mehr Sicherheit der Bürger vor Kriminalität aber hat das alles wenig zu tun.
Kommentarvon Marco Carini
Und so wundert es nicht, dass – während die Verurteiltenziffern steigen – die Zahl der erfassten Straftaten seit Jahren nahezu konstant geblieben ist. Das Problem des Handels mit für illegal erklärten Drogen lässt sich durch Wegsperren ebenso wenig lösen, wie sich die Tatsache, dass die Gewalt- und Abziehkriminalität von und unter Jugendlichen konstant hoch bleibt, durch Verurteilungsrekorde verwischen lässt.
Mauern statt Menschen lautet das Hamburger Konzept, das Sozialarbeit abbaut und immer mehr Haftplätze einrichtet. In der Konsequenz bedeutet das: Verwahrung von Menschen als einzige Antwort auf Kriminalität und ihre gesellschaftlichen Ursachen. Doch die Verurteilten von heute werden morgen die Gefängnisse, in denen die Chancen auf Resozialisierung immer weiter beschnitten werden, wieder verlassen.
Eine gesellschaftliche Perspektive bietet solche Politik nicht. Und die Kriminalität bekämpft sie schon gar nicht.
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