Kriegsverbrechen in Mosambik: 36 Schüsse auf wehrlose Frau
Auf einem Video aus Mosambik ist zu sehen, wie Soldaten im Kampf gegen Islamisten eine wehrlose Frau hinrichten.
Das Video stammt aus dem Krieg, den Mosambiks Armee gegen islamistische Rebellen führt – in der Nordprovinz Cabo Delgado, wo Mosambik auf die Erschließung gigantischer Erdgasvorkommen im Meer setzt. Die Rebellenbewegung Ansar al-Sunna wird in Mosambik „Shabaab“ (Jugend) genannt, so wie in Somalia weiter nördlich.
Der Krieg hat seit 2017 über 1.500 Tote und 250.000 Vertriebene gefordert, seit Mitte August halten die Aufständischen die Hafenstadt Micimboa da Praia besetzt.
Die Regierung nennt das Hinrichtungsvideo „terroristische Propaganda“. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International widerspricht: sie habe die Aufnahme authentifiziert. Demnach entstand sie während einer Regierungsoffensive auf den Ort Awasse 30 Kilometer von Micimboa da Praia entfernt. Die Armee erlitt dabei hohe Verluste – 70 Tote, darunter Soldaten aus Tansania, behaupteten die Islamisten. Die Aufnahmen sollen vor dem Umspannwerk von Awasse entstanden sein.
Amnesty hatte schon vergangene Woche Mosambiks Armee Scheinhinrichtungen, das Abschneiden von Ohren und Fußtritte gegen gefesselte Gefangene vorgeworfen.
Die Videoaffäre kommt inmitten zunehmender Zerwürfnisse innerhalb der Streitkräfte. Die Eliteeinheit der Antiaufstandspolizei UIR soll unzufrieden sein, weil sie weniger Gefahrenzulagen bekommt als die reguläre Armee.
Mosambiks Polizeichef Bernardino Rafael reiste kürzlich in die umkämpfte Provinz Cabo Delgado, um in der Hauptstadt Pemba mit dem 6. Bataillon der UIR zu sprechen. „Verteidigung hat keinen Preis“, sagte er.
Mosambiks Präsident Felipe Nyusi hatte vor zwei Monaten Sonderzahlungen für die kämpfenden Truppen versprochen, doch „das Parlament hat das Geld noch nicht bewilligt“, sagte Vizefinanzministerin Carla Louveira.
Ein Sicherheitsexperte warnte gegenüber der taz, die Krise in Mosambik ähnele dem Beginn des Aufstandes der Islamistengruppe Boko Haram in Nigeria 2009. „Über ein Jahrzehnt später hat sich die Krise ausgeweitet, teils wegen der Demoralisierung der nigerianischen Streitkräfte. Die Krise in Mosambik kann ähnliche Ausmaße annehmen, wenn die Unzufriedenheit in den Sicherheitskräften andauert.“
Und auch in Nigeria geht der Kampf gegen Terror mit Verbrechen einher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?