Kriegschiffe überwachen entführten Frachter: Panzer als Geiseln vor Somalia
Piratenüberfall auf Schiff voller ukrainischer Panzer enthüllt Afrikas Aufrüstung. Kriegsschiffe aus Russland und den USA wollen nun die Landung der Panzer stoppen.
BERLIN taz Die bislang spektakulärste der vielen Schiffsentführungen durch Piraten vor Somalias Küste hält jetzt auch die US-Marine in Atem. Ein US-Kriegsschiff sowie zwei andere ausländische Kriegsschiffe unbekannter Nationalität, die im Rahmen der Terrorbekämpfung vor Somalias Küste kreuzen, überwachen seit gestern die Bewegungen des ukrainischen Frachters "MV Faina", der mit ukrainischen Panzern, Raketenwerfern und Munition beladen ist und sich seit Donnerstag vergangener Woche in der Gewalt somalischer Entführer befindet. Das Schiff liegt vor Anker in Sichtweite der Küste vor dem Ort Hobyo, der von Somalias islamistischen Rebellen kontrolliert wird. Die USA wollen verhindern, dass die Waffen und Panzer auf dem Schiff an Land gebracht werden. Sie halten Somalias Islamisten, die die von Äthiopien gestützte Regierung bekämpfen, für einen Vorposten al-Qaidas in Afrika.
Das unter der Flagge Belizes fahrende ukrainische Frachtschiff enthält 33 ukrainische Panzer des sowjetischen Typs T-72 und eine Besatzung von 17 Ukrainern, drei Russen und einem Letten. Am Donnerstag war es vor der südsomalischen Küste in die Hände von Piraten gefallen, die dieses Jahr bereits 55 Frachtschiffe vor Somalia aufgebracht haben und mit Lösegeld hohe Einnahmen erzielen. Es wurde dann nach Norden umgeleitet, in Richtung der nordostsomalischen Hochburgen der Piraten. Am Freitag schickte die russische Marine ein Kriegsschiff in die Region, und am Montag schaltete sich die US-Marine ein.
Die 33 Panzer hätten am Freitag im kenianischen Hafen Mombasa abgeladen werden sollen. Für wen sie bestimmt sind, ist nicht völlig klar. Erste Berichte, wonach das Kriegsgerät für Kenias Armee bestimmt sei, wurden mittlerweile dementiert mit dem Hinweis, Kenias Militär operiere ausschließlich mit westlichem Rüstungsgerät. Stattdessen sprachen Marinekreise in Kenia von Südsudans Autonomieregierung als Abnehmer. Der Süden Sudans wird seit 2005 von der ehemaligen Befreiungsbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) autonom regiert und soll 2011 in einer Volksabstimmung über eine mögliche Unabhängigkeit entscheiden. Bis dahin allerdings steht Südsudan, wo 10.000 UN-Blauhelme stationiert sind, unter einem Waffenembargo.
Südsudans Militärführung erklärte gestern, man habe keine "neuen" und auch keine "russischen" Rüstungsgüter bestellt, was aber für die fragliche Ladung kein Dementi darstellt. In Kenia wurde derweil berichtet, dies sei bereits die vierte Rüstungslieferung für Südsudan über Kenia gewesen. Zwei seien im Oktober 2007 angekommen, eine im Februar dieses Jahres, sagte in Nairobi Andrew Mwangura von der Seehilfeorganisation East Africa Seafarers Assistance Program. Die Piraten, die 20 Millionen Dollar Lösegeld für die Freigabe der Panzer und des Schiffes verlangen, drohen nun, die Frachtpapiere zu veröffentlichten, wenn ihrer Forderung nicht nachgekommen wird.
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