■ Mit Afrikas Hunger auf du und du: Krieg und Chemie
Rom/Nairobi (epd/taz) – Der Hunger bleibt groß und verlagert seine Schwerpunkte auf dem afrikanischen Kontinent. Erstmals unter dem neuen Generaldirektor Jaques Diouf aus Senegal hat die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO einen Sonderbericht über die Lage in Afrika veröffentlicht. Nach dieser Bilanz hat sich die Sahelzone leicht erholt, die Ernten des letzten Jahres waren besser. Allerdings könnten Heuschrecken den Erfolg 1994 wieder zunichte machen. Westafrikanische Länder wie Liberia und Sierra Leone sind deshalb auch in diesem Jahr wieder auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen.
Die größten Schwierigkeiten sind jedoch in der zweiten Jahreshälfte am Horn von Afrika zu erwarten. Aus Äthiopien, Eritrea, dem Sudan und Kenia werden geringe Ernteerträge gemeldet. Der Bedarf an Importgetreide werde gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent steigen. Die betroffenen Länder geraten damit noch tiefer in ein wirtschaftliches Dilemma: Einerseits fehlen ihnen die Devisen für teure Getreideeinfuhren, anderseits schrecken ständig sinkende Getreidepreise die einheimischen Bauern davon ab, ihr Land weiter zu bebauen. Die FAO selbst hat diese Entwicklung begünstigt. Unter ihrer Regie wurden hochgezüchtete Getreidesorten angebaut, die große Mengen Dünger und Pestizide erfordern. Jetzt fehlt den Bauern aber das Geld für diese Chemikalien.
„Schädlingsbefall“, so der FAO-Bericht, ist deshalb neben langen Dürreperioden die wichtigste Ursache für den anhaltenden Hunger Afrikas. 1994 wird sich daran nichts ändern, darüber hinaus werden politische Wirren und Bürgerkriege in manchen Ländern für noch geringere Ernten sorgen. Aus Burundi sind seit letztem Oktober 800.000 Menschen in Nachbarstaaten geflohen, weitere 200.000 Flüchtlinge hielten sich im eigenen Land auf. In Ruanda wird nach Erkenntnissen der FAO die Rückkehr von 800.000 Flüchtlingen durch neue Kämpfe verzögert. In beiden Ländern liegen Felder brach.
Der Bürgerkrieg in Angola hat über zwei Millionen Menschen in den Hunger getrieben. Hilfsorganisationen können deren Lage kaum verbessern, weil sie daran gehindert werden, Nahrungsmittel an die Bedürftigen zu verteilen. Der umstrittene Militäreinsatz der USA und der UNO in Somalia hat sich aus der Sicht der FAO gelohnt. Das Land wird in diesem Jahr weniger Nahrungsmittelhilfe benötigen, die Ernte sei wegen der fortschreitenden Befriedung besser ausgefallen, meint die FAO, wenn auch immer noch weit schlechter als in den Jahren vor dem Bürgerkrieg. nh
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