: Krieg spaltet Nato
Frankreich und Belgien: Veto gegen US-Antrag auf Unterstützung der Türkei. Deutschland schließt sich an. Überraschend geben Russland, Frankreich und Deutschland gemeinsame Erklärung ab
BRÜSSEL/BERLIN ap/dpa/taz ■ Der Irakkonflikt hat die Nato in eine schwere Krise gestürzt. Frankreich und Belgien legten am Montag kurz vor Fristablauf ihr Veto gegen einen Antrag der USA fest, wonach die Allianz mit den Planungen zum Schutz der Türkei im Falle eines Krieges am Golf beginnen soll. Russland, Frankreich und Deutschland gaben gestern eine gemeinsame Erklärung ab, in der eine Fortsetzung und Verschärfung der Waffeninspektionen gefordert wird.
In einer Sitzung des Nato-Rates unterstützte dann auch Deutschland diesen Schritt, ohne selbst formell sein Veto zu erklären. Die Türkei aktivierte daraufhin in Brüssel Artikel 4 des Nato-Vertrags, der Beratungen vorsieht, wenn sich ein Mitgliedsstaat bedroht fühlt. Die Beratungen auf Botschafterebene brachten auch gestern kein Ergebnis. Generalsekretär George Robertson sprach von einer ernsten Lage. Seines Wissens sei es das erste Mal in der 53-jährigen Geschichte der Nato, dass sich ein Mitgliedsstaat auf Artikel 4 berufe. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld kritisierte die Haltung der Vetomächte scharf: „Es ist sehr bedauerlich, dass die drei Länder im totalen Widerspruch zu ihren Verbündeten stehen“, sagte Rumsfeld. „Das ist ein Fehler.“
In der gemeinsamen deutsch-russisch-französischen Erklärung, die Präsident Jacques Chirac nach einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin in Paris verlas, heißt es, noch gebe es eine Alternative zum Krieg. Der Einsatz von Gewalt dürfe nur das letzte Mittel sein. Die Möglichkeiten der UN-Resolution 1441 zur friedlichen Entwaffnung Iraks seien noch nicht ausgeschöpft. Zugleich rief die Erklärung Irak auf, seiner Verantwortung vollständig nachzukommen und aktiv mit den Inspektoren zusammenzuarbeiten.
Fast zeitgleich erklärte Irak nach Angaben seines UNO-Botschafters Mohammed Alduri, bedingungslos Aufklärungsflüge mit U-2-Spionageflugzeugen der UNO-Waffeninspektoren im gesamten Land zu akzeptieren. „Dies ist eine Entscheidung, die in Bagdad gefällt wurde.“ Die Genehmigung dieser Flüge gehört zu den wichtigsten Forderungen der UNO-Waffeninspektoren.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat das deutsche Nein zur Unterstützung eines Irakkriegs auch mit weltpolitischen Ambitionen der USA begründet. Man stehe vor der historischen Frage, ob eine Welt vorstellbar sei, die von einer Macht geprägt sei, oder ob Konflikte international gelöst werden sollten, sagte er am Montag vor dem SPD-Parteivorstand. Schröder widersprach Darstellungen, es gebe einen Streit zwischen ihm und Außenminister Joschka Fischer wegen des deutschen Irakkurses. Deutschland sei auch nicht isoliert. GB
brennpunkte SEITE 3 und 4