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Krieg in der UkraineNato will Ostflanke verstärken

Große Unruhe im Militärbündnis und Sorge vor weiterer Eskalation: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine werden Verteidigungspläne aktiviert.

Soldaten der US-Armee auf Luftstützpunkt in Polen am 23.02.2022 Foto: Kacper Pempel/reuters

Brüssel taz | Die Nato will ihre Ostflanke verstärken, um Russland von weiteren Angriffen abzuschrecken und ein Übergreifen des Krieges in der Ukraine zu verhindern. An der Verstärkung will sich auch Deutschland beteiligen, wie die Bundesregierung am Freitag in Berlin bestätigte. Die Staats- und Regierungschefs der Nato kamen zudem zu einem virtuellen Sondergipfel zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Man wolle über einen verstärkten Schutz der östlichen Alliierten reden, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Sieben Verbündete – Polen, Bulgarien, Tschechien, die Slowakei und die drei baltischen Staaten – hatten dringende Beratungen verlangt, weil sie durch Russland ihre eigene Sicherheit bedroht sehen. Litauen verhängte den Ausnahmezustand. Es geht allerdings nicht um einen Verteidigungsfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrages, sondern nur um Konsultationen nach Artikel 4.

Dabei beraten die Alliierten über die Frage, ob eine Bedrohung besteht und wie ihr begegnet werden kann. Das alles geschieht einstimmig. Aus Artikel 4 ergibt sich kein unmittelbarer Druck zu handeln und in den Krieg einzugreifen. Die Nato hatte schon vor Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine erklärt, dass sie das Land nicht verteidigen werde. Zur Begründung verwies Generalsekretär Stoltenberg darauf, dass es kein Mitglied der Nato sei und es daher auch keine Beistandspflicht gebe. Hinter diesem formalrechtlichen Argument steht die Sorge, dass ein Nato-Engagement zu einer direkten Konfrontation mit Russland führen würde.

Daran hat niemand Interesse, nicht einmal die Nato-Vormacht USA. Trotz dieser klaren Linie, die die Ukraine ungeschützt den Angriffen aus Russland aussetzt, stellen sich den 30 Mitgliedsländern einige heikle Fragen. So müssen sie mit der kaum verhüllten Drohung von Kremlchef Wladimir Putin umgehen, bei einer Konfrontation womöglich Nuklearwaffen gegen den Westen einzusetzen. Für den Fall einer Einmischung in den Ukraine-Konflikt hatte Putin „Konsequenzen“ ankündigt, „die Sie noch nie gesehen haben“.

Eskalation um jeden Preis vermeiden

Dies hat im Nato-Hauptquartier in Brüssel für erhebliche Unruhe gesorgt; das Risiko eines Atomkriegs will niemand eingehen. Für Verunsicherung sorgt auch das zunehmend wichtige Thema Cyberangriffe. Soll die Nato auf russische Attacken mit gleicher Münze zurückzahlen? Auch dies könnte zu einer Eskalation führen, heißt es in Brüssel. Anderseits wären „hybride“ Aktionen im Cyberspace womöglich ein probates Mittel, um Russland bei seinem Vormarsch auf Kiew zu schwächen.

Knifflig ist auch die Frage, wie man mit den Meerengen der Dardanellen und des Bosporus umgehen soll. Das Nato-Mitglied Türkei könnte die Zugänge schließen, wie die Ukraine fordert. Damit würde die Durchfahrt russischer Kriegsschiffe verhindert und der Krieg in der Ukraine erschwert. Doch auch ein solcher Schritt birgt das Risiko einer weiteren Eskalation. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan zögert derzeit – und gibt den schwarzen Peter an die Alliierten weiter: „Die Nato hätte einen entschlosseneren Schritt unternehmen müssen“, sagte Erdoğan am Freitag in Istanbul. Die Europäer redeten nur, seien aber nicht bereit zu handeln.

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