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Krieg in LibyenKein Ausstiegsszenario für Gaddafi

Obama, Sarkozy und Cameron bekräftigen in einem gemeinsamen Zeitungsbericht ihren Willen, Gaddafi zu entmachten. Die Nato zeigt Einigkeit. Und al-Qaida ruft zum Kampf gegen den Diktator auf.

Das libysche Staatsfernsehen zeigt Bilder von Gaddafi, wie er in einer offenen Limousine durch Tripolis fährt. Wird er Saddam Hussein immer ähnlicher? Bild: dpa

TRIPOLIS/LONDON/BERLIN dpa/dapd | Die USA, Großbritannien und Frankreich wollen im Libyen-Konflikt nicht lockerlassen, ehe Machthaber Muammar al-Gaddafi die Führung abgegeben hat. Das machten die Präsidenten Barack Obama und Nicolas Sarkozy sowie der britische Premierminister David Cameron in einem gemeinsamen Zeitungsbeitrag für die britische Times, den französischen Le Figaro und die Washington Post deutlich. Zuvor hatte bereits die Nato Geschlossenheit demonstriert. Beim Treffen der Nato-Außenminister in Berlin nannte die Allianz Bedingungen für ein Ende des Militäreinsatzes.

Würde Libyen seinem Schicksal überlassen, bestehe das Risiko, dass das Land zu einem "gescheiterten Staat" werde. "So lange Gaddafi an der Macht ist, müssen die Nato und ihre Koalitionspartner ihre Operationen weiterführen, so dass Zivilisten geschützt bleiben und Druck auf das Regime aufgebaut wird", schreiben Obama, Sarkozy und Cameron.

Die Nato-Außenminister hatten am Donnerstag eine "transparente politische Lösung" gefordert. Dies sei der einzige Weg für einen dauerhaften Frieden in Libyen.

"Kein Ausstiegsszenario für Gaddafi"

Die Welt würde sich eines "skrupellosen Verrats" schuldig machen, würde Gaddafi an der Macht bleiben, heißt es in dem Bericht von Obama, Sarkozy und Cameron. Auch eine Waffenruhe mit einem Ausstiegsszenario für Gaddafi, das Familienmitglieder in Libyen an der Macht belasse, sei nicht akzeptabel. "Es ist undenkbar, dass jemand, der sein eigenes Volks massakrieren wollte, eine Rolle in einer künftigen Regierung spielt."

Erstmals stellte die Nato Gaddafi klare Bedingungen für ein Ende der Luftschläge. Alle Angriffe und Angriffsdrohungen gegen Zivilisten müssten aufhören. Außerdem müssten sich alle Streitkräfte einschließlich Heckenschützen, Söldnern und anderen paramilitärischen Milizen nachprüfbar zurückziehen. Ferner müsse das Regime für humanitäre Hilfsleistungen an alle Bedürftigen im Lande ungehinderten Zugang gewähren.

Andernfalls werde das "hohe Einsatztempo" aufrechterhalten, warnte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. "Wir werden nicht untätig zusehen, wie ein diskreditiertes Regime sein eigenes Volk mit Granaten, Panzern und Scharfschützen angreift."

Zum Abschluss der Berliner Nato-Konferenz kommt am Freitag Mittag der Nato-Russland-Rat zusammen. Im Mittelpunkt der Beratungen steht auch hier das Vorgehen der Allianz gegen Gaddafi sowie der Aufbau eines Raketenschutzschilds für Europa. Russland hatte sich im UN-Sicherheitsrat dem Entschluss zur militärischen Intervention in Libyen enthalten.

al-Qaida ruft zum Kampf gegen Gaddafi auf

Kampfflugzeuge der Nato griffen auch am Donnerstag wieder Ziele in Libyen an. "Wir können bestätigen, dass Flugzeuge heute Nachmittag eine Batterie von SA-2 Flugabwehrraketen 40 Kilometer südlich von Tripolis getroffen haben", sagte eine Nato-Sprecherin in Berlin. Berichte des libyschen Staatsfernsehens, wonach auch mehrere Angriffe auf die Hauptstadt Tripolis geflogen wurden, wies sie zurück. Anwohnern zufolge waren aber in Tripolis mehrere schwere Explosionen zu hören, schwarzer Rauch stieg im Südosten der Stadt auf. Anschließend sei Flugabwehrfeuer zu hören gewesen.

Auch die Kämpfe am Boden gingen weiter: Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira meldete unter Berufung auf die Aufständischen, die Regierungstruppen hätten ein Gebiet in der Nähe des Hafens der seit Wochen belagerten westlichen Stadt Misurata angegriffen. 23 Menschen seien getötet worden, darunter drei Ägypter.

Unterdessen rief auch das Terrornetzwerk Al-Kaida zum Kampf gegen Gaddafi auf. Die arabischen Armeen müssten in Libyen eingreifen und helfen, Gaddafi zu vertreiben, bevor "die Hilfe des Westens ... sich in eine Invasion verwandelt", sagte der Stellvertreter von Osama bin Laden, Eiman al-Sawahiri, laut dem US-Sender ABC in einer auf Islamisten-Websites verbreiteten Videobotschaft.

Gaddafi-Tochter fordert Ende der Luftangriffe

Die Tochter des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi hat am Freitag in der Hauptstadt Tripolis ein Ende der Nato-Luftangriffe gefordert. "Lasst unseren Himmel mit euren Bomben in Ruhe", sagte Aisha vor hunderten jubelnden Gaddafi-Anhängern an die Adresse der internationalen Gemeinschaft gerichtet. "Wir sind ein Volk, das nicht besiegt werden kann."

Sie winkte der Menge vom Balkon des Bab al Asisija zu, einem militärischen Komplex, der bei Angriffen des US-Militärs vor 25 Jahren stark beschädigt wurde.

Am Donnerstag hatte das libysche Staatsfernsehen neue Aufnahmen von Gaddafi gezeigt. Bekleidet mit einem westlichen Blazer, schwarzem T-Shirt, Sonnenbrille und Hut fuhr Gaddafi in einem offenen Geländewagen stehend durch die Straßen der Hauptstadt Tripolis, verfolgt von Dutzenden Anhängern. Dabei reckte er die Faust in die Höhe. Nach Angaben des Senders stammten die Aufnahmen vom Donnerstag.

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7 Kommentare

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  • VS
    von s3basti8n

    wo liegt da die logik???

    Es wird ein Staat in Grund und Boden bombaridert damit er kein gescheiterter Staat wird.

    Es drohen blühende Landschaften wie in Afganistan. qaida freut sich auch schon.

    Das Lügen geht auch weiter, ala Streubomben aus spanischer Produktion wahrscheinlich sind sogar die seriennummern bekannt.

    Die Munition wird knapp, jedenfalls in Europa.

     

    Wenn ich Diktator wäre würde ich mir aber schnell ABC-Waffen besorgen damit es mir nicht übel ergeht.

     

    Das ich Das mal schreiben würde glaub ich jetzt selbst nicht. Ich bin froh was merkel gemacht hat, bzw nicht gemacht hat. Ich hoffe das es Einsicht war und nicht nur Angst vor dem Grundgesetz.

     

    Nicht das ich noch CDUwähler werde weil ich gg Krieg bin. alles wird anders

  • N
    Nachdenker

    Wahrscheinlich läuft es in Libyen wie im Irak. Der einstige Grenzpolizist des Westens wird zu dessen Hass-Objekt.

  • M
    Marcus

    Eine Auffoderung für eine "Waffenruhe" nach der anderen und das von beiden Seiten. Warum also gibt es keine? Könnte unter Umständen daran liegen das die Auffassungen darüber was gemeint ist doch recht stark auseinandergehen. Während Gadafi und die AU eher den eigentlichen Wortsinn entsprechen(sofern sich daran gehalten würde). Ist die NATO-Version der Waffenruhe doch eher einer Kapitulation gleichzusetzen. Den was solte es sonst seien wenn die eigenen Kriegsziele als Vorbedingungen für "Verhandlungen" gestelt werden. Das Gadafi bzw. sein Militär darauf nicht eingehen solte kaum verwundern, vorallem da sie Militärisch zwar unter druck stehen aber alles andere als besigt sind. Wer also wirklich eine Lösung auf den "Verhandlungsweg" wollte müsste bedingungen stellen die von der anderen Seite auch irgendwie akzeptiert werden könnten. Alles ander sind nur Scheinangebote und Foderungen mit deren annahme oder Umsetzung eh niemand rechnet. Es wird ja nocht nicht mal Versucht Gadafi einen Ausweg zu Bauen wie es ihn im Jemen der Fall ist. Man könnte auch gleich Verlangen das er sich slbst hinrichtet, dass ist auch nicht viel unrealistischer.

  • H
    hrdlec

    @hey orlok

    was willste denn "harte beweise"? paar leichenberge...?

    "zerschmetterte babies"...? dann erzählste wahrscheinlich noch die wurden mit natolastern angekarrt....

    borniertes ausblenden+ vorurteilsbestätigendes einblenden...eigentlich nehme ich mir immer vor auf solche kommentare, wie auch den @bernd kudanek nicht einzusteigen aber das ist so borniert-naiv-zynisch...

  • F
    franziska.qu

    "Würde Libyen seinem Schicksal überlassen, bestehe das Risiko, dass das Land zu einem "gescheiterten Staat" werde".Lehrbeispiel für Heuchelei. Hier nehmen die westlich Angriffskrieger etwas als Grund für den Regime-Change, das sie mit ihren Bomben selbst verursachen. Da dies so absehbar war, ist Regime-Change offensichtlich der Kriegsgrund. Allerdings entspricht Regime-Change nicht einmal dem UN-Beschluß, den sich die US- geführten NATO und EU-Angreifer selbst gegeben haben. Geschweige, dem Völkerrecht. D.h. ab sofort ist alles, was die Angreifer gegen Gaddafi und Libyen unternehmen, nach sämtlichem geltendem Recht, sogar ihrem eigenen, rechtswidrig.Ab sofort auch sind die 3 westlichen 'Freiheitsangriffskrieger' Obama, Sarkozy und Cameron ein Fall für den Internationalen Gerichtshof. Aus bekannten Gründen wird dies allerdings nichts. Na, was erzählen uns die Medien und die SPD und die GRÜNEN nun über diesen von ihnen mit herbeigeschriebenen und -geschrieenen Krieg? Geht die Kriegs-Propagandawelle im Lande für diesen Krieg nun uneingeschränkt so weiter? Mich erinnert diese Propaganda in den deutschen Medien an längst überwunden geglaubte Zeiten. "Wollt ihr den ..." Wir erinnern uns. Heute heißt es: Frauenbefreiung. Brunnenbohren, Straßenbauen....äh, nein, das ist ja der Krieg woanders. Hier wird ein Land wie Libyen zerstört für...ja, wofür? P.S.: Ist das nun das Paradebeispiel für Naomi Kleins 'Schock-Strategie'?

    Mein Dank diesmal gilt allen Ernstes Merkel und ihrem Guido, dass sie Deutschland NICHT 'solidarisch mit der westlich Kriegsgemeinschaft' in diesen Angriffskrieg mit hineinziehen ließen.Was ich nun gelernt habe: spätestens jetzt ist offensichtlich, wider Erawrten ist die Kriegshetze nun Bestandteil angeblich 'linker' Politik.

  • BK
    Bernd Kudanek

    ... na toll, al-Quaida und die NATO gemeinsam gegen Gaddafi, zivile "Kollateralschäden" inbegriffen! Ob sie bald auch gemeinsam gegen Karsai in Kabul kämpfen werden?! Ironie aus. Diese Kumpanei ist eine Lumpanei!

     

    Hie terroristische Mörderbanden, dorten Kämpfer für angebliche Freiheit und vermeintliche Demokratie - die libysche Bevölkerung wird zu diesen "Segnungen" gar nicht erst gefragt. Laßt Bomben statt Friedenstauben sprechen ist offenkundig politische Leitlinie in den EU-NATO-Demokraturen geworden. Die NWO (Neue Weltordnung) läßt grüßen. :-(

  • JO
    Jürgen Orlok

    Wie immer, wenn ein Krieg mit einer Lüge beginnt, gibt es kein zurück für die Lügner!

    Irak1 : zerschmetterte Babies

    Irak2 : Bush's Massenvernichtungswaffen

    Libyen: Sarkozys, Camerons, Obamas Lüge vom Massaker an der eigenen Bevölkerung.

     

    Es gibt keinerlei harte Beweise für deren Behauptung! Wie hätten denn die Herren auf einen solchen Aufstand gegen sie reagiert?

    Und aus Solidarität mit den Mördern macht der Rest mit.

    Aber es gibt starke Indizien, daß von Frankreich ein Bürgerkrieg angezettelt wurde.

    Auch diesmal wird es bewiesen werden ... nach wievielen Toten, die diesmal auf das Konto des edlen Westens gehen ?