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Krieg in LibyenGaddafi laufen die Truppen davon

50 libysche Soldaten sind über das Wochenende zu den Rebellen übergelaufen. Südafrikas Präsident Jacob Zuma reist nach Tripolis. Angeblich um einen Ausstieg Gaddafis zu verhandeln.

Neue Kadetten für die Rebellenarmee in Bengasi. Bild: dapd

TRIPOLIS/PARIS dpa/afp | Die Streitmacht des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi zerfällt immer mehr. Am Sonntagabend meldete ein tunesischer Radiosender, 30 libysche Soldaten seien desertiert und mit einem Boot nach Tunesien geflohen. Am vergangenen Freitag hatten auf die gleiche Weise bereits 22 libysche Armeeangehörige das Land verlassen, darunter etliche hochrangige Offiziere. Die 30 Soldaten erklärten, sie seien bereit, in die von den Aufständischen kontrollierten Gebiete Libyens zu gehen, um dort auf der Seite der Rebellen zu kämpfen.

Die staatliche libysche Nachrichtenagentur Jana berichtete von neuen Nato-Luftangriffen auf Ziele in den Bezirken Nalut und Al-Dschufra in der Nacht. Am Montag wurde der südafrikanische Präsident Jacob Zuma in Tripolis erwartet, wo er Gaddafi treffen soll. Angeblich soll es bei dem Gespräch auch um eine mögliche "Exit-Strategie" für Gaddafi gehen.

In Tripolis kursiert derzeit eine Botschaft im Namen einer "Roten Brigade der Jugend des 17. Februars". Darin heißt es, dies sei die letzte Warnung an die Soldaten, "die in Tripolis unsere friedlichen Demonstrationen verhindert haben. ... Beim nächsten Mal wird die Auseinandersetzung mit Waffen ausgetragen".

Anwälte wollen Sarkozy verklagen

Zwei renommierte französische Anwälte wollen Staatschef Nicolas Sarkozy wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" in Libyen anzeigen. Roland Dumas und Jacques Verges wollten eine entsprechende Klage mehrerer Familien von Opfern von Nato-Angriffen unterstützen, sagte ein Vertreter des libyschen Justizministeriums am Sonntag in Tripolis.

Der frühere französische Außenminister Dumas nannte den Militäreinsatz in Libyen einen "brutalen Angriff auf einen souveränen Staat". Er sei bereit, den libyschen Machthaber Muammar el Gaddafi im Fall eines Prozesses vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu verteidigen. Verges bezeichnete die Mitglieder der Militärkoalition als "Mörder".

Unterdessen besuchte der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy, der entscheidend zu Frankreichs führender Rolle im Libyen-Konflikt beitrug, am Sonntag die Rebellenhochburg Misrata im Westen Libyens. Lévy hatte vor Beginn des Militäreinsatzes ein Treffen von Sarkozy mit Vertretern der libyschen Rebellen organisiert. Nach dem Treffen erkannte Frankreich als erstes Land den Übergangsrat der Rebellen als legitime Vertretung in Libyen an und forderte Luftangriffe gegen die Truppen Gaddafis.

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6 Kommentare

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  • BK
    Blitzsauberer Krieg

    Schönes Bild - je schmutziger der Krieg umso propagandistischer die Bilder. Die beiden Jungs in der blitzweißen Uniform sehen ja echt süß aus - die neuen Uniformen haben sie wohl erst von der Kriegsverbrechernation USA oder der Folterdiktatur Katar erhalten. Dass sich die TAZ für diese NATO- und Bengazi-Clan Propaganda hergibt und nicht die Bilder von den Bombenopfern in Tripolis zeigt - eine Schande!

  • BG
    Bernd Goldammer

    Heute ist Jubiläum! Der zwanzigste Antikriegs-Artikel wurde zurückgehalten. Soviel zur Meinungsvielfalt in der TAZ.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Fünfzig von wie viel Hundertausend Soldaten sind übergelaufen? Propaganda kann manchmal bis ins Lächerliche gesteigert werden. Ich frage: Wenn Gaddaffi so ein Despot ist wie Ihr schreibt, warum putscht ihn dann nicht seine eigene Armee einfach weg? Auf Nato Luftunterstützung könnte man in diesem Fall sicher rechnen. Warum begehrt Tripolis nicht auf? Sind es wirklich nur die US-Nato-Bomber die sie Leute davon abhalten auf die Straße zu gehen um ihrem Zorn Luft zu machen? Oder ist das ganze Despotengerede nur ein Propagandatrick aus Qatar. Stimmt es, dass der Fernsehsender Al-Jazeera schon seit vielen Jahren vom Monarchen von Qatar aufgebaut wurde? Großherzig vermarktet er jetzt libysches Öl. Stimmt es das al-Qaida Kämpfer aus Afghanistan zu den libyschen Rebellen gehören, die die Einwohner libyscher Städte quasi als Geiseln nahmen? Inzwischen ist alles so durchsichtig. Eigentlich müssten das auch TAZler merken. Da kann etwas nicht stimmen.

  • HK
    Henner Kroeper

    Schöne, frisch gebügelte Uniformen und Handschuhe mit den Farben der vor Gaddafi die Staatsmacht representierenden Nach-Kolonialsklaven des König Idris und seiner Klerikal Mafia.

    In Tripolis kursiert derzeit eine Botschaft im Namen einer "Roten Brigade der Jugend des 17. Februars". Beim nächsten Mal wird die Auseinandersetzung mit Waffen ausgetragen". Immerhin hat man in der gelernt, das es mit der Farbe Orange doch nicht so gut läuft.

     

    Zwei renommierte französische Anwälte wollen Staatschef Nicolas Sarkozy wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" in Libyen anzeigen. Bei der Justiz eine auf pathologischem Optimismus gebaute Hoffnung.

    Endlich gibt es auch von offizieller Seite zumindest harsche Worte: "brutalen Angriff auf einen souveränen Staat" das ist zwar auch nur eine Luftblase a la Westerwelle, aber wir sind ja schon dankbar

     

    Auch Philisophen werden, je nach Bedarf, in den Vordergrund gestellt, im Falle des Herrn Levy von einer Gesellschaft, die wahrscheinlich nicht einmal den Begriff Philisophie genau definieren kann. Für die menschenverachtenden Eisenköpfe mußten früher die die Pfaffen, dann die Künstler, und zur Zeit die Philosophen als weltmännisches Aushängeschild ihrer Berechtigung herhalten.

    Etikettenschwindel.

    Wie kann sich jemand Philosoph nennen der mit Sarkotzy in einem Boot sitzt.

  • M
    mdarge

    @nervensäge, ehrlich gesagt kann ich mit Ihrer Kritik an Bernard-Henri Lévy nichts anfangen. Faktisch hat Gaddafi bereits verloren. Nach Wochen sitzt die Opposition immer noch in Misrata, Bengasi ist für seine Truppen mittlerweile unerreichbar. Täglich funktioniert das Militärbündnis gegen ihn besser. Ob nun Verschwörer oder Demokraten, sofern das Land nicht geteilt wird, muss der "Oberst" früher oder später die Waffen strecken. Daher wäre früher für alle besser. Jedes Mittel, den Despoten zu stürzen sollte uns Recht sein. Insbesondere die Leute von Tripolitanien werden die nach-Gaddafi-Ära zu schätzen wissen.

  • N
    nervensäge

    Bernard-Henri Lévy... ah, der herr wichtig ist auch wieder auf reisen...

     

    kann ja mit fleischhauer gar nichts anfangen, aber seine bezeichnung für bhl fand ich grenzgenial "reisendes weltgewissen"

     

    der mann verkörpert für mich alles, was ich an frankreich nicht mag.