piwik no script img

Krieg in LibyenChef des Übergangsrats in Tripolis

Der Chef des libyschen Übergangsrats ist erstmals seit dem Sturz Gaddafis in Tripolis. In der Stadt Bani Walid gehen die Gefechte weiter. Und mehr Offiziere des alten Regimes setzen sich ab.

Anti-Gaddafi-Kämpfer bei der Ankunft des Chefs des libyschen Übergangsrats Mustafa Abdel Dschalil in Tripolis. Bild: reuters

TRIPOLIS rtr/dapd | Der Chef des libyschen Übergangsrats, Mustafa Abdel Dschalil, hat erstmals seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar Gaddafi die Hauptstadt Tripolis besucht. "Er ist zurückgekehrt. Das ist ein historischer Moment", sagte ein Sprecher des Nationalen Übergangsrats NTC am Samstag. Dschalil werde nun die nächste Phase zum Aufbau eines neuen Libyens einleiten. Bislang hatte Dschalil die Amtsgeschäfte vorübergehend von der ostlibyschen Stadt Bengasi aus geführt.

Unterdessen flog die Nato in Libyen mindestens fünf Luftangriffe auf eine der letzten Hochburgen Gaddafis in der Stadt Bani Walid. Der Öl- und Finanzminister der Übergangsregierung, Ali Tarhuni, kündigte an, dass die zum Erliegen gekommende Ölproduktion in wenigen Tagen wieder anlaufen solle.

Nach dem Ablauf eines Ultimatums zur friedlichen Übergabe der letzten Gaddafi-Bastionen ist ein heftiger Kampf um Bani Walid entbrannt. Anhänger des langjährigen Machthabers Muammar al Gaddafi lieferten sich am Samstag schwere Gefechte mit den früheren Rebellen. Unterdessen setzten sich weitere führende Offiziere des alten Regimes ins Ausland ab.

Mindestens zwei Kämpfer aus den eigenen Reihen seien getötet worden, sagte ein Unterhändler der früheren Rebellen, Abdullah Kanschil. Kommandeur Daw Salahin rief die Einwohner von Bani Walid auf, ihre Waffen niederzulegen.

Inmitten der Kämpfe um Bani Walid wiederholte ein Radiosender in der libyschen Wüstenstadt am Samstag die letzte Audiobotschaft Gaddafis. Dieser ruft darin die "Stunde Null" aus und fordert seine Kämpfer zum Kampf auf. "Schande über euch, wenn ihr nicht kämpft", heißt es in der mehrfach erneut ausgestrahlten Botschaft. "Wenn ihr nicht kämpft, werdet ihr in die Hölle kommen."

Registriert mit Name und Blutgruppe

Freiwillige Kämpfer versammelten sich am Samstag in dem Dorf Wischtata, das rund 40 Kilometer von Bani Walid entfernt liegt. Sie wurden dort mit ihrem Namen, Blutgruppe und anderen Angaben zur Person registriert. Die Freiwilligen kamen aus der Hauptstadt Tripolis und anderen Orten, die inzwischen von den früheren Rebellen kontrolliert werden.

Angesichts des Vormarschs der Kämpfer der neuen libyschen Führung setzen sich immer mehr Offiziere des alten Regimes von Muammar al Gaddafi ins Nachbarland Niger ab. In der Nacht auf Freitag hätten der Stabschef der libyschen Luftwaffe und sein Pilot Niger erreicht, sagte der dortige Justizminister Amadou Morou. Außerdem seien die Kommandeure zweier libyscher Militärbezirke sowie sechs Zivilpersonen in dem Land eingetroffen.

Berichte örtlicher Medien legten nahe, dass es sich bei einem der Offiziere um General Ali Kana handeln könnte. Der Tuareg galt als enger Vertrauter Gaddafis. Kana habe "gemeinsam mit schwer bewaffneten Truppen" die Grenze zum Niger überschritten, berichtete der "Africa Intelligence Newsletter".

Zuvor hatte der libysche Botschafter in Niger die Regierung seines Gastlandes aufgefordert, die Grenzen für Gaddafi-Anhänger zu schließen. Der Nationale Übergangsrat werde in der kommenden Woche eine Delegation entsenden, um "die nigrische Regierung davon zu überzeugen, ehemaligen Angehörigen des Gaddafi-Regimes kein politisches Asyl zu gewähren", sagte Suleiman Ahmed Mohammed Mussa.

Am vergangenen Dienstag war bereits Gaddafis ehemaliger Sicherheitschef gemeinsam mit mindestens zwölf Begleitern in Niger eingetroffen. Botschafter Mussa hielt es auch für möglich, dass Gaddafi selbst nach Niger fliegen könnte. "Laut unseren Informationen war Gaddafi gestern noch in Libyen", sagte Mussa am Freitag. "Aber er verfügt über viele Kontakte im Tschad und in Niger. Er könnte also versuchen, in eines dieser Länder zu kommen." In der Öffentlichkeit wurde Gaddafi schon seit einigen Monaten nicht mehr gesehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • E
    EuroTanic

    "Der Telegraph berichtet über die ethnischen Säuberungen der NATO-Rebellen in Tawergha.

     

    "Tawergha gibt es nicht mehr!" - so endet der Artikel, indem sie erfahren, wie der menschliche Abschaum, von den Presstituierten als "Freiheitskämpfer" bezeichnet, eine Stadt mit 10.000 (!!!), großteils SCHWARZEN Einwohnern, mit Hilfe der NATO-Terroristen AUSRADIERT haben - sie lesen vom verwüsteten KRANKENHAUS, von SÄUBERUNGS-AKTIONEN gegen die schwarze Bevölkerung und sie lesen, dass praktisch jedes HAUS, jedes GESCHÄFT, zerstört, geplündert oder gebrandschatzt ist."