Krieg im Irak: Der IS rückt bei Bagdad vor
Die Dschihadisten kontrollieren weite Teile der irakischen Provinz Anbar. Im syrischen Kobani hingegen sollen sie dabei sein, sich zurückzuziehen.
BERLIN taz | Ungeachtet der Luftangriffe der USA und ihrer Verbündeten haben Kämpfer des Islamischen Staates (IS) im Irak militärische Erfolge erzielt. Dies gilt vor allem für die mehrheitlich sunnitische Unruheprovinz Anbar zwischen der Haupstadt Bagdad und der syrischen Grenze, wo die Dschihadisten bereits seit Jahresbeginn auf dem Vormarsch sind und die Regierung die Kontrolle über weite Teile der Provinz verloren hat.
Dies konzedierte auch Präsident Barack Obamas Beauftragter für die Militärallianz gegen den IS, General im Ruhestand John Allen, nach einer Reise in die Region. Gegenüber Al-Arabija sprach er von „erheblichen Gewinnen“ des Islamischen Staates. Dies bezieht sich vermutlich auf die Eroberung der Stadt Hit in Anbar und einer nahe gelegenen Militärbasis Anfang dieser Woche. Der Gouverneur von Anbar, Sabah al-Kahout, sagte gegenüber der Voice of America, der IS kontrolliere inzwischen fast 75 Prozent der Provinz.
Gleichzeitig rückten die Dschihadisten bei Bagdad vor. Vergangene Woche setzten die USA Apache-Hubschrauber ein, um zu verhindern, dass die Dschihadisten den internationalen Flughafen im Westen der Hauptstadt eroberten. Außerdem kam es zu Gefechten zwischen der irakischen Armee und IS-Kämpfern in Abu Ghraib, einem Vorort von Bagdad.
Am Donnerstag wurden in schiitischen Vierteln von Bagdad laut Reuters bei vier Bombenanschlägen 36 Personen getötet und 98 verletzt. Zuvor hatte die Regierung eine Offensive gegen den IS in Anbar angekündigt, nachdem der Polizeikommandant der Provinz am Sonntag bei einem Anschlag getötet wurde. Gleichzeitig wurde eine Ausgangssperre über die Provinzhauptstadt Ramadi verhängt.
Sturm steht nicht bevor
Die Tatsache, dass der IS auch im Norden von Bagdad präsent ist, bedeutet nun aber nicht, dass ein Sturm des IS auf Bagdad unmittelbar bevorsteht. Zum einen müssen die Angreifer mit der US-Luftwaffe rechnen. Zum anderen ist die Militärpräsenz in der Hauptstadt, zu der auch die gut trainierten schiitischen Milizen gehören, ungleich höher als in Mossul, wo die Soldaten das Feld räumten, als der IS einrückte. Außerdem stehen sie loyaler zur Regierung.
An der syrischen Front, der belagerten kurdischen Grenzstadt Kobani, waren Kämpfer des IS am Donnerstag offenbar im Rückzug gegriffen. Dies berichteten kurdische Kommandanten vor Ort gegenüber internationalen Medien. Zum Ausmaß des Rückzuges lagen unterschiedliche Angaben vor, die zunächst nicht überprüft werden konnten.
Wie die Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, seien bei den Bodenkämpfen zwischen Dschihadisten und Kurden in den vergangenen vier Wochen mehr als 660 Menschen getötet worden – 374 Kämpfer des IS und 268 Kurden. Die UNO geht mittlerweile von über 200.000 Toten im syrischen Bürgerkrieg aus.
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