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■ QuerspalteKrieg gegen die Alten

Verbrechen lohnt sich doch! Oma im Heim, das kann die lieben Angehörigen – trotz Stufe II der Pflegeversicherung – teuer zu stehen kommen: Pralinen und Kirschlikör ad libitum, wöchentlich die „Schwarze Witwe“ und zum Muttertag gar eine Rose.

Ruck, zuck ist da die Schenkung zu Lebzeiten verbraten, und der dreißigjährige Familienvater ist auch nicht mehr mit dem „Taler“ zufrieden, den Tante Lina beim jährlichen Anstandsbesuch rausrückt. Dieterle ist vielmehr scharf auf die „Millionen“, die Tantchen, nach langem Rechtsstreit, als NS-Verfolgte letztes Jahr endlich bekommen hat.

Da sind genau 750.000 Mark auf Linas Konto: „Wenn ich mal nicht mehr bin...“ und Dieterle wollte schon vor 25 Jahren seine Gummibärchen nicht teilen, damals nicht mit Evchen und heute erst recht nicht mit dem Fiskus.

Dieterle kriegte was hinter die Löffel, aber der Herr Diplomingenieur braucht nicht mehr zu teilen, und deswegen bekommt Tante Lina jetzt vorsichtshalber einen GSG-9-Beamten vor ihre Zimmertür: Man kann nie wissen! Dabei muß auch Dieterle sich Sorgen machen, denn seine Frau bekommt sogar eine Million steuerfrei, und wer weiß, ob Eva sich nicht für die verweigerten Schokoplätzchen rächt?

Kevin und Alina gehen zwar noch nicht zur Schule, aber, was „kind“ an praktischem Wissen benötigt, vermitteln „Die Sendung mit dem Attentäter“ und „Amokstraße“ kindgerecht und leicht verständlich.

Von der Million bleiben den Lütten dann immerhin noch 775.000 Schleifen, das heißt, die drei Kapitalverbrechen erwirtschaften einen Gewinn von 25.000 Mark – steuerfrei, versteht sich!

Über die nun verzögerte Kindergelderhöhung können Kevin und Alina nur müde lächeln, und ihr gieriger Blick läßt Dieterle das Blut in den Adern gefrieren. Ab morgen wird Tante Lina Ginseng statt Likör und Knoblauchkapseln statt Pralinen bekommen. Und das täglich! Suzanne Barkawitz

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