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Krieg gegen Frauen

■ betr.: "Die Scham der Opfer", "Keiner glaubt, daß wir vergewaltigt wurden", taz vom 7.9.92 und "Was hat er denn getan?", taz vom 28.8.92

betr.: „Die Scham der Opfer“, „Keiner glaubt, daß wir vergewaltigt wurden“, taz vom 7.9.92

[...] Solche Schilderungen von Einzelheiten von Vergewaltigungen bringen niemand eine neue Erleuchtung, wie schrecklich Kriege inklusive Vergewaltigungen sind; sie haben einzig und allein eine aufgeilende Funktion. Das gleiche gilt für detaillierte Berichte über sexuelle Gewalt gegen Kinder mit entsprechenden Fotos, die es in der taz auch schon zur Genüge gab. Wenn Ihr Euch ausführlich mit diesen Themen beschäftigen wollt, tut das gefälligst in psychologischen, politischen und/ oder soziologischen Hinsichten. Ulli Berndt, Köln

[...] Der Hinweis auf den Artikel über Vergewaltigungen im ehemaligen Jugoslawien war so nah am Stil der Bild-Zeitung, daß ich es kaum glauben konnte, so etwas in der taz zu lesen. Es ist sicherlich schwierig, nicht reißerisch über Vergewaltigungen zu berichten, aber der Reiz dazu, Leser über diese gängige Schiene zu gewinnen, scheint größer als irgendwelche moralische Bedenken. Ich glaube, inzwischen weiß jeder, wie grausam und erniedrigend Vergewaltigungen sind. Detaillierte Schilderungen auf der Titelseite halte ich für eine zusätzliche Vergewaltigung der Opfer durch die Sensationslust von Journalisten und Lesern. [...] Renate Schaefer, Freiburg

betr.: dito und „Was hat er denn getan?“, Interview mit Katharina Rutschky, taz vom 28.8.92

Immer wieder habe ich mich gefragt,, warum eine Zeitung mit Anspruch, wie die taz, es nötig hat, auf diese „Modediskussion“ des „Mißbrauchs des Mißbrauchs“ abzufahren. Anhand der Überschrift „Keiner glaubt, daß wir vergewaltigt wurden“, war mir dann klar, was mich so sauer machte. K.Rutschky und die sie interviewenden und abdruckenden JournalistInnen haben einen Erwachsenenstandpunkt und sind weit weg von den Opfern, den Kinder. Diese Überschrift trifft auch auf sexuell mißbrauchte Kinder zu, genau wie die zweite Schlagzeile „Viele denken, daß sie für den Rest ihres Lebens gekennzeichnet sind“.

Die Frauen, die in der Kriegssituation einem sexuellen Machtmißbrauch ausgesetzt sind, deren weibliche Identität so massiv angegriffen wurde, verdienen eine behutsame Berichterstattung, richtig. Aber warum werden Kinder, die im „Frieden“ hier sexuellem Machtmißbrauch ausgesetzt sind, nicht ebenso ernstgenommen? Bedarf eine noch nicht fertige Identität keiner Behutsamkeit, keines Schutzes? [...]

Von der taz, die ich nicht zufällig abonniert habe, erwarte ich eine gut recherchierte, engagierte Berichterstattung, keine Annäherung an die „yellow press“. [...] Gabriele Hoffmann, Berlin

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