Kreditklemme: Brüssel untersucht Darlehensvergabe
Die EU-Finanzminister sind besorgt über die zunehmenden Liquiditätsprobleme der Unternehmen. Mit Maßnahmen wollen sie aber bis zum Herbst warten - wenn sie mehr wissen.
BRÜSSEL dpa| Angesichts der Liquiditätsknappheit bei immer mehr Unternehmen soll die Europäische Kommission bis Anfang Oktober eine Analyse über die Kreditvergabepraxis der Banken vorlegen. Einen entsprechenden Auftrag erteilten die 27 EU-Finanzminister der Behörde am Dienstag in Brüssel. Gleichzeitig soll die Kommission die Auswirkungen der Basel-II-Eigenkapitalregeln und der Bonitätsbewertungen der Ratingagenturen untersuchen, kündigte der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) an.
Auf Widerspruch seiner Amtskollegen stieß Steinbrück mit seinem Vorschlag, die Basel-II-Eigenkapitalregeln für Banken zeitlich begrenzt abzuschwächen, um mehr Kapital für Darlehen freizugeben. Frankreich beispielsweise bezeichnete die kurzfristig eingebrachten deutschen Vorschläge als "zu vage".
Steinbrück machte indes klar, dass er den Druck aufrechterhalten will. "Wir brauchen rechtzeitig, nicht erst im Dezember, eine Überarbeitung der Bilanzierungsregeln." Die Banken sollten schon bei ihren nächsten Geschäftsabschlüssen davon profitieren können. Konkret geht es darum, dass die Eigenkapitalanforderungen an die Bank bei einer Herabstufung von Vermögenswerten durch Ratingagenturen nicht mehr automatisch erhöht werden müssen. Denkbar sei auch eine Obergrenze für das einzubehaltende Eigenkapital. Zugleich wiederholte der Minister, dass es bei einer Verschärfung der Kreditklemme erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik direkte Darlehen der Bundesbank an die Unternehmen geben könnte.
Der neue EU-Ratsvorsitzende, Schwedens Finanzminister Anders Borg, betonte, besonders im Bankensystem gebe es Anzeichen für eine Stabilisierung. "Natürlich bleiben noch Risiken." Das bedeute aber, "dass wir uns jetzt darauf konzentrieren müssen, wie wir eine lange Phase von Wachstum ohne gleichzeitige Schaffung von Arbeitsplätzen verhindern können".
Die Finanzminister begrüßten die bereits beschlossene Einrichtung eines neuen Europäischen Rates für Systemrisiken. Dieser soll rechtzeitig erkennen, wann beispielsweise eine Bank so große Probleme bekommt, dass sie andere Geldhäuser mit in den Abgrund reißen könnte. Außerdem müsse geprüft werden, wie Banken in guten Zeiten Reserven anlegen könnten, hieß es im Abschlussprotokoll.
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