■ Mit fairem Handel auf du und du: Kreativer Osten
Berlin (taz) – „Welthandelskontor Ost“ – hinter dieser gewaltigen Bezeichnung verbirgt sich eine Neuerung im alternativen oder fairen Handel (der eigenen Grenzen bewußt, sagen viele Akteure sogar nur „fairerer“ Handel). In Dresden gründeten am 13. Oktober die BetreiberInnen von 25 Weltläden aus Sachsen und angrenzenden Teilen Sachsen-Anhalts, Thüringens und Brandenburgs sowie vierzehn entwicklungspolitische Gruppen die Genossenschaft Welthandelskontor Ost.
Erstmals in Deutschland sollte die Genossenschaft unabhängig von Importorganisationen Fair-Trade-Produkte aus Ländern des Südens vertreiben. „Das ist etwas ganz Tolles“, sagt Claudia Greifenhahn, Vorstandsvorsitzende des alternativen Kontors. Denn: „Selbst aus dem Westen laufen Anrufe ein. Die wollen das jetzt auch so machen.“
Außer einigen Läden mit Direktkontakten in afrikanische, asiatische oder südamerikanische Länder haben bisher ausschließlich die gepa (siehe nebenstehenden Text) und kleinere Importeure als Verteiler der Waren fungiert. Oft war das trotz des gemeinsamen solidarischen Ansatzes eher ein Gegeneinander, denn der Fair-Trade- Markt ist klein. Selbst bei klassischen Produkten wie Kaffee, Kakao oder Honig liegt der Anteil der Alternativen am deutschen Markt zwischen 0,5 und knapp 3 Prozent. Viel zu grob gewebt ist das Netz der Weltläden.
Im Frühjahr teilte die von finanziellen Rückgängen gebeutelte gepa ihren KundInnen per Fax ziemlich abrupt und ohne vorherige Diskussion mit, sie würde per 1. Juli die Regionallager Göttingen, Berlin (erst im Dezember 1995 eröffnet) und Dresden schließen. Die jedoch versorgen sämtliche etwa hundert Läden in Ostdeutschland.
Zuerst herrschte unter den ostdeutschen Fair-Trade-Händlern Konsternation, dann hagelte es Proteste, und als auch die nichts halfen, half man sich eben selbst. Beim „Welthandelskontor Ost“ gibt es jetzt Produkte der gepa, der Nummer 2, „el puente“, und kleinerer Importeure.
Eine ähnliche Lösung, unter stärkerer gepa-Beteiligung, fand sich auch in Berlin. Hier gibt es seit dem 2. November das „Fair-Trade-Zentrum“. Es bietet ebenfalls Waren mehrerer Importeure an. Das Lager in Göttingen wurde hingegen in einen eigenständigen Weltladen umgewandelt – sehr zum Verdruß des nur wenige hundert Meter entfernten alteingesessenen Händlers. thru
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