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Krawalle vorm G-20-Gipfel in LondonMit Eiern gegen die "Diebe"

Noch vor dem Auftakt des G-20-Gipfels in London kommt es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Einige Banker haben sich aus Angst verkleidet.

Mit den Falschen gerangelt: Demonstranten stoßen auf die Polizei. Bild: ap

BERLIN ap/rtr/dpa Randale bei den G-20-Protesten in London: Die Demonstrationen von Gipfelgegnern in der britischen Hauptstadt sind am Mittwoch eskaliert. Krawallmacher belagerten das Bankenviertel und gerieten heftig mit der Polizei aneinander.

Mehrere Beamte und Demonstranten wurden verletzt. Zunächst versuchten hunderte Protestierende, sich einen Weg in die Englische Notenbank zu bahnen. Anschließend stürmte eine Gruppe Randalierer eine Filiale der Royal Bank of Scotland, zerschlug Fenster.

Sie schmierten das Wort "Thieves" ("Diebe") an eine Wand und bewarfen Polizisten mit Eiern und Obst. Die Polizei versuchte, mit Schlagstöcken und Schutzschilden ausgerüstet, die Menge in Schach zu halten. Insgesamt zogen mindestens 4.000 Demonstranten durch das Bankenviertel der britischen Hauptstadt.

13 Menschen seien festgenommen worden, weil sie zum Teil Polizeiuniformen getragen haben sollen, teilte Scotland Yard mit. Aus Angst vor Angriffen tauschten einige Banker ihre Anzüge gegen Jeans und Jacke. Andere dagegen provozierten die Demonstranten und winkten mit 10-Pfund-Noten aus ihren Bürofenstern.

Mit Sprüchen wie "Bestraft die Plünderer" und "Wir brauchen sauberen Kapitalismus" zogen die Protestierenden durch die Straßen. Sie machten ihrer Empörung sowohl über das Finanzsystem als auch über Jobverluste Luft. Zahlreiche Straßen und Eingänge zu Bahnhöfen wurden gesperrt. "Stürmt die Bank!" und "Schande über euch!", hieß es in Sprechchören.

Aus Sorge vor Ausschreitungen am Rande des Londoner Weltfinanzgipfels hatte die Polizei eine der größten Sicherheitsoperationen in der britischen Geschichte gestartet. Die Polizei befürchtet, dass Anarchisten friedliche Proteste stören könnten, und ist mit 5.000 Beamten im Einsatz. Banken und Geschäfte wurden bereits an den Vortagen verbarrikadiert.

Unterdessen erhöhte der französische Staatspräsident Sarkozy abermals den Druck auf die Gipfelteilnehmer. Indirekt drohte er, ohne Einigung auf konkrete Ergebnisse zur Regulierung der Weltfinanzmärkte den Gipfel vorzeitig zu verlassen. "Die Politik des ,leeren Stuhls' würde das Scheitern des Gipfels bedeuten. Er werde sich nicht für einen "faulen Kompromiss" hergeben.

Sarkozy fordert wie die Bundeskanzlerin vorzeigbare Fortschritte bei der strengeren Regulierung aller Akteure der Finanzmärkte. Nach seiner Aussage gab es in den Verhandlungen noch keinen Durchbruch. "Es wird ein Ringen bis zur letzten Minute", erklärte er.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: "Wir werden schauen, dass sehr konkrete Vereinbarungen getroffen werden, von denen man sich nicht wieder zurückziehen kann." Die G-20-Staaten müssten dringend Lehren aus der aktuellen Krise ziehen. Dem Gipfel blicke sie mit einer "Mischung aus Zuversicht und Sorge" entgegen. Japan hingegen warf der Bundesregierung wirtschaftspolitische Unvernunft vor, da sie sich gegen ein weiteres Konjunkturprogramm sperre.

Die Äußerungen von Regierungschef Aso lassen aufhorchen, da das Fernostland in internationalen Diskussionen und Gremien meist eher zurückhaltend auftritt. Aso schlägt sich mit seiner Anmerkung auf die Seite der USA und Chinas sowie anderer Schwellenländer, die mehr Anstrengungen verlangen, um die Weltwirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Japan hatte am Vortag ein umfassendes Konjunkturprogramm angekündigt. In den Medien war von einem Umfang von 157 Milliarden Euro die Rede.

Vor Beginn des G-20-Gipfels in London hat US-Präsident Barack Obama zu Geschlossenheit im Kampf gegen die Wirtschaftskrise aufgerufen. "Wir können diese Herausforderung nur gemeinsam meistern", sagte Obama am Mittwoch. Angebliche Differenzen unter den Teilnehmern würden "weit überbewertet".

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9 Kommentare

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  • BG
    Ben Gerten

    Liebe tazzler

     

    habt Ihr den Verstand verloren - oder wer macht bei Euch Qualitätssicherung?

     

    Sowohl in der Zeitung als auch hier im Netz hat Eure Berichterstattung von den Londoner Demonstrationen eine Diktion, die sich keine Springer-Zeitung mehr traut. Da ist die Rede von Krawallmachern etc.

    Was soll das - ich hätte darauf gern eine Antwort.

    Auch auf die Frage übrigens, was die Bildunterschrift "Mit den Falschen gerangelt" mir sagen soll. Konnten die Demonstranten sich ausssuchen ob sie mit Gordon Brown oder den Bobbies rangeln?

     

    Ziemlich sauer.

    Ben

     

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  • Y
    Yadgar

    @Lars:

    Die Gewalt einiger Weniger "unten" ist nur solange als symbolisches Gegengewicht (!, denn was hat Militanz denn seit den 60ern de facto anderes bewirkt, als eine ständige Verschärfung von Repression und Sicherheitsparanoia? "Militärisch" ist auch entschlossenste Schwarze Block gegen den Staatsapparat chancenlos, da muss Widerstand schon intelligenter daherkommen als mit "Mollies und Steine für Bullen und Schweine"!) nachvollziehbar, wie es nicht zur stillen massenhaften Verweigerung gegenüber dem System kommt - dazu müssen keine Molotowcocktails fliegen, es reicht voll und ganz, wenn die Menschen aufhören, sich mit Konsumplunder und Tittytainment zu betäuben, wenn sie begreifen, dass All-inclusive in die DomRep, Handyklingeltöne und DVD-Sammlungen ein schlechter Tausch gegen ein selbstbestimmtes Leben sind...

     

    In den 70ern waren wir schon einmal weiter: da gab es außer Randaledemos auch jede Menge Alternativprojekte, Landkommunen, selbstverwaltete Betriebe, wo das Andere Leben real ausprobiert und der Aufbau einer solidarischen, menschen- und naturfreundlichen Gegengesellschaft begonnen wurde... wieso heute nicht mehr?

  • A
    Amos

    Da sieht man was eigentlich Volksherrschaft bedeutet: Die bereits geprügelten bekommen die Prügel. Es wird sicherlich heißen: Es artet sonst

    in Anarchie aus, wenn wir die Wut gewähren lassen.

    Dann sollte man aber auch dafür sorgen, dass die

    "kapitalistische Anarchie" nicht ausartet.

  • ZR
    Zions Rache

    @Michael: Danke für die Richtigstellung!

     

    Mich kotzt es auch an, dass, egal in welchem politischen Spektrum eine Zeitung angesiedelt ist, sie Anarchie mit Gewalt & Chaos gleichsetzt!

  • M
    Michael

    Zitat: "Die Polizei befürchtet, dass Anarchisten friedliche Proteste stören könnten, ..."

     

    Und ich dachte die Taz währe einige der wenigen Zeitungen, die noch die Wahrheit schreibt ... Ich persönlich als Anarcho-Syndikalist bin extrem davon enttäuscht, wie das Verständnis von „Anarchie" mal wieder brutal missbraucht wird! Anarchie ist eine Gewaltfreie solidarische und vor allem Herrschaftslose Grundordnung. Dass sollten Redakteure einer Linken Zeitung wissen!

  • T
    thorsten

    An Yadgar; "Das du dich wehren musst, willst du nicht untergehen, daß wirst du doch wohl einsehen." (B.Brecht). Gruß, t.k.

  • S
    Stefan

    Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis es zu einer ordentlichen Inflation kommt. Wenn die Staaten weiter so viele Milliarden in den Markt pumpen, kann es ja nicht mehr lange dauern. Dann verlieren auch noch die wenigen Vernünftigen, die vorgesorgt haben und ihr Geld auf normalen Konten/Sparbüchern lagern.

    Dann wird es sicher noch heftigere Proteste geben, auch bei uns.

  • L
    Lars

    Eine andere Sprache als Gewalt verstehen die Herrschenden doch auch nicht. Keine andere Sprache ist es, die sie zum Erlangen ihrer Ziele und ihrer Macht einsetzen.

     

    Ist doch klar, daß den Herrschenden friedliche Demonstranten besser gefallen weil die entlocken ihnen nicht einmal ein müdes Lächeln. Solange alle friedlich demonstrieren würden hätten sie ja von niemandem mehr etwas zu befürchten.

    Darum versuchen sie ja auch, die friedlichen Demonstranten so einzuschüchtern, daß sie auch ja friedlich bleiben und sich von den "Gewalttätern" distanzieren. Klappt ja auch prima bisher.

  • Y
    Yadgar

    Wunderbar, die Herrschenden haben wieder genau das bekommen, was sie wollten: Krawall, Randale und ein Argument, die Daumenschrauben der Repression noch weiter anzuziehen... und womöglich brauchten sie dazu nicht einmal Provokateure einzusetzen!