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Krawalle in der WalpurgisnachtSchanzenspiele eröffnet

Die Nacht zum 1. Mai bleibt im Hamburger Schanzenviertel relativ ruhig. Bei einer Demonstration am Nachmittag kommt es zu Böllerwürfen und Scharmützeln mit der Polizei.

Demo für die Rote Flora: Der schwarze Block zeigt Flagge. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die von der Polizei prognostizierten schweren Krawalle im Hamburger Schanzenviertel vor und in der Walpurgisnacht sind nahezu ausgeblieben.

Es gab zwar rund um das besetzte autonome Stadtteilzentrum Rote Flora und der gegenüberliegenden Eventmeile Piazza mehrere kleinere Schärmützel, richtig schwere Auseinandersetzungen wie in den Jahren zuvor blieben jedoch aus. Dennoch verzeichnete die Polizei 17 Festnahmen.

Der Grund der relativen Ruhe war ein massives Polizeiaufgebot von 2.300 Beamten und die Einrichtung eines Gefahrengebiets. Im Gefahrengebiet darf die Polizei verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen, davon machten die Polizisten an den Kontrollpunkten rund um die Rote Flora regen Gebrauch.

Vor allem Jugendgruppen mit Migrationshintergrund wurden überprüft und registriert. "Damit sie gleich wissen, dass wir sie kennen und ihre Personalien schon haben", begründete das ein Polizist.

Eine junge türkische Frau verweigerte die Taschenkontrolle. "Es geht sie gar nichts an, was ich für die Nacht dabei hab, ich lass sie doch nicht in meiner Unterwäsche wühlen", sagte sie und wurde mit einem Platzverweis belegt. Einer große Anzahl von potenziellen Piazza-Besuchern wurde über dieses Instrumentarium das Feiern auf der Schanze verwehrt.

Gefahrengebiet

Das Hamburger Schanzenviertel wurde in der Nacht zum sowie am Abend des 1. Mai jeweils von 19 bis 5 Uhr zum Gefahrengebiet erklärt. Diese Deklaration ermöglicht den Beamten allerlei Grundrechtseingriffe. So können sie

verdachtsunabhängig Personen kontrollieren

mitgeführte Taschen durchsuchen

Platzverweise erteilen

Aufenthaltsverbote aussprechen

Personen in Gewahrsam nehmen

Auf der Meile selbst hatten frühzeitig zwei Wasserwerfer und diverse Polizeitrupps Position bezogen. Als sich eine kleine Kundgebung formierte: "Ganz Hamburg hasst die Polizei", und Böller und Leuchtraketen gezündet wurden, wurden die Wasserwerfer auch eingesetzt.

Mehrere Stunden dauerte dieses Katz und Maus-Spiel, bevor um ein Uhr nachts die Polizei begann, die Straße Schulterblatt zwischen Flora und Piazza mit Sondereinheiten zu räumen. Dabei kam es zu Rangeleien - gegen zwei Uhr nachts kehrte dann Ruhe ein.

Parallel zu den Ereignissen auf der Schanze wurden beim Bezirksamt Eimsbüttel 35 Scheiben durch Steinwürfe beschädigt. Beim Restaurant Riverkasematten am St.Pauli Fischmarkt, das dem Rote Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer gehört, wurden Scheiben mit einem Gullydeckel eingeworfen. Ein Mitarbeiter wurde verletzt.

Bereits am Nachmittag hatte es zum Abschluss der Demonstration "Stadt selber machen" Auseinandersetzungen gegeben. Zu dem Protest hatte das Anti-Gentrifizierungs-Netzwerk Recht auf Stadt aufgerufen. Laut Veranstalterangaben nahmen 6.000 Menschen an der Demonstration teil, die Polizei zählte 3.000, darunter 500 "schwarz Gekleidete", wie Polizeisprecher Mirko Streiber sagte.

Anlass der Demo sind Räumungsdrohungen gegen die Rote Flora durch den Besitzer und Event- und Gastronomie-Investor Kretschmer sowie die angekündigte Räumung des nur bis Freitag geduldeten Bauwagenplatzes Zomia in Hamburg-Wilhelmsburg.

Beeindruckt über die rege Teilnahme zeigten sich die Stadtteilaktivisten. "Vor zwei Jahren hatten wir noch Angst, dass wir keine 1.000 Leute auf die Straße kriegen, es ist wunderbar zu sehen, dass es jetzt so viele sind", sagt Christiane Hollander von Mieter helfen Mietern.

Die Flora bleibt-Demonstration wurde bereits nach einigen hundert Metern von der Polizei gestoppt, da sich in dem vorne laufenden Schwarzen Block einige Menschen vermummt hatten und Böller geworfen wurden.

Nachdem die Vermummungen abgelegt wurden, zog die Demo zu den städtebaupolitisch neuralgischen Punkten - vorbei an der Rindermarkthalle am Karolinenviertel, den abrissbedrohten Esso-Häusern und dem von Gentrifizierung betroffenen Bernhard-Nocht Quartier am Hafen zur Bausstelle des neuen Ikea-Großkaufhauses in Altona-Altstadt.

In der Bernhard-Nocht-Straße zündeten Unbekannte ein Auto der Bundeswehr an, während der vordere Teil der Demo von den Bewohnern der einst besetzten Hafenstraße mit einem Konfetti-Regen begrüßt wurde.

Als beim Eintreffen der Demo in Altona militante Autonome den Bauzaun der Ikea-Baustelle unweit des vergangene Woche besetzten und wieder geräumten ehemaligen Finanzamtes beschädigten und Rauchbomben warfen, griff die Polizei ein - und trennte den hinteren Teil des Protestzuges ab.

Da dann die Vermummung wieder zunahm, setzte die Polizei Wasserwerfer gegen die Menge im vorderen Teil ein, die in die Seitenstraßen flüchtete und sich mit der Demolierung von zwei Polizeiautos revanchierte.

Bilanz des Tages: 17 Festnahmen und 70 Ingewahrsamnahmen, elf verletzte Polizisten und diverse verletzte Demonstranten. In der Nacht brannten zudem 28 Autos.

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2 Kommentare

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  • I
    Ichbins

    hier werden aber grob verschiedene Sachen zusammengeworfen. Selbst seitens der Polizei liegt ein Zusammenhang der Demos mit den Autobränden fern.

  • TA
    Tutnichtszurs Ache

    Gelungene Zusammenfassung, die detailiert die Kausalität der Ereignisse aufzeigt. Danke, dafür bezahle ich gerne.