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Krankheitsbegriff wird erweitertPsychiatrie für alle

Aktuell überarbeiten Psychiater das DSM-System zur Einstufung psychischer Krankheiten. Nächste Stufe: DSM-V. Das könnte Krankheiten schaffen, wo gar keine sind.

Anders, verrückt, oder krank – oft eine Frage des Bezugssystems. Bild: Pippilotta* / photocase.com

HAMBURG taz | Einer der Grundpfeiler der hippokratischen Medizin lautet: primum non nocere – zuerst keinen Schaden anrichten. Wenn es nach dem Psychiater Allan Frances geht, wird dieser ethische Grundsatz zurzeit von seinen Kollegen untergraben. Eine Task Force von Wissenschaftlern arbeitet derzeit an einer Neuauflage des Klassifikationssystems für psychische Störungen, dem DSM. Hier steht geschrieben, wo Normalität aufhört und psychische Störungen anfangen, was noch Trauer ist und was schon eine Depression und wie temperamentvoll ein Kind sein darf.

Seit die Amerikanisch-Psychiatrische Gesellschaft (APA) vor fast einem Jahr erste Einblicke in die geplante fünfte Ausgabe des Handbuchs gewährte, tobt ein heftiger Streit. Denn Wissenschaftler, Mediziner und selbst Autoren der neuen Ausgabe fürchten, mit der Veröffentlichung Millionen neue Patienten zu schaffen. Wurden in der ersten Ausgabe 1952 noch ein paar Dutzend Krankheiten beschrieben, sind es heute 357.

Mit DSM-V wird es die nächste Revolution geben. "Wir kommen an den Punkt, wo es kaum noch möglich ist, ohne eine geistige Störung durchs Leben zu kommen - oder zwei oder eine Handvoll", sagt Allan Frances. Der emeritierte Professor von der Duke University in North Carolina war Schirmherr der Vorgängerausgabe DSM-IV. Er ist einer der größten Kritiker von DSM-V.

Für Aufsehen sorgt etwa die Neuaufnahme eines abgeschwächten Psychose-Syndroms, so etwas wie die Vorstufe einer Psychose. Die Idee dahinter ist: Macht man die Kinder ausfindig, die später eine Psychose entwickeln werden, lässt sich eine ernsthafte Erkrankung vielleicht verhindern.

"Abgemilderte Krankheitsformen" einbezogen

Für Wolfgang Gaebel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie der Universität Düsseldorf und einer der wenigen Europäer im DSM-V-Experten-Komitee, ein echter Fortschritt, weil "nun auch abgemilderte Krankheitsformen einen diagnostischen Wert bekommen". Bislang sitzen diese Patienten fest in einem Raum zwischen Normalität und Krankheit. "Hier wird die neue DSM-Klassifikation Klarheit bringen", so Gaebel.

Doch zu welchem Preis? Selbst unter Hochrisikopatienten wird wahrscheinlich nur ein Bruchteil tatsächlich einmal eine Psychose entwickeln. Die Rate der falsch-positiven Befunde dürfte erheblich sein. "Auf jeden jungen Patienten, der richtig diagnostiziert wird, kommen zwischen drei und neun Menschen, die fälschlicherweise zu Kranken gemacht werden", schätzt Allan Frances.

Der Psychologe weiß aus eigener Erfahrung, was kleine Veränderungen in der Klassifikation bewirken können. Als Frances und seine Kollegen sich entschieden, die Kriterien für die Aufmerksamkeitsstörung ADHS auszuweiten, schufen sie eine Epidemie. "Wissenschaftler wollen, dass jeder eine Behandlung bekommt", so Frances. "Sie sorgen sich aber nicht um die, die fälschlicherweise als krank diagnostiziert werden und Behandlungen bekommen, die sie nicht brauchen."

Falschdiagnosen bei ADHS

So stieg die Zahl der Kinder mit der Zappelphilipp-Diagnose in den Jahren darauf schlagartig an – und zwar weit über die zuvor berechneten Fallzahlen. Erst kürzlich kamen zwei Studien zu dem Schluss, dass in den USA etwa eine Million Kinder fälschlicherweise mit ADHS diagnostiziert wurden. Bei ihrer Einschulung waren sie jünger und damit auch lebhafter als ihre Klassenkameraden.

Es stellt sich zunehmend die Frage: Wie emotional darf man sein, bevor man aus dem engmaschigen Netz der Normalität fällt? Stirbt etwa der Mann, das eigene Kind oder auch der beste Freund, kann förmlich der Boden unter den Füßen wegbrechen. Vielleicht schläft man schlecht oder mag nicht essen. All das sind natürliche Reaktionen auf einen schmerzhaften Verlust.

Aus diesem Grund schließt die aktuelle Ausgabe des DSM diese Menschen von der Diagnose einer Depression aus, sofern ihre Symptome nicht länger als zwei Monate andauern. Diese Hürde soll nun wegfallen. "Zwei Wochen der Traurigkeit, Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit und Appetitlosigkeit reichen dann aus für den Stempel einer Depression, und zwar unabhängig von der persönlichen Situation", so Frances.

Depression – oder ganz "normale" Sorgen?

Auch mit anderen Neuerungen laufen die Wissenschaftler Gefahr, die Grenzen zur Krankheit weiter aufzuweichen. Die Diagnose "Minor Neurocognitive Disorder" könnte Menschen einschließen, die im Alter ganz normale Gedächtnisprobleme zeigen, und die "Mixed Anxiety Depression" ist laut Frances nur schwer von den emotionalen Tiefen und Sorgen zu unterscheiden, die jeder einmal erlebt.

Es gibt Menschen, die zerbrechen an sich selbst, an schrecklichen Erlebnissen, werden von einem Wahn heimgesucht oder einer irrationalen Angst. Psychische Leiden sind real und Betroffene müssen die Chance auf Hilfe bekommen. Doch Menschen in einer Lebenskrise, Trauernde oder Impulsive, müssen davor bewahrt werden, als krank zu gelten. Zudem gibt es für den Großteil dieser Störungen und Syndrome keine eigene Therapie.

Die Betroffenen würden wahrscheinlich schon bald Medikamente bekommen, die kaum an ihnen getestet wurden und deren Nebenwirkungen ihnen sogar schaden können. Für die Pharmaindustrie ein gefundenes Fressen, gibt es doch keinen besseren Weg, Medikamente zu verkaufen, als mit einer neuen Diagnose.

Psychopharmaka wie aus dem Schrotgewehr

Psychopharmaka werden in vielen Fällen wie im Schrotschussverfahren eingesetzt – "vergleichbar mit den Anfängen der Chemotherapie", sagt der in der Schweiz lebende Psychiater und Wissenschaftspublizist Asmus Finzen. "Wir wissen noch zu wenig über die Ursachen von psychischen Störungen, um individuelle Medikamente entwickeln zu können."

So gibt es bislang nur wenige Wirkstoffgruppen wie Antidepressiva, Neuroleptika oder Tranquillanzien, die jedoch bei vielen unterschiedlichen psychischen Problemen eingesetzt werden. Dass sie den Patienten helfen, sei in einigen Fällen jedoch nur ein Wunsch, so Finzen.

Aus diesem Grund werden nun Feldstudien die Zuverlässigkeit, Anwendbarkeit und klinischer Nutzen der Neuerungen des Diagnosekatalogs überprüfen. So soll verhindert werden, "dass falsch positive Diagnosen entstehen", so Gaebel.

Jano Costello verließ das DSM-Team

Jane Costello war das zu wenig. Die Psychologin verließ vor zwei Jahren das DSM-Team für Störungen im Kinder- und Jugendalter. In einem mit ihrer Zustimmung veröffentlichten Brief heißt es unter anderem: Es wurden Entscheidungen getroffen, "mit kaum einer wissenschaftlichen Grundlage oder die Unterstützung durch Untersuchungen und Studien".

Spätestens 2013 soll der Bestseller veröffentlicht werden. Und seine Bedeutung ist kaum zu unterschätzen. In der Forschung gilt fast ausschließlich das DSM-System. In vielen Ländern ist das Handbuch so machtvoll, dass es als Grundlage von Sorgerechtsentscheidungen dient oder einen Angeklagten für schuldunfähig zu erklären.

In deutschen Arzt-Praxen hat zwar die ICD-Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation Vorrang, doch auch für sie ist eine Neuauflage geplant, die sich an DSM-V orientieren wird. So dauert es nicht lange, bis die neuen Diagnosen in den Behandlungsräumen von Psychiatern auf der ganzen Welt angekommen sind.

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52 Kommentare

 / 
  • BA
    bitte anonym

    So, jetzt bin ich mal gespannt...

    ; )

    Haette es Psychiatrie zu Zeiten 'Abrahams' gegeben, waere er sicherlich nicht durch die Bibel beruehmt geworden, sondern durch eine Historische Fachzeitschrichft in welcher er als erster Schizophreniker diagnostiziert wurde - denn, er hoehrte sie Stimme Gottes.

     

    Noah waere der zweite gewesen welchem sicherlich Pillen verschrieben wurde,, nachdem er dem Psychiater erzaehlte: Gott will ihn und seine Familie als EINZIGE retten, und gebot ihm ein riesengrosses Boot zu bauen, damit er vor der Sinflut sicher ist -

     

    In diesem medizinisch-historischem Fachbuch wuerden dann alle Patriarchen aufgezaehlt werden, nachdem sie mit Psychosen positiv diagnostiziert wurden ( wenn man sich nach dem DSM richtet und dieses auf Historische und Biblische Helden bezieht.

     

    Nonnen glauben alle mit Jesus Verlobt zu sein.

     

    Stellen sie mal vor es kommt eine Dame in ihre Praxis welche davon ueberzeugt ist das sie mit Jesus verlobt ist -

     

    Der Dalai Lama, welcher Millionen anhaenger in der Welt hat, meint der ist ein GOTT -

     

    Sollte WILLI WICHTIG das behaupten sollen, ohne fundamentale Beweise vorzuzeigen, zb: schwups, der oRkan hoehrt auf - simsalabim, die Fluten sind aufeinmal weg - und ' abrakadabra, schau er kann ueber wasser gehn, wuerde man Willi Wichtig mit Groestenwahn und Schizophrenie diagnostizieren.

     

    Wenn ich die heutige Psychiatrie also richtig verstehe, ist jemand der sich als Gott erklaert vollkommen Gesund, und ihm wird auch keine Psychose nachgesagt SOLANGE er genuegend Anhaenger findet die ihm glauben, wobei individuelle welche das selbe behaupten aber KEINE anhaenger finden in der Klapsmuehle landen, und mit Psychosen diagnostiziert werden.

     

    Verstehe ich das richtig ?

     

    Uebrigens, icg glaube an den lieben Gott. Ich glaube das es Menschen gibt die Goettliche Eingebungen haben, aber es koennte sein das sich jene nicht an die oeffentlichkeit wagen, denn die wurden bestimmt in der Klapsmuehle enden ( moeglicher weise der Grund warum es keine Propheten mehr gibt)

     

    Witz: Ein aelterer Herr mit langen weissen Bart geht auf der Psychiatrischen Station dauernt hin und Herr.

    Meint die Krankenschwester:" warum sind sie denn so aufgebracht ?"

    Entgegnet der Herr:" glauben sie es ist einfach die Welt zu Regieren ?"

    - schmunzel

  • B
    beobachter

    Dem gewohnheitsmäßigen Leser von Kommentaren zu die Psychiatrie kritisierenden Artikeln fallen besonders jene der verbissenen Verteidiger ihrer "psychischen Krankheit" auf, der kolonialisierten Subjekte:

    http://www.antipsychiatrie.de/io_11/kolonialisierte_subjekt.htm

    Zwei Beispiele:

    >

    Psychotiker:

    ... viele Jahre des Leids gebraucht ... bis man bei mir die richtige Diagnose "paranoide Psychose" gestellt hatte. ...

    Natürlich kann man mit diesem neuen Klassifikationsverfahren auch Schindluder betreiben. ... Leid, ... Chronifizierungen ... Selbstmorde ... verhindern, wenn man die Vorzeichen einer beginnenden Psychose vielleicht schon in der Pubertät erkennt ...

    >

    lares:

    ...

    Ich als Betroffener einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis ... Heute bin ich Befürworter von sog. Psychose-Früherkennungszentren. ... Chance einer gezielten Intervention ... Anzeichen einer Psychose noch VOR deren Ausbruch nun detailliert in den Katalog aufgenommen werden. Wie bereits erwähnt, ich hoffe, Betroffenen würde damit eher geholfen.

     

    Die Psychiater oder andere Befürworter halten psychiatriekritische Artikel und ebensolche Kommentare zu diesen für "gefährlich" weil sie "Hilfesuchende" abschrecken könnten und laden JournalistInnen in ihre 'Kliniken' ein oder halten kritische Kommentare gar für eine "Stigmatisierung eines ganzen Themenbereichs" (hört hört: nicht nur der "Psychisch Kranken, wie uns die "Antistigma-Kampagne" der Psychiater zur Lockung weiterer PatientInnen weismachen will:

    http://www.die-bpe.de/filmfest.htm

    >

    Oliver Wohlfahrt:

    Hier wurde ohne Sachverstand ein Artikel verfasst. ... Ich schlage vor Frau Simon hospitiert für einige Tage in einer psychiatrischen Klinik, um verstehen zu lernen, wie gravierend psychische Erkrankungen eigentlich sind. Frau Simon fördert Vorurteile. Darunter zu leiden haben die Patienten. ...

    >

    psychiater:

    Ja, leider sind Artikel der taz zum Thema Psychiatrie / Psychotherapie / psychische Störungen in den meisten Fällen relativ schlecht recherchiert - das ist meine Beobachtung seit vielen Jahren. ... Als Psychotherapeut und Psychiater an einem Uniklinikum lade ich Frau Simon (oder taz-KollegIn) gerne zu einem Besuch ein ...

    >

    Franz:

    Die Mehrheit der Kommentare zu diesem Artikel ...

    Gerade diese ungerichtete und unwissende Herumfantasiererei macht es nicht gerade einfacher für Betroffene, sich in Therapie zu begeben. Nicht aus Angst vor den Ärzten, sondern weil Sie die Stigmatisierung dieses ganzen Themenbereichs (grusel, grusel, Psychiatrie!) durch die Gesellschaft aufnehmen. ...

     

    Der Postbote deutet nach einer Pauschalisierung der (Pharma-)Kritik ("die Bevölkerung zu betäuben oder zu kontrollieren") als I-Tüpfelchen dann sogar ein Nicht-Ganz-Richtig-Sein der Kritiker an (Hier beißt sich die Ratte selbst in den Schwanz!):

    >

    DerPostbote:

    ...

    Leute, die behaupten, dass mit Psychopharmaka versucht wird die Bevölkerung zu betäuben oder zu kontrollieren, tragen auch gerne mal Helme aus Alufolie.

    >

    -----

    Assoziation:

    "Pränatale Therapieresistenz"

    -----

    Geisteskrank?

    Ihre eigene Entscheidung!

    www.patverfue.de

    -----

    -----

  • BA
    bitte anonym

    Mal anders versuchen,denn mein vorheriges Kommentar war evt. Zu Sarkastisch so das der Sinn meines eigentlichen Arguments moeglicherweise verloren ging -und daher nich publiziert wurde.

     

    Ich lebe seit 20 Jahren in den UA, und wo fiel Sonne ist (also gutes) ist auch viel schatten, so auch in den USA - ist ja nicht alles schlecht.

    Medizinisch, vor allem in Psychiatry scheint es Backwards zu gehen ( sie Bitte anonym kommentare - TAZ falsche diagnosen, und Pickel.

     

    Man fragt sich hier, ist Individualitaet weiterhin noch erwuenscht ? Oder soll es nach dem Chinesischen sprichwort gehen ( uebersetzung) der Nagel der aus dem Brett rausragt mus reingeschlagen werden -

     

    Ich wuchs in einer humorvollen familie auf,und wie in vielen deutschen familien wurde bei uns nicht rumgeschrien, auch die eltern schrieen sich ( vor allem vor denkindern ) nie an.

    Guter anstand, manieren, wurde gross geschreiben, ansonsten hatte man unmengen von freiheit -

     

    Es war und ist schoekcierent wie man vor allem hier in den Staaten, Muetter sieht welche Kinder NUR anschreinen - von ganz klein auf: " komm her ( schrei), mach dies, mach das, lass das, LASS das, stop it, get over here, usw.

    Beim zusehen bekommt ein harmoniker magenschmwerzen, und die Kinder sind fuerchterlich nervoes und zittern schon wenn sie MamaKs stimme hoehren -

     

    Hinzu kommt noch mehr.

    Koennen sie sich noch an Schaukelstuehle erinnern in denen die stillense Mutter sass ?

    Oder das Schaukelpferd ?

    Wann ist das letzte mal das sie ein Schaukelpferd sahen ?

     

    Es wurde den Kindern weggenommen, wo es doch seit Uhrzeiten ein Natuerliches K wiegen-spiezeug war.

     

    Nun faengt ein kleinkind sich selbst an zu schaukeln - es hat ja kein schaukelpferd - und schwups wird es mit ' ADD, autismus, und we're weiss was diagnostiziert.

     

    Kinder duerfen ja gar nicht mehr kinder sein sondern muessen nun schon mit 3/4 in die Pre-school um das alphabet zu lernen, und bekommen 'little Einstein' education tools - danach gehts in den Kindergarten, wo auch gelernt wird, und dann in die Schule-

     

    Nun gibt es in NY etwas ganz neues, ' smart toddler' wo Mutter ihre drei monate alten babies absetzten um Arbeiten gehen zu koennen -

    Die werden dann in omniwagen rumgefahren, und nicht mit muttermilch gefuettert -

     

    Babies fehlt die Mutterwaerme, mutternaehe, und moeglicherweise auch die Muttermilch

  • L
    Linder

    Es werden nur 3 % der Psychopharmakaopfer aufgeklärt, sagte der Chef von der Pathologie der Chatite im NDR Talk. In anderen Länder seidas besser, D. will das nicht anders, sagte er auch.

    Die namensgebungen erfolgen nicht nach Wuissenschaft, sondern durch ABSTIMMUNGSVERFAHREN.

    LG

  • GJ
    German JaCobi

    Renommierte Kommunikationsfachleute und Konfliktexperten kann ich innerhalb weniger Minuten darüber aufklären, daß es nur eine einzige Ursache für alle zwischenmenschlichen Probleme und Konflikte gibt. Mitarbeiter der Psychowirtschaft nicht. Auch Juristen wollen von dieser einfachen Möglichkeit, unsere Welt mithilfe vieler zu entschlechtern, nichts wissen. Sie verdienen mit kompliziertem Wissen genug. Warum etwas unterstützen, was ihre Pfründe verkleinert ...?

     

    Selbst qualifizierte Konfliktmanager können sich zunächst nicht vorstellen, daß die Evolution mit einem genial einfachen Programm eine atemberaubende Vielfalt rechter Dinge entwickeln konnte, und mit dem selben einfachen Programm auch das, womit sich nur Vernunftwesen gegenseitig so plagen, daß sie sich immerwieder massenhaft selbst vernichten ...

     

    Würde sich die Menschenwelt mehr mit Wahrnehmungsfehlern beschäftigen, könnten sich viele Helfer der Daseinsbewältigung schon bald mit was anderem beschäftigen, das allen mehr Spaß machen würde.

  • A
    Anja

    an Bertram aus Mainz: Ich finde es schade, dass du immer Krach bekommst mit "Therapierten" und auf grundlage dessen sehr pauschal urteilst. Ich bin therapiert. Nicht psychoanalysiert, nicht von einem Psychiater, sonder von einer ganz klassischen Psychologin (ja, mit der anerkannten Ausbildung). Der Markt ist voll von teilweise kranken "Selbstdefinitionen" an Helfern. Und sicher gibt es schwarze Schafe, die mehr schaden und ihren Patienten Dinge eindoktrinieren. Ich persönlich habe eine ganz wichtige Fähigkeit in der Therapie gelernt. Das war auch die einzige die ich benötigte. Einfach mal die Perspektive wechseln.

     

    Nicht jeder Mensch kann das. Für viele ist es Selbstverständlich. Ich konnte es nicht - das hatte sicher auch viele Gründe, die interessieren mich aber nicht wirklich. Suche nach Gründen ist wie eine Suche nach Schuldigen.

     

    Trotzdem werde ich nicht auf die Idee kommen andere weiter zu indoktrinieren wollen oder solche Sachen runterzubeten. Ich denke, da liegt der Schwerpunkt eher in der Analytik. So wie sicherlich der Schwerpunkt einer medikamentösen Behandlung eher bei Psychiatern liegen wird. Ein Psychologe braucht nämlich auch einen Arzt, der die Medikamente für den Patienten verschreiben kann. Alleine darf er das grundsätzlich erst mal nicht.

     

    Und wie so vieles gibt es Wechselwirkungen zwischen diversen Dingen. Ich kann auch kühn, die Behauptung in den Raum stellen, die, mit denen du immer Krach bekommst, seien gar nicht therapiert worden, sondern einer Gehirnwäsche unterzogen worden. Bringt aber nix… Jeder Mensch ist anders. Und jeder sieht sicher nur, was er sehen will. Es kostet viel Mühe, seinen Standpuntk zu verlassen. Das wird aber heute nicht wirklich oft gemacht.

  • H
    hto

    "Das könnte Krankheiten schaffen, wo gar keine sind."

     

    - im "gesunden" Konkurrenzdenken, für den "freiheitlichen" Wettbewerb um die Abhängig- und Begehrlichkeiten der Hierarchie in materialistischer "Absicherung", tut man angesichts der wachsenden Problematiken durch Ausbeutung und Unterdrückung, zum Wohle des Systems von "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei", "gut" daran, den kreislaufenden Faschismus, aus GLEICHERMAßEN gepflegter / MANIPULIERBARER Bewußtseinschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein" auf systemrationaler Sündenbocksuche, rechtzeitig für die zeitgeistlich-konsumautistischen Gewohnheiten im "Recht des Stärkeren" zu reformieren!?

  • BI
    Bertram in Mainz

    Durch den Artikel und manche Kommentare fühlen sich natürlich die Psychologen und Psychiater auf den Fuß getreten. (Ich schreibe zur Abkürzung einfach "P".) Bei wirklichen Krankheiten sind die P. sicher hilfreich. Moderne Therapie, wenn angebracht, hat nichts mit Irrenhäusern der Vergangenheit zu tun. Aber es gibt ein paar Dinge, die die P. einfach ausblenden. Es sind, wie so oft, gerade die Fachleute, die ihr Gebiet durch die rosarote Brille sehen.

     

    Da ist erst mal die Definition von Normalität und Krankheit. Die P. merken gar nicht, wie eng ihre Maßstäbe sind. Mit Menschen, die bei P. waren, bekomme ich immer Krach. Ein falscher Satz, und man bekommt diese Predigten von der "richtigen" und "falschen" Einstellung und vom positiven Denken. Eine Diskussion in der Sache ist nicht möglich.

     

    Ein weiterer Punkt ist die Reduktion aller Probleme auf den Betroffenen selbst. Probleme sind nur falsche Verhaltensweisen des Betroffenen. Da hilft angeblich die Therapie. Scheinbar lösen sich alle Probleme einfach auf, wenn man sie mit der Therapie und neuem Schwung angeht. Was außerhalb dieser Denkweise liegt, existiert scheinbar nicht.

     

    Ich unterstelle gar nicht böse Absicht. Aber die P. sind oft Dogmatiker, die mit ihrer Lehre und ihrer Therapie die Welt retten wollen. Wenn man jetzt den Krankheitsbegriff ausweiten will, entspricht das deren Denkweise. Alle Menschen haben Probleme. Und die P. haben die Lösung dazu. Wer nicht will, ist im günstigsten Fall "selbst schuld". Im ungünstigsten Fall wird er gezwungen. Letzteres geht ganz schnell. Man denke an Kinder oder an Alte, die nicht selbstständig entscheiden dürfen.

     

    Doch auch der "Freiwillige" hat nicht unbedingt die Wahl. Stellen wir uns ein beliebiges Problem vor, z.B. am Arbeitsplatz. Entweder geht der Betroffene zum P., oder er hat keine Anlaufstelle. Also landet er doch beim P. und muss die aktuelle Psycho-Mode akzeptieren. Er merkt das vielleicht nicht mal. Er geht vielleicht mit finsteren Vorurteilen in die Therapie. Dort ist er angenehm überrascht, dass man ihm zuhört, ihm hilft, er sich besser fühlt. Wobei Letzteres schon durch Krankschreibung kommt.

     

    Dass man ihm eine logisch zweifelhafte Anschauung eingetrichtert hat, merkt er nicht. Im Prinzip ist das so, wie wenn jemand durch eine Krise zum religiösen Glauben kommt. Er fühlt sich vielleicht gerettet, auch wenn die Lehre logisch der größte Blödsinn ist.

  • E
    EinenSchrittWeiter

    "In einer »außen-geleiteten« Gesellschaft wird die Anerkennung der »anderen«, das Sich-Richten nach der öffentlichen Meinung und ihren »Signalen«, d.h. den Informationen der Massenpublizistik, nach Kollegen, Alters- und Standesgenossen usw. zum entscheidenden Maßstab (...)." (S.9)

     

    ""Die in der Phase der »beginnenden Bevölkerungsschrumpfung« befindliche Gesellschaft (...) formt in ihren typischen Vertretern eine Verhaltenskonformität, die durch die Tendenz, für die Erwartungen und Wünsche anderer empfänglich zu sein, gesichert wird." (S.25)

     

    Quelle: David Riesman. Die einsame Masse. Reinbek 1958

  • E
    eva

    an Franz: "Die Mehrheit der Kommentare zu diesem Artikel zeugen von einer erschreckenden Unwissenheit im Bezug auf die heutige Psychiatrie."

    Aha. Das wissen Sie also ganz genau.

    Als in der Psychiatrie Tätige kann ich jedem Menschen mit psychischen Problemen nur empfehlen, um jeden Psychiater einen weiten Bogen zu machen.

    Ein "normaler" Psychiater - also ohne qualifizierte (!) und länger dauernde (!) Therapieausbildung und Selbsterfahrung (!) - verfügt über ähnliche Kompetenzen in Gesprächsführung und Therapie wie eine Kassiererin bei Aldidl.

    Es ist ein Graus, wenn man sich ansieht, was diese Leute vielen Menschen antun. Selbstverständlich nach Medizinermanier ohne den leisesten Hauch von Selbstzweifeln.

  • MS
    matthias schaffrath

    DSM und ICD sind ganz praktisch als Klassifizierungsinstrumente in einem Bereich, in dem man sich im Ungefähren und Spontanen bewegt, und daher immer Probleme haben wird, das störende oder gestörte Individuum einzuordnen. Kritisch ist anzumerken, daß viele der Fachleute der APA gute Beziehungen zur Pharmabranche pflegen, das gilt im übrigen auch für deutsche Psychiater, siehe etwa Prof. Benkert. Herr Dr. Gaebel ist ein besonders interessantes Exemplar; seit Jahren ist er dabei zur akuten Krankheitsphase eine von ihm sog. Prodromal-Phase hinzuzufügen, um sozusagen präventiv auch Zehnjährige, die keine manifeste Symptomatik aufweisen, schon behandeln, d.h. medikamentieren zu können. Die Kollegen in der Industrie werden sicherlich dankbar sein. Das Prodromal-Konzept ist mehr als zweifelhaft, es scheint darum zu gehen, das Patientengut (sic!) zu vermehren. Daß da ein ärtzliches Ethos am Werk ist, ist zu bezweifeln, eher scheint es eine Kombination von Borniertheit und Scheinwissenschaftlichkeit gepaart mit einem gesunden Allmachtstreben und Profitmaximierungsabsichten zu sein. Die Psychiater leiden seit langem unter ihrem Underdog-Status in der Medizin. Zu recht. Was sie da betreiben ist eben keine Wissenschaft. Im besten Fall ist es Herumdoktern, im schlimmsten Körperverletzung, oft gepaart mit Freiheitsentzug und der dauerhaften Vernichtung von Lebenschancen. Ein Blick in den hippokratische Eidesformel genügt: diese Leute vom Typ Gaebel und Benkert sin einfach nur mit Macht ausgestattete Scharlatane.

     

    M.S.

  • K
    Kranich

    @systemix

    Hochbegabung muss nicht heißen, dass derjenige sich wie "die Axt im Wald" verhält. Es kann genauso auch sein, dass dieses Kind in der Grundschule sehr gute Leistung hat, vielleicht auch überspringt, aber in der weiterführenden Schule massive Probleme bekommt. Und das nicht nur von den Noten. HBs haben nicht selten Probleme, mit "normalen" Menschen auszukommen, was zu sozialer Ausgrenzung führt. Das kann dann zu Agressionen oder auch Depressionen führen.

    Ist Hochbegabung also auch eine psychatrische Krankheit? Etwas, was man vielleicht behandeln sollte, auch medimenkatiös? ich würde sagen, nein. HBs können auch "normal" leben. Und das kann man auch auf andere Dinge beziehen, die offiziell Krankheit sind, aber im Prinzip keineswegs stören oder auffallen.

     

    Ich kenne selber auch mehrer Hochbegabte.

  • F
    Franz

    Die Mehrheit der Kommentare zu diesem Artikel zeugen von einer erschreckenden Unwissenheit im Bezug auf die heutige Psychiatrie. Glauben Sie allen ernstes, sämtliche Therapeuten und Mediziner hätten nichts anderes zu tun, als wahllos irgendwelche Menschen unter Drogen zu setzen, ihnen Willen zu kontrollieren oder wer weiß was?

    Gerade diese ungerichtete und unwissende Herumfantasiererei macht es nicht gerade einfacher für Betroffene, sich in Therapie zu begeben. Nicht aus Angst vor den Ärzten, sondern weil Sie die Stigmatisierung dieses ganzen Themenbereichs (grusel, grusel, Psychiatrie!) durch die Gesellschaft aufnehmen.

     

    Über Fachgebiete, von denen man keine Ahnung hat, sollte man sich vielleicht nicht derart abfällig ausbreiten - zu diesem ganzen Faschismuskäse sage ich gar nicht erst was.

  • RD
    Ralf Diehl

    Für mich stellt sich die Frage, ob jeder der möglicherweise eine Krankheit in sich trägt, diese auch diagnostiziert haben will und sich aktiv durch den Besuch eines Arztes dazu entschließt. In meinen Augen wird gerade bei psychischen Erkrankungen der ein oder andere potentiell Betroffene doch eher nach der Maßgabe handeln, ich, nein ich nicht, aber ich kenne ein Dutzend oder mehr, die haben's wirklich nötig. Wir haben in Deutschland in dieser Hinsicht ein breites Spektrum an Eigenverantwortung, die vielfach leider nur zur Verleugnung genutzt wird. Ich denke nicht, das diejenigen erreicht werden, die es nötig haben. Dazu ist die Erweiterung des Kataloges nicht das taugliche Mittel. Eine weniger stigmatisierende Einstellung Aller wäre in meinen Augen hilfreicher.

  • W
    wutbürger

    Eines ist klar: wer nicht krank ist, ist nicht gesund. Es lebe das Gesundheitssystem und die Pharma-Industrie!!!

    Übrigens: Wer bemüht sich eigentlich um die "Gesundheit" dieser "Wissenschaftler"???

    Vielleicht sollte man bei "der Presse" auch einmal einen Gedanken darauf verschwenden, ob man jedem Pups ein Forum, Publizität und somit einen Markt bieten muß...

  • D
    DerPostbote

    Moderne Psychopharmaka machen für Millionen das Leben wieder lebenswert.

     

    Vor 60 Jahren wäre die einzige Möglichkeit einen Menschen, der an einer schweren Psychose leidet, zu "therapieren", ihn in irgendeiner "Irrenanstalt" einzusperren und zu verwahren, weil Behandlung nicht möglich war.

     

    Leute, die behaupten, dass mit Psychopharmaka versucht wird die Bevölkerung zu betäuben oder zu kontrollieren, tragen auch gerne mal Helme aus Alufolie.

  • K
    Kothen

    Man hat in dieser Gesellschaft zu funktionieren. Abweichungen müssen demnach krank sein und behandelt werden. Egal wieviele ADHS tatsächlich haben, in früheren Zeiten war das fast kein Problem, obwohl man in die böse Ecke gestellt werden konnte, Todsünde Jähzorn ist wohl eher mangelnde Impulskontrolle. Dumm sein ist eher Legastenie und/oder Dyskalkulie und so weiter.

    Heute kennt man die wahren Gründe, das ist Fortschritt, und den laß ich mir nicht nehmen, aber das Problem ist weniger die Behandlung durch die Psychatrie, als vielmehr die moderne angeblich so freizügige Gesellschaft deren Normen strikt eingehalten werden müssen um nicht als Sozialschmarotzer bezeichnet zu werden. Faulheit wird immer noch schnell und gerne attestiert, und man muss die Leute "prügeln" damit sie arbeiten.

    Da hat sich nichts geändert.

    Darin sehe ich die Gefahr des neuen DSM-V.

    Unterstützung eines Gesellschaftsbildes das nichts mit Menschlichkeit zu tun hat.

  • J
    Jay

    Wie ernst kann man einen Artikel zu einem sicherlich ernsten Thema eigentlich nehmen, wenn er mit einem Foto einer gewissen Pippilotta bebildert ist?!

    Bringt den doch am 1. April raus. Oder in der Apotheken-Umschau.

     

    Oh Microstock, du Grauen des (Foto-) Journalismus.

  • CJ
    Cpt. Janeway

    Wer einmal selbst Opfer der Psychobranche geworden ist, dem wird bei diesem Artikel Angst und Bange werden. Wer das Unglück hat unfreiwillige Therapien und Gerichtsprozesse durchstehen zu müssen, nur um bestätigt zu bekommen, dass man keine behandlungsbedürftige psychische Störung hat, weiss was ich meine.

    Entschuldigung durch die Psychologie? Fehlanzeige. Löschung des Vorgangs aus der Krankenakte? Fehlanzeige. Freundliche Worte? Ja, man müsse sich selbst eben als collateral damage betrachten und dürfe das nicht so ernst sehen.

    Versuchen Sie dann mal einen Psycho zu finden, der dann diesen Kollateralschaden wieder aufarbeitet...dann fühlt sich niemand zuständig.

     

    Viele Krankheitsbilder existieren nicht weil die Psychos den Betroffenen helfen wollen, sondern weil die Psychos ihr Steckenpferd/Forschungsobjekt/Patienten erforschen wollen. Auch gegen den Willen der Betroffenen...denn bist du nicht willig, so brauch´ ich Gewalt!

    Deswegen wird der ICD-11 und der deutsche Ableger die Möglichkeit bieten jedes Verhalten zu psychopathologisieren - und damit jeden Menschen für gestört erklären zu können.

  • P
    psychiater

    Ja, leider sind Artikel der taz zum Thema Psychiatrie / Psychotherapie / psychische Störungen in den meisten Fällen relativ schlecht recherchiert - das ist meine Beobachtung seit vielen Jahren. Dieses Sachgebiet ist offensichtlich nicht eine der Stärken (wie ich es z.B. für viele kritischen Beiträge aus den Bereichen Sozialpolitik durchaus behaupten würde). Fachkompetenz lässt sich jedoch - beim besten Willen - nicht schlicht durch eine "Prise Anti-Psychiatrie-Romantik" ersetzen, welche dann "irgendwie" "pc" erscheinen mag. Als Psychotherapeut und Psychiater an einem Uniklinikum lade ich Frau Simon (oder taz-KollegIn) gerne zu einem Besuch ein - denn wenn auch die Stossrichtung der Kritik (Stichwort: "Disease Mongering") durchaus nicht grundverkehrt ist (und auch von vielen reflektierten Psychiatern geteilt wird), ist es schlicht "Dummsinn" (und nicht mehr weit von einer zynischen Lesart entfernt), psychische Störungen in dieser Form quasi zu bagatellisieren (und das häufig gegebene Leid der Betroffenen zu verkennen). MfG

  • RW
    Ralf Wieland

    Das DSM-5 ist ein Meilenstein zur (Selbst-)Abschaffung der Psychiatrie, wie wir sie kennen. Langsam merken auch etwas schläfrige Zeitgenossen (ein bisschen auch die taz), dass psychiatrische Krankheiten nicht -- wie sonst in der Medizin meist üblich -- mit wissenschaftlichen Methoden *entdeckt*, sondern nach Bedarf und Belieben *erfunden*. (Und was die Erfindung irrer Geschichten und Erklärungen der Welt angeht, da lassen Psychiater ihre "Patienten" meist weit hinter sich.) Ob eine solche Erfindung als zukünftig als Krankheit gelten und zu einer neuen Einnahmequelle bzw. Rechtfertigung für Zwang und Gewalt werden soll, entscheiden Psychiater und Psychiaterinnen per *Abstimmung*.

     

    Solange der ganze Schwindel aber noch nicht offiziell aufgeflogen ist, gibt es die PatVerfü, mit der sich jede und jeder vor psychiatrischen "Diagnosen" und Zwangsbehandlungen sowie vor Entmündigungen (ungewollte rechtliche "Betreuung") schützen kann: www.patverfue.de.

  • BT
    Bernd Trepping

    Was für sagenhafter "Ausnahmeartikel" in der deutschen Medienlandschaft! So viele Schlußfolgerungen, wertvolle Zitate, Fakten und Informationen nenne ich einen fundierten Journalismus, der ganz offensichtlich frei von jeder "Belastung" bzw. Sorge ist, teuer bezahlende Anzeigenkunden der Pharmaindustrie zu verprellen!

    Vielen Dank!

    Psychiatrie und Pharmaindustrie veranstalten Ende Mai in Berlin den 3. internationalen Kongress zum Thema ADHS. Ziel: Diese "Krankheit" von einer der lukrativsten Kinderdiagnosen zur unheilbaren Erwachsenen-Krankheit zu machen. Wenigstens ein Menschenrechtsverein hat einen spektakulären Protest dagegen angemeldet. Hoffentlich wachen durch Ihren Beitrag noch ein paar mehr auf.

  • RT
    rene talbot

    Dazu die Presseerklärung der Irren-Offensive aus Anlaß des DGPPN Psychiaterkongresses im November 2007 in Berlin und dessen inhaltlichen Vorbereitung dieser "Änderungen" damals:

    --------------------------------------------------------

     

    Jetzt offiziell:

     

    Psychiater pendeln für eine „Diagnose“

     

    DGPPN bekennt sich zum gewalttätigen Okkultismus

     

    Über hundert Jahre hat es gedauert, endlich ist es soweit: die deutschen Psychiater anerkennen wie Ihre amerikanischen Kollegen offiziell, dass sie seither Bullshit gelallt haben: weil die „Defizite“ ihrer bisherigen Behauptung, es gäbe eine „psychische Krankheit“ in irgendeinem medizinischen Sinne so offensichtlich geworden sind, dass sie dieses Märchen bald niemandem mehr erzählen können, muß nun, etwas verspätet, die Esoterikwelle nachgeholt werden. Statt einer Nosologie – die wurde schon vor 20 Jahren aufgegeben, als auf einmal offiziell nurmehr von einer „psychischen Störung“ gefaselt wurde – wird nun sogar Krankheit als Gesundheit entgegengesetzter und sich jeweils ausschließender Kategorie völlig aufgegeben und stattdessen durch etwas „Multi-Dimensionales“ ersetzt.

     

    Endlich haben die Psychiater ihr zweites Gesicht entdeckt !

     

    In der vierten Dimension gleiten sie direkt zum Sein an sich und sie werden nur noch durch Pendeln diagnostizieren. Aus einer Gleichung mit einer Unbekannten - gesund oder krank - machen sie eine mit beliebig vielen Unbekannten, wohlwissend, dass solche Gleichungen prinzipiell unlösbar werden, um weiter alles im psychiatrischen Okkultismus verschwinden lassen zu können.

     

    Aber was kümmert uns deren Renovierung eines scheinwissenschaftlichen Gelalles?

     

    Dass sie ihren Okkultismus mit Foltermethoden betreiben, zwangsweise diese Pendeldiagnosen durchführen, um damit für umfassende Entrechtung, Entwürdigung und Entmenschlichung einen Vorwand zu liefern, alles Camouflage für ihr verbrecherisches Geschäft.

  • E
    EuroTanic

    Die heutige Schulmedizin kann man komplett abschaffen. Ärzte und Pharma töten mehr Menschen als sie retten. Abgesehen von der Unfallchirurgie. Anstatt die Menschen gesund zu ernähren und zur Bewegung anzuleiten wird lieber Giftmüll in die Menschen verklappt. Heute wird mehr Geld für schädliche "Medizin" aussgegeben als je zuvor, vor allem in Deutschland die Weltmeister im Pillenschlucken sind. Und es gibt mehr kranke und Tote als je zuvor. Im übrigen ist der Unsinn mit der längeren Lebenserwartung ein plumper Statistiktrick. Einerseits leben die Menschen heute "scheinbar" länger, weil die Kindersterblichkeit geringer ist. Ausserdem sagt die Lebenslänge nichts über Lebensqualität aus usw.

  • E
    Eva

    Und ein schon wieder ein Baustein einer allumfassenden VS-Amerikanisierung unseres ganzen Lebens: Alle Lebensäußerungen zählen, kategorisieren, computerisieren, standardisieren, pathologisieren, kommerzialisieren ...

    Und dann abkassieren.

    Und keiner merkt - und keiner will merken -, dass, wenn man einen Menschen in eine Schublade steckt, man jede Begegnung mit ihm vermeidet, dass man ihn seiner Würde und seiner Individualität beraubt. Dass man ihn dann nicht VERSTEHEN kann und dass man ihm nicht helfen kann.

    Aber darum geht es ja wohl auch nicht.

    Es geht um's Abkassieren.

  • W
    womue

    Fehlt doch eigentlich nur noch, daß Menschen mit einer amtlich diagnostizierten psychischen Fehlentwicklung auf keinen Fall an demokratischen Wahlen teilnehmen dürfen. Wohin soll das denn führen, wenn man das Schicksal der ganzen Gesellschaft zum Spielball psychopathischer Irrgeister werden läßt? Also etwa, wenn jemand, dem es im realen Kapitalismus rundum gut geht, dennoch besserverdienenden linken Schaumschlägern hinterher läuft. Das kann man doch nur als chronischen Realitätsverlust bezeichnen oder? Das größte Problem dabei ist, daß alle Psychopharmaka, egal wofür oder wogegen sie wirken sollen, dumm machen und dazu die Konzentrationsfähigkeit auf Dauer vermindern. Deutschland macht sich dumm. Und die Nervenärzte lachen sich darüber reich.

  • T
    Trampshining

    Es werden schon jetzt Millionen Menschen mit Psychopharmaka demobilisiert. Die "Schöne Neue Welt" von Huxley wird immer realer. Kombiniert mit Orwells "1984", mit dem "Terroristen" als immer währendes Feindbild und der beabsichtigten Verdummung der Menschen.

     

    The New World Order funktioniert.

  • OW
    Oliver Wohlfahrt

    Hier wurde ohne Sachverstand ein Artikel verfasst. Wer etwas Ahnung von Psychiatrie hat weiß, dass eine Anpassung der Diagnosekriterien dringend erforderlich ist, vor allem im ICD-10, um den Krankheitsbildern besser gerecht zu werden. Wie im Artikel anklingt, sind viele Fragen in der Psychiatrie ungelöst, es gilt weiter zu forschen und das Krankheitsmanagement zu verbessern. Ich schlage vor Frau Simon hospitiert für einige Tage in einer psychiatrischen Klinik, um verstehen zu lernen, wie gravierend psychische Erkrankungen eigentlich sind. Frau Simon fördert Vorurteile. Darunter zu leiden haben die Patienten. Diese werden von der Gesellschaft abgestempelt. Dabei sollte der Gang zum Facharzt für Psychiatrie genauso selbstverständlich sein, wie der Gang zum Facharzt für Chirurgie oder Allgemeinmedizin.

  • L
    lares

    "German angst" - Grundtenor dieses Artikels?

     

    Ich als Betroffener einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis wäre nicht so schmerzhaft über viele Jahre ins Bodenlose gefallen, wenn die Diagnose früher gestellt worden wäre. Heute bin ich Befürworter von sog. Psychose-Früherkennungszentren. Denn wer darin frühzeitig begleitet wird, hat die Chance einer gezielten Intervention und somit der langfristigen Abmilderung der Symptomatik. Da mein Verlauf chronisch ist, ermöglichen mir Antipsychotika (Neuroleptika) meinen Alltag. Daher begrüße ich den Umstand, dass unspezifische Symptome der Prodomalphase, d.h. erste auftretende unspezifische Anzeichen einer Psychose noch VOR deren Ausbruch nun detailliert in den Katalog aufgenommen werden. Wie bereits erwähnt, ich hoffe, Betroffenen würde damit eher geholfen.

  • AO
    Anna O.

    Ein interessanter Artikel, vielen Dank! Jedoch sollte eins nicht vergessen werden: Eine mögliche Diagnose für Symptome heißt nicht, dass diese behandelt werden müssen. Ich gehe ja nicht zum Psychiater, wenn ich das Gefühl habe, dass mit mir alles in Ordnung ist. Sie heißt aber im deutschem System, dass die Krankenkasse ein Behandlung bezahlt, wenn ich diese wünsche.

    Natürlich kann es aber auch negative Effekte haben, wenn mir von außen eine Diagnose aufgedrückt wird, die mich als "krank" beschreibt. Die Frage ist nun, ob ein Buch dieses Dilemma lösen kann oder nicht nur ein verantwortlicher Umgang von Ärzten und Psychologen mit diesem Buch!

  • B
    Braindead

    Alles schön und gut, aber was kann ich von der Fachkompetenz des Autors halten, wenn sie nichtmal DSM-5 richtig Buchstabieren kann?

     

    "Psychiatrie für alle" ein schöne Schlagzeile, dann aber bitter herausarbeiten, wer ein Interesse daran haben könnte mehr Leute in die Psychatrie zu schicken. Viel naheliegender finde ich da Psychopharmaka für alle, möglichst verschrieben vom Hausarzt.

     

    Und zum Schluss der Rundumschlag:

    "In deutschen Arzt-Praxen hat zwar die ICD-Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation Vorrang, doch auch für sie ist eine Neuauflage geplant, die sich an DSM-V orientieren wird. So dauert es nicht lange, bis die neuen Diagnosen in den Behandlungsräumen von Psychiatern auf der ganzen Welt angekommen sind."

     

    Ein paar Belege dafür, dass ICD-11 blind dem DSM-5 folgen wird, wären schon hübsch gewesen.

     

    Die Kritik am DSM-5 mag ja durchaus berechtigt sein, aber die Ungenauigkeiten und Übertreibungen in der taz machen die Zeitung für mich immer unglaubwürdiger und nutzloser.

  • C
    Claus

    "Wurden in der ersten Ausgabe 1952 noch ein paar Dutzend Krankheiten beschrieben, sind es heute 357."

     

    Das mag zwar vollkommen richtig sein, allerdings finde ich diesen Satz im Kontext des Artikels sehr irreführend. Während der Artikel suggeriert, man würde künstlich durch Definitionen neue Kranke schaffen, scheinen diese Zahlen das zu bestätigen. Allerdings war die Psychiatrie ein zu dieser Zeit in den Kinderschuhen steckender Zweig der Medizin, viele Patienten wurden einfach als "verrückt" betrachtet und man hat Homosexuellen mit einem Löffel den Frontallappen umgerührt. Kein besonders aussagekräftiger Vergleich, oder?

     

    Und noch etwas, nicht jedem dem man eine Vorstufe einer Erkrankung zuordnen kann, muss therapiert werden. Das wird auch weiterhin von Arzt und Patient(-enwillen) abhängen, nicht jedem dem man eine Nummer in die Akte schreiben kann muss man gleich Psychopharmaka verabreichen - weiterhin. Menschen mit Diabetes nehmen wir ja auch nicht sofort beide Füße ab ;-)

     

    Ob und was sich wirklich ändert wird die Zeit zeigen müssen.

     

    Grüße, Claus

  • BI
    Bertram in Mainz

    Hier wird mit wissenschaftlichem Mäntelchen eine Zensur der Gedanken und Gefühle praktiziert. Damit sind wir nicht mehr weit vom Orwellschen "Gedankenverbrechen" entfernt. Die Krankheiten gibt es wirklich. Aber die Grenzen zwischen "normal" und "krank" sind willkürlich. Sie spiegeln einfach die gesellschaftlichen Konventionen und Modetrends.

     

    Ich bin kein Anhänger irgendwelcher Verschwörungs-Theorien. Es ist einfach der Zeitgeist, Menschen zu normieren, Abweichungen als Krankheit zu betrachten. Vor allem der alberne amerikanische Optimismus ist zur neuen Quasi-Religion geworden.

     

    Dazu kommt ein unseliger Trend zur übertriebenen Prävention. Damit meine ich nicht die wünschenswerte Vermeidung von Gesundheitsschädlichem. Ich meine die neue Sucht, kleine Abweichungen als Vorstufe oder Indiz für ganz Schlimmes zu betrachten und ganz früh "helfend" einzugreifen.

     

    Es kann wirklich jeden treffen. Vielleicht kümmert sich plötzlich eine Behörde um uns oder um unsere Kinder, weil wir irgendwie aufgefallen sind oder denunziert wurden. Vielleicht werden wir im Alter wirklich etwas im Verhalten abweichend. Dann werden Gutachter, die 1 bis 2 Generationen jünger sind, die ein anderes Wertesystem haben, über unsere Normalität entscheiden. Das kann auch Entmündigung ("Betreuung") bedeuten.

     

    Eine psychische Krankheit kann sich selbst erzeugen. Man hat ein Problem. Also ist man abweichend, nicht normal. Man ist nicht glücklich, bekommt Probleme mit der Umgebung, also psychische Krankheit. Man hat keine wirkliche Krankheit, aber man braucht irgend ein Wort. Sonst kann man sich nicht krank schreiben lassen, bekommt keine Kur, keine Lohnfortzahlung. Also flüchtet sich der Betroffene selbst in die Diagnose einer "psychischen Krankheit". Vielleicht sieht er seine "Krankheit" am Ende gar selbst ein, ist womöglich glücklich, dass er in der Klinik Ansprache und Hilfe bekommt.

     

    Bei den psychischen Krankheiten gibt es etwas, das die Biologie eigentlich nicht kennt, die Urzeugung aus dem Nichts ;-)

  • A
    Amir

    ich als Epilepsie-Patient kann ein Lied von den Medikamenten pfeifen. Ich frage mich seit dem Beginn meiner Krankheit, wie man solche Arzneien auch psychisch Kranken geben kann. Bei einem Medikament (Carbamazepin) habe ich letztendlich einfach sofort Schluß gemacht, da ich nahe am täglich geplanten Selbst mord war. Das diese Medikamente psychisch Kranken helfen sollen, statt sie noch mehr zumindest in ihrem alltäglichen Leben zu schädigen, habe ich mich immer gefragt.

  • R
    Rod

    Der allgemeine Trend in der Medizin ist es, Patienten lieber in die Psycho-Schublade zu stecken, als ihnen zu helfen. Patienten, die an chronischer Borreliose leiden kann man mit einer richtigen Diagnostik und einer Behandlung mit Antibiotika, die ausreichend hoch dosiert lange genug gegeben wird helfen. Doch eine zuverlässige Diagnostik ist teuer. Damit ein Arzt die Symptome einer Borreliose richtig deuten kann, muss der Patient den Verlauf der Beschwerden über den Verlauf mehrerer Jahre hinweg berichten. Weiterhin kommt es auf genaue Details an. Dass passt aber nicht in das Callcenter-Schema der Hausärzte nach dem Motto: "5 Minuten pro Patient, zuhören maximal zum ersten Reizwort, dann die Diagnose aus der Hüfte geschossen." Wer sich so eine schnell-schnell-Abfertigung nicht zufrieden gibt, hartnäckig bleibt oder gar die Diagnose eines Arztes anzweifelt wird in die Psychoschublade gesteckt.

    Hypochondrische Züge, psychosomatische Erkrankung und wenn ein Patient dann noch nicht die Klappe hält bekommt er eine Neurose aufs Auge gedrückt.

     

    Besonders bösartig reagieren Kassenärzte, wenn man sich von Grund auf privatärztlich untersuchen lässt und man dort aufgrund besserer Diagnostischer Mittel zu einer anderen Diagnose kommt. Es macht einen gravierenden Unterschid, ob man zur Diagnose nur einen unzuverlässigen Schnelltest für 30 Euro einsetzt, weil der von der Kasse bezahlt wird, oder ob ein Arzt die Freiheit hat einen genauen und zuverlässigen Test für 500 Euro zu machen.

     

    So einfach macht sich das die Medizin. Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass man als Kassenpatient überhaupt nicht mehr zum Arzt gehen sollte. Wenn man an einer Erkrankung leidet, deren Diagnose und/oder Behandlung zu schwierig und zu teuer ist, dann wird man kurzerhand zum Deppen erklärt. Nur noch wer an einer Erkrankung leidet, die so offensichtlich ist, dass sie kein Arzt leugnen kann bekommt als Kassenpatient eine Behandlung. Und um auch die Zahl dieser Patienten zu drücken, wird erst garnicht mehr untersucht. Beispiel Rückenschmerzen: Hier höre ich von Patienten neuerdings, dass gar keine Röntgenbilder mehr gemacht werden. Man lässt die Patienten kurzerhand im Ungewissen, diagnostiziert überhaupt nicht und behandelt sofort psychosomatisch.

    Genauso sieht es auch bei Tinnitus nach einem Hörsturz aus. In den 90ger Jahren bekamen Patienten sofort eine Infusionstherapie. Heute behandelt man das überhaupt nicht mehr und wer hartnäckig bleibt wird zum psychosomatischen Deppen erklärt.

     

    Psychatrie als Universalhammer! Und für den, der so einen Hammer hat, wird jedes Problem zum Nagel.

  • S
    systemix

    Den Therapeuten in den USA scheint es wirtschaftlich wohl sehr schlecht zu gehen, während in Deutschland kaum ein Therapeut auf die Idee käme sich zusätzlich Klienten zu verschaffen - sofern es sich um einen seriösen Fachmann handelt. Die Wartezeiten sind besonders im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie unerträglich lang.

     

    Außerdem wird durch die Beteiligten an dem Projekt DSM - V der Krankheitsbegriff völlig auf den Kopf gestellt. Die systemische Therapie kennt ein völlig anderes Bewertungsverfahren. Die in dem Artikel beschriebenen Lebenszustände werden dabei nicht als Erkrankung begriffen, sondern als ein Problem, welches durch das Beschreiten eines anderen Lösungsweges gelöst werden kann. Dazu gehört die Vorstellung, dass das Vermögen ein psychisches Problem selbst zu lösen in dem Menschen bereits vorhanden ist.

    Paul Watzlawick hat dazu einiges veröffentlicht.

     

    Selbstverständlich sind schwere psychische Erkrankungen gezielt zu behandeln um dem Leidenden zu helfen. Aber eine Psychiatrisierung der Gesellschaft führt zu neuen Entschuldigungsmustern. Das Zappelphilipp-Syndrom ist die klassische Ausrede für ein Kinderverhalten, welches schweren Erziehungsfehlern seitens der Eltern geschuldet ist.

    Getreu dem Motto: wenn sich das Kind in der Schule wie die Axt im Walde benimmt, durch gemeingefährliches Verhalten auffällt, dann hat es entweder ADHS oder ist hochbegabt und wird nicht richtig gefördert.

  • N
    Neo

    "Der eingebildete Arzt"

    Buch und Filmtipp. Vergebung von Stieg Larson

     

    Neo, die Unbestechlichen

  • A
    arribert

    Wenn wir alle ein bisschen bescheuert sind, fallen die wirklich "bescheuerten" gar nicht mehr auf, dann ist der Wahnsinn Normalität. Das hat doch auch was!

     

    P.S. Pharmaaktien kaufen!

  • A
    alex

    hallo,

    Ich lebe zur Zeit in New York, nehme Psychopharmaka seit 10 Jahren. Aber wie hier mit Medikation umgegangen wird, ist so wie im, wie im.... Fernsehen. Es gibt ja auch Werbung fuer Antidepressiva und Ritalin im Fernsehen.

     

    Als jemand, der die TAZ vor 2 Jahren (also vor meinem USA-Aufenthalt) NIE las, und der jetzt fast zum Sozialismus uebergewechselt ist, meine kleine laienanalyse der Pharmakopolitischen (ja!) Lage hier:

     

    Kapitalismus in dieser Form, als radikale Leistungsgesellschaft, in der einem den ganzen Tag Bilder von gluecklichen, erfolgreichen Plastikmenschen um die Augen gehauen werden (haben SIe ihr volles sexuelles POTENTIAL schonerreicht?), werden ja logischerweise ganz viele ganz ungluecklich, weil sie wissen, das sie niemals glueckliche, erfolgreiche Plastikmenschen sein koennen. Deswegen nehmen sie Medikamente, weil die machen ja schnell gluecklich (Psychtherapie koennen sich hier nur erfolgreiche neurotiker leisten, die sich eigentlich mit dem gaga-gluecks-gegeile hier schon arrangiert haben. Und die vielen Medikamente machen reich, irgendwen, bzw. nicht irgendwen, sondern warscheinlich einen der top 10% der bevoelkerung, die 80% des gesamtkapitals besitzen(also:pharmakonzerne.

     

     

    uebrigens: ich leide NICHT an paranoia. leider.

  • S
    sonstwer

    trotzdem habe ich ne diagnose ADHS und das ist einfach mal kein Witz, damit zu leben. mag sein, dass es bei anderen nicht so ausgeprägt ist, es ist einfach da in meinem leben - 24 stunden am tag.

  • B
    Bitbändiger

    Hervorragender Artikel, der die schon seit vielen Jahrzehnten über den "großen Teich" schwappende Entwicklung bei der weitgehenden lukrativen Psychatrierung immer größerer Bevölkerungsgruppen zutreffend beschreibt. Davon abgesehen, dass in der Species "Psych-iater/-oanalytiker/-ologen" der Prozentsatz an (leider nur in wenigen Einzelfällen nachweisbarer) Scharlatanerie besonders hoch sein dürfte, ist nicht von der Hand zu weisen, dass vieles mittlerweile kostspieligst "behandelt" wird, das früher mit einem kräftigen aufmunternden Tritt in den Allerwertesten oder durch Verpflanzung des/der "Leidenden" in ein gesellschaftliches Umfeld, in dem täglich ums Überleben gekämpft werden muss und für's Suhlen im Selbstmitleid keine Zeit bleibt, behoben worden wäre. (Selbstverständlich gibt es auch objektiv behandlungsbedürftige Psychosen und Neurosen. Aber die würden das gewaltige Heer der Psychoklempner bei weitem nicht ernähren.)

     

    Bleibt die vage Hoffnung, dass die Politik (aber wer bloß?) es schafft, der Lobby ausnahmsweise mal zu widerstehen.

     

    Übrigens, liebe Frau Simon: "Hypokratisch" ist eine interessante Wortschöpfung, könnte in etwa "unter-regiert" bedeuten. Das von Ihnen sicher gemeinte Adjektiv "hippokratisch" geht auf den ollen griechischen Arzt Hippokrates zurück, auf dessen Berufsethos die Approbanden heutzutage immer noch einen (häufig leider Mein-) Eid schwören müssen.

  • D
    Doppelbonus

    Wenn sich das rumspricht muss ja jeder davon ausgehen das er von Geisteskranken umgeben ist die nur darauf warten bei ihm eine Geisteskrankheit ausfindig zu machen, um ihn zu einem der gefürchteten Psychater zu schicken.

    Dann hätte jeder schon mal Paranoia und Psychater-Phobie als Startguthaben.

  • HS
    Hans Siekmann

    Ich bin jetzt 55 Jahre alt. Als 3-15 jähriger dachte ich alle seien krank. Von 15-35 dachte ich wäre krank. Von 35-50 hielt ich mich mit vermutungen zurück. jetzt weiß ich mindestens 97% der Menschheit sind krank.

    Aber wenige sehen ein, dass sie sich ändern sollten, wenn sie dazu in der Lage sein sollten. Noch weniger probieren es. Noch weniger schaffen es.

    Seit 100erten von Generationen haben wir falsch gelebt.

    Ergebnis ist diese unsere beinahe zerstörte Umwelt. Diese Umwelt ist geradezu ein Spiegel unseres Selbsts.

    Umkehr tut bitter Not. Jetzt. sofort. Und nicht erst herum reformieren am Desaster. Radikale Wechsel müssen sofort her.

  • GK
    Götz Kluge

    Die klassifizierung psychischer Erkrankungen ist aus Sicht des europäischen Arbeitsschutzes insofern interessant, als dass diese Erkrankungen zunehmen und bei unzulänglichem Arbeitsschutz zu Haftungsansprüchen von Arbeitnehmern gegen Arbeitgeber führen können. Das Thema der "psychisch wirksamen Arbeitsbeitsbelastung" ist aber leider für die TAZ wohl nicht so interessant, wenn man die bisherige Berichterstattung daraufhin abklopft. In der Arbeitswelt ist das jedoch eies der heißesten Themen.

  • AA
    Alfons Alias

    Wenn eine kranke Gesellschaft Normalität zur psychischen Krankheit erklärt ist das eine fragwürdige Definition von Krankheit und führt zur Anpassung an eine kranke Gesellschaft mit psychologischem Druck oder Psychopharmaka, die Freiheit des Individuums ist dann nur noch eine Pseudofreiheit. Kinder mit ADHS werden nicht als Menschen mit natürlichen Eigenschaften verstanden, sondern als krank erklärt und mit entsprechenden Mitteln und Methoden in eine kranke Gesellschaft gepresst. Die Folge sind dann später Depressionen.

    Das Problem ist, wer weiss dann noch was normal ist, weil der Individualität kein Raum mehr gelassen wird oder nur noch auf kleine Bereiche ausgelebt werden kann und der wird dann auch noch durch Manipulation, Werbung, beeinflusst.

  • P
    Psychotiker

    Bei mir hat es viele Jahre des Leids gebraucht, in denen ich weder mich selbst noch meine Umwelt verstanden habe, bis man bei mir die richtige Diagnose "paranoide Psychose" gestellt hatte. Und ich war schon sehr früh bei einem Psychiater, der die Krankheit damals aber noch nicht erkennen konnte. So schleppte ich mich danach für fast fünf Jahre durch meine Stadt und mein Leben, bis ich endgültig zusammengebrochen war und mich freiwillig einweisen ließ. Da war es dann aber auch schon fast zu spät, denn die Krankheit hatte sich chronifiziert. Ich werde mein Leben lang Tabletten schlucken müssen und bin in meinem Leben, beruflich wie privat, doch sehr eingeschränkt.

     

    Natürlich kann man mit diesem neuen Klassifikationsverfahren auch Schindluder betreiben. Aber wieviel Leid, wieviele Chronifizierungen von psychischen Krankheiten oder durch diese bedingte Selbstmorde kann man mit einem feineren Meßverfahren nicht auch verhindern, wenn man die Vorzeichen einer beginnenden Psychose vielleicht schon in der Pubertät erkennt, wo man bisher immer erst bis zum totalen psychischen Zusammenbruch warten mußte, bis die Diagnose offensichtlich war?

  • G
    guntherKummerlande

    Was ist eine psychische Erkrankung?

    Was ist eine für die Gesellschaft unangenehme

    Verhaltensauffälligkeit?

    Was ist eine Verhaltensabnormität?

    Ist ein bestimmter Grad an Verhaltensabnormität

    nicht auch ein Zeichen individueller Freiheit

    in der Gesellschaft?

     

    Wie stark spielen Pharmainteressen/- quacksalber bei

    der Formulierung des DSM eine Rolle ( Offenlegung

    der Verstrickungen mit Autoren des DSM unbedingt

    benötigt)?

    Legt die Gesellschaft noch selbst die sozialen

    Regeln für Bedürftigkeit, Krankheit,

    Entmündigung fest oder sind es heute

    vielmehr die Pharmaindustrien, ÄrztInnen-Eliten?

    Eliten haben immer das Bestreben, Menschen

    die so ähnlich sind, wie sie selbst zu fördern

    und Widersacher in die Bedeutungslosigkeit

    zu verdrängen ( Stichwort: Patientenklagen

    auf Schadensersatz- mit Entmündigung beantwortet? ).

    Wie wehrhaft ist unsere Gesellschaft gegenüber

    bürokratisch regulierender Entmündigung und

    Teilung der Gesellschaft durch Eliten gesteuert?

    Können derartige Entscheidungsträger,

    die selbst durch starke Auslese-

    mit feministischer und technokratischer Begünstigung- überhaupt Ihre berufliche Perspektive vom

    "eigenen" Leistungsanspruchdenken trennen?

    Nur das chronische Leiden der Menschen,

    das mit hirnphysiologisch nachteiligen und krankhaften

    Veränderungen einhergeht, sollte behandelt werden.

    Die Gesellschaft muss für die facettenreichen

    Talente und Stärken-/Schwächenprofile der Menschen

    geeignete Trainingsprogramme und Berufsanstellungsprofile anbieten, damit jeder Mensch sich

    nach seinen Kräften und Interessen entsprechend

    entwickeln kann. Menschen die in der Interaktion

    mit anderen Menschen Konzentrationsdefizite zeigen, sollten einen anderen Weg zum Wissenserwerb offeriert bekommen und ihr Sozialverhalten dennoch trainieren usw. Viele Probleme resultieren letzlich

    aus der Inflexibilität für verschiedene Menschentypen

    geeignete Wege in Bildung und Beruf bereitzustellen und darauf, dass den Familien zu wenig Zeit

    für sich selber bleibt.

    Auch gibt es an Kindergärten und Schulen bis heute

    nicht nur kein Traumaverhinderungsmanagement für

    SchülerInnen und LehrerInnen, sondern auch kein Zuwendungsmanagement!

    So lernen die Kinder von Anfang an, dass es verpönt

    ist, eine menschliche Gesellschaftskultur zu pflegen.

    So wachsen wir in einer Welt mit unechten und

    wenig belastbaren, zwischenmenschlichen Beziehungen auf und ersetzen die fehlende Liebe durch

    Entscheidungsmacht gegenüber denen die auf

    der Hühnerleiter tiefer sitzen und einmal zuviel

    Pech gehabt haben.

    Schluss mit der wissenschaftlichen

    "Verkrankung" der Gesellschaft, sondern

    Abstellen der sozial noxischen Umweltbedingungen!

    Ein Handbuch darüber wäre heute wirklich sinnvoll.

  • I
    insasse

    na ist doch wunderbar, aber bitte mit der Auflage, dass andere, die diese willkürlichen Kriterien gegen Bürger anwenden wollen, erst selbst auf ihren Geisteszustand geprüft werden:

    Mit der Folge, dass dies das ''Aus'' für zahlreiche staatlichen Behörden bedeutet.

  • F
    FBM

    Ist das ausgewogene Berichterstattung?

  • L
    Letterman

    Cool! Hört sich an, als könnte ich in Zukunft ungestraft jeden Scheiß anstellen. Wie die meisten anderen Leute wahrscheinlich auch.

  • A
    April

    Ein ausdifferenziertes Diagnose-System ist insofern durchaus sinnvoll, als es den Zugang zum Versorgungssystem erleichtert: Momentan läuft es nämlich noch so, dass z.T. Personen mit hohem Leidensdruck dennoch durch die Krankenkassen keine Therapie bewilligt bekommen, wenn sie die Kriterien einer krankheitswertigen Störung nicht voll erfüllen - dem versucht man durch feinere Diagnosen zu begegnen.

     

    Und aller Kritik am DSM kann man schlussendlich entgegenhalten, dass für das deutsche Therapiesystem allein die ICD maßgebend ist. Was auch immer die APA beschließt, einen Therapie-Antrag muss man immer noch mit ICD-Diagnose stellen!

  • Z2
    Zyniker 2

    Jo, war doch klar dass so was auch noch kommen mußte.

    Jetzt können die alle die bei den kommenden Unruhen auffällig werden als psychisch krank in irgendwelche Anstalten abschieben oder sie unter Medikamente setzen. Ein weiterer Baustein im Aufbau des Fschismus und der Unterdrückung der freiheitlichen Demokratie. Erst die Arbeitslosen Hartz 4ler und dann die die Wiederstand leisten. Und wenns zu viele werden, gibts betreute Wohnstätten. Gut, das sind irgendwann Barrackensiedlungen mit eigenem Artzteam und Stacheldraht drumrum. Aber alles zum Wohl der Bürger.

    Ganz nebenbei kann sich die Pharmalobby noch reicher machen. Passt aber vom Stil her zur Sicherungsverwahrung und zum Verbot diverser Tätigkeiten für Hartz 4ler. Was wird die nächste Gruppe sein denen die Bürgerrechte und Verfassungsrechte aberkannt werden.