: Krampf im Kopf
Graue Initiative beleidigt bunten Monat Mai
O Mai, o Mai, du machst uns frei und glücklich, glücklich, glücklich. Bist du doch der schönste aller Monate und der kämpferischste, da es schon an deinem ersten Tag teuflisch abgeht wie Luzi. Und sang nicht einst Marlene Dietrich mit Blick auf die blühenden Rotdorne ihres Berliner Heimatbezirks und mit dem Geschmack des ersten Kusses auf den Lippen: „Das war in Schöneberg / Im Monat Mai.“ Wenn alles blüht und erst recht die Liebe, dann bist du da – Mai, der Frühlingsmonat schlechthin. Umso schlechter, was wir gestern in einer erschütternden Pressemitteilung der Initiative „Gute Nacht Wadenkrampf“ lesen mussten: „Wadenkrampf-Monat Mai macht auf das Leid der Betroffenen aufmerksam.“ Nie, nie, nie zuvor bist du, o Wonnemonat, derart beleidigt worden! Wadenkrampf-Monat Mai! Das klingt nach grauen Stützstrümpfen, nach ungeküssten Waden, nach schmerzensreicher Novembernacht. Da wird dir kurzerhand von einem medizinischen Unternehmen aus finanziellen Gründen ein arges Leiden übergestülpt, das dir gar nicht passt. Wadenkrämpfe sind etwas für Winterjammerer, aber doch nicht für Frühjahrsunbeschwerte. Mai, du bist der Mond der Paradiesvögel und Goldregen. Wer das nicht erkennt, hat nichts als einen harten Krampf im Kopf.
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