■ Kränkender Gefrierbrand: Außen Toppits, innen Frauenverachtung
Stockholm (taz) – Während der allseits bekannte „Rasurbrand“ eher das starke Geschlecht den nächtlichen Schlaf raubt, läßt der „Gefrierbrand“-Schrei, der allabendlich schreckerregend aus der Glotze hallt, tagtäglich jeder braven Hausfrau eiskalte Schauer über den Rücken jagen. Da hat frau brav ihre Hausarbeit getan, der holde Ehemann ruft gerade aus dem Büro an und sagt Bescheid, daß er in fünf Minuten mit seinem Chef nach Hause komme.
Und dann das, was das bessere Stück der Familie natürlich völlig zu Recht stocksauer machen muß: Die Frau hat ausgerechnet bei der Plasteverpackung gespart und – gerechte Strafe für Markenuntreue – die Billiggefrierbeutel sind geplatzt, das Fleisch ist vom gefürchteten Gefrierbrand befallen. „Frysskadad“ – so heißt das im schwedischen Fernsehen und hallt dort mindestens genauso schauerlich. Darüber hinaus ist es im höchsten Maße frauendiskriminierend.
So hat zumindestens jetzt der „Ethische Rat gegen geschlechtsdiskriminierende Reklame“ (ERK) entschieden und damit Melitta einen kräftigen Rüffel erteilt: Man könne zwar nicht unbedingt erwarten, daß Reklame an der Spitze der Gleichberechtigung Zeichen setze, so die ERK-Vorsitzende, aber das, was Melitta hier treibe, sei tiefstes Mittelalter der überkommenen Rollenverteilung: „Ein solches Bild der Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau in der Familie zu geben – er macht Karriere, sie hat das Essen zu machen –, ist unzeitgemäß und kränkt gleich beide: Mann und Frau.“
Der ERK prangert einmal im Jahr die Reklame an, die man für besonders geschlechtsdiskriminierend hält. Melitta hat jedenfalls das gar nicht einfache Kunststück geschafft, als diskriminierend für beide Geschlechter gebrandmarkt zu werden.
Neben Melitta wurden diesmal noch zwei einheimische Werbekampagnen verurteilt, die einen nackten Mann bzw. eine nackte Frau als Blickfang verwenden, ohne daß deren Nacktheit auch den geringsten Bezug zum verkauften Produkt hätte. Reinhard Wolff
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