: Krämer-Abschied in Ehren
■ Schauspielleiter geht: Senator dankbar, Günter Krämer im Grunde auch
„Unter den privatwirtschaftlich orientierten Strategien der Gewinnmaximierung am Theater sehe ich wenig Möglichkeiten, meine vor drei Jahren begonnene Arbeit fortzusetzen.“ So begründete der Leiter des Bremer Schauspiels, Günter Krämer, daß er Bremen verlassen werden, wenn sein Verlag 1989 auslaufe. Das war im Herbst 1987, nach eineinhalb Jahren Knatsch mit Intendant Tobias Richter. Gestern nun verabschiedete der Senator für Bildungwissenschaftundkunst, Horst-Werner Franke, den Regisseur und sein Ensemble mit einer Dose Ratssilbers und einem feierlichen kleinen Stehempfang im Kaiserzimmer des Ratskellers, und alles klang etwas anders.
Franke, der im Konflikt vermittelt, seinen Intendanten aber auch nicht fallen lassen hatte, sprach Krämer seinen Dank aus und sagte: „Ich will, daß das sehr deutlich gesagt wird: Bremen hat seine Rückkehr auf die national und international anerkannte Bühne Krämer und seiner Mannschaft - und dabei denke ich auch an Thorsten Fischer (dessen Vertrag der Intendant nicht hatte verlängern wollen, U.S.) - zu verdanken.“ Er hoffe, daß die Kette aus „Querelen und Ungeschicklichkeiten“ und Krämers „trübe“ und „belastende“ Erinnerungen allmählich versänken. Er sähe in der letzten Zeit auch weniger Intendantenwillkür. Diese grundsätzlich einzuschränken, etwa
durch Dauerbeschäftigsver hältnisse der Schauspieler, scheine ihm nicht möglich.
Was zunächst Arno Wüstenhöfer, der Intendant, der das Bremer Theater nach dem Theatertod wiederaufgebaut hatte, temperamentvoll bekräftigte. „Wenn ich damals nicht den Mut zur Willkür gehabt hätte, dann wäret Ihr alle gar nicht hier,“ rief er dem Ensemble und Krämer zu.
Der sah die ehemalige Konfliktlage inzwischen humoresk abgeklärt und im Wechsel Positives, auch wenn ihm die Enge der Bremer Innenstadt fehlen würde. Wenn man dort in der Not nächtlichen Heimgangs einen Schrei ausstoße, tauchten allüberall hinter den Fenstern Gesichter auf: Die Kollegen passen auf auf Dich. Auch die Kündigungsbefugnisse des Intendanten mußte er inzwischen selber nutzen, um sein Kernensemble in Köln unterzubringen. Im übrigen: Die Kämpfe in Bremen hätten die Frage gelöst, wie ein Ensemble zusammenzuschweißen sei. Was nicht mehr, wie nach 1968, durch gemeinsame ideologische Ausrichtung zu erreichen sei, habe der Außenfeind besorgt.„Wie ich das in Köln mache, weiß ich noch nicht,“ zynelte er heiter.
Uta Stolle
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