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Krach um Tarifabschluß bewegt Große Koalition

■ SPD wirft Heckelmann vor, nicht genug für Ostbeschäftigte getan zu haben

Angesichts der anhaltenden Kritik auch der Berliner SPD am Tarifabschluß für den öffentlichen Dienst und des angeblich passiven Verhaltens des Innensenators während der Verhandlungen kommen die führenden Politiker der Koalitionsparteien CDU und SPD, Eberhard Diepgen und Ditmar Staffelt, heute abend zu einem Gespräch zusammen. An dem Spitzentreffen wird auch Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) teilnehmen.

Nach Ansicht von Staffelt hat das Verhalten des Innensenators die Beschäftigten in den östlichen Bezirken „erheblich verunsichert“. Ziel müsse es jetzt sein, „durch rasches Handeln wieder Vertrauen zu schaffen“. Bei dem Gespräch müsse „ein sichtbares Zeichen der Großen Koalition für eine Berliner Verhandlungsführung“ gesetzt werden. „Ehrliches Bemühen“ sollte es sein, „einen schnellen Schritt hin zu einer vollen Angleichung der Löhne für die Ostbeschäftigten zu tun“. Der Tarifabschluß sieht dagegen bis Ende 1996 lediglich eine Anhebung der Ostlöhne in zwei Stufen von derzeit 80 auf 84 Prozent des Westniveaus vor.

Genau wie Staffelt forderte auch die ÖTV die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Senat. Nach Angaben der ÖTV sollte die Einkommensangleichung in Berlin „spätestens bis zum Ende der laufenden Wahlperiode im September 1995“ realisiert werden.

Vertreter mehrerer Bundesländer haben den Vorwurf des SPD- Landesvorsitzenden Staffelt bestätigt, wonach sich Innensenator Heckelmann bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst nur ungenügend für eine schnellere Angleichung der Ostgehälter an das Westniveau eingesetzt haben soll. Heckelmann hatte betont, er habe die Senatsforderungen nach einer schnellen Anhebung der Berliner Ostgehälter als Aktennotiz bei der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TDL) hinterlegt.

Dagegen erklärte der Vorsitzende der TDL, der Düsseldorfer Finanzminister Heinz Schleußer (SPD), daß „keine Notiz existiert“ und Berlin auch keine Anträge für Extraregelungen gestellt habe.

Der Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU) hat bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Bonn die besonderen Probleme der Stadt mit dem Tarifabschluß angesprochen. Er wies nach den Worten von Senatssprecher Michael- Andreas Butz energisch darauf hin, daß kein anderes Bundesland für Beschäftigte auf den gleichen Stellen verschiedene Löhne zahle. Dieser Zustand sei für Berlin auf die Dauer nicht tragbar. Berlin wolle mit den anderen Ländern jetzt alle Möglichkeiten ausloten, die der Tarifabschluß biete, sagte Butz. ADN/dpa/taz

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