Krach um Rösler-Reform: Pflege-Feuer aus der CSU

Die bayerische CSU-Sozialministerin zweifelt am Koalitionsvetrag zur Pflegeversicherung. CDU und FDP sind genervt vom "Stänkern" des Regierungspartners.

Hand in Hand arbeitet die Koalition bei der Reform der Pflegeversicherung nicht. Bild: ap

Nach der Gesundheitsreform attackiert die CSU nun auch das nächste Kernprojekt von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP): die für 2011 vorgesehene Reform der Pflegeversicherung. Am Montag bekräftigte die bayerische CSU-Sozialministerin Christine Haderthauer die Bedenken ihrer Partei gegen eine kapitalgedeckte Zusatzversicherung in der Pflege: "Für einen Minimalbeitrag wird sich der Aufwand einer zweiten Säule nicht lohnen", sagte Haderthauer der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Die Koalitionsvereinbarung, die auch ihre Partei unterschrieben hat, müsse in diesem Punkt überdacht werden.

Die schwarz-gelbe Regierung plant, die derzeit umlagefinanzierte Pflegeversicherung durch private Versicherungen zu ergänzen, um dem steigenden Finanzierungsbedarf zu begegnen. Der Aufbau dieses Kapitalstocks müsse "verpflichtend, individualisiert und generationengerecht ausgestaltet sein", heißt es dazu im Koalitionsvertrag. Würde das Vorhaben realisiert, dann wäre - nach der Abkehr von der paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung - auch bei der Pflege der Systembruch besiegelt.

Haderthauer kritisierte, bislang liege kein überzeugendes Konzept dafür vor. Ein Sozialausgleich für Geringverdiener sei kompliziert und bürokratisch, außerdem würden die Arbeitgeber bei Einführung einer Zusatzversicherung aus der Verantwortung entlassen. Der CSU-Gesundheitspolitiker und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union Johannes Singhammer ergänzte: "Natürlich gilt für uns der Koalitionsvertrag. Aber kapitalgedeckt muss ja nicht gleich Prämie sein." Vorstellbar sei ein Versicherungsmodell, bei dem individualisierte Ansprüche angespart würden, ohne dass dies mit einer für jeden Versicherten gleich hohen und daher ungerecht empfundenen Kopfpauschale einhergehe.

Politiker aus CDU und FDP reagierten gereizt auf das neuerliche Störfeuer des Koalitionspartners aus Bayern. "Die Allgemeinweisheiten, die Frau Haderthauer preisgibt, sind nicht sehr weiterführend", maulte der FDP-Bundestagsabgeordnete und Pflegeexperte Heinz Lanfermann. Der CDU-Gesundheitspolitiker Rolf Koschorrek sagte, er sehe "keine Alternative zu der kapitalgedeckten Zusatzversicherung". Die Motivation der CSU, "jetzt dagegen zu stänkern, was sie selbst unterschrieben hat", speise sich aus einem chronischen Beleidigtsein: "Die CSU ist prinzipiell gegen Prämien, kann sich aber nicht durchsetzen."

Der Bundesgesundheitsminister hat bislang jede konkrete Äußerung über Art und Höhe der neuen Belastungen vermieden. Vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg im März, so verlautete aus Ministeriumskreisen, werde es in dieser Frage auch nichts Substanzielles geben.

Für möglich gehalten wird von Experten aus dem Ministerium, dass zwar eine kapitalgedeckte Säule aufgebaut wird, zunächst aber die Beitragssätze der Pflegeversicherung Anfang 2012 erhöht werden, Schätzungen zufolge von jetzt 1,95 Prozent um etwa 0,15 Prozentpunkte. Die Reserven aus der Pflegeversicherung werden spätestens Anfang 2014 aufgebraucht sein.

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