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■ Roter Teppich in Bonn für den chinesischen StaatschefKotau vor Seiner Exzellenz

Jiang Zemin konnte sich gestern bei Helmut Kohl und Roman Herzog in Bonn von der Richtigkeit seiner eigenen Worte überzeugen. „Zufrieden und glücklich“ sei er über das Verhältnis zwischen Deutschland und China, hatte der chinesische Staatschef vor dem Besuch gesagt. Zufrieden und glücklich soll Jiang Zemin Deutschland auch wieder verlassen.

Seine „Sicherheit und Würde“ gelte es zu schützen. 1994, beim Besuch seines Kollegen Li Peng, „wurde das Gastrecht nicht ausreichend beachtet“. Es sei nicht die Zeit für Kundgebungen, „ein gewisser Abstand“ zu Demonstranten müsse im Interesse des Besuchserfolges schon eingehalten werden. So spricht die Bundesregierung, wenn es darum geht, für Chinas Staatspräsidenten den roten Teppich auszurollen.

Schon vor Wochen hat der Bundeskanzler den Besuch Jiang Zemins zur geheimen Chefsache erklärt. Bis zum Ende der vergangenen Woche durfte das Auswärtige Amt weder den genauen Besuchsablauf noch die möglichen Gesprächspartner weitergeben. Auch heute noch blockt das Protokoll alle Informationswünsche ab. Gespräche mit der parlamentarischen Opposition könnten ein Risikofaktor für die ungetrübte Harmonie sein – also werden sie gar nicht erst eingeplant. Einzig Landesvater Rau soll als Feigenblatt für die lebendige deutsche Demokratie genügen. Beim Staatsbankett auf Schloß Augustusburg darf dann noch der eine oder die andere Unzufriedene der Exzellenz aus China artig die Hand geben.

Die nach wie vor katastrophale Menschenrechtssituation in China, der chinesische Gulag, in dem Hunderttausende dahinvegetieren, das alles ist sicher „nicht befriedigend“, muß aber – da ist Kohl fest entschlossen – hinter dem deutschen Interesse am potentiell größten Markt Asiens zurückstehen.

Kohls Geheimdiplomatie, die offensichtlichen Bemühungen der Bundesregierung und ihrer Partner in der deutschen Wirtschaft, den hohen Gast diesmal nicht durch unschöne Protestrufe beleidigt sehen zu wollen, sind beispiellos in der Geschichte von Staatsbesuchen in der Bundesrepublik. Sie stehen in krassem Widerspruch zu den Regeln einer offenen, zivilen Gesellschaft, denen sich – ob es ihnen paßt oder nicht – auch unsere Besucher aussetzen müssen. Kohl aber zieht durch. Sein Kotau vor den chinesischen Machthabern ist umfassend und würdelos. Der chinesischen Demokratiebewegung in ihrem schier aussichtslosen Kampf um mehr gesellschaftliche Offenheit und Freiheit, aber auch unserer eigenen, deutschen Demokratie erweist er mit diesem gesteuerten und zensierten Spektakel einen Bärendienst. Ulrich Fischer

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