: Kosten und Nutzen des Staatsvertrages
■ Die SPD-Fraktion berät über den Staatsvertrag / Finanzminister Romberg (SPD) traf Waigel / 100 Milliarden Mark mehr Steuereinnahmen / Bonn rechnet für 1991 mit 50 Milliarden Mark Neuverschuldung der DDR
Berlin (ap/dpa/taz) In der Fraktion der Sozialdemokraten in Ost-Berlin gibt es offenbar unterschiedliche Auffassungen über den am letzten Wochenende ausgehandelten Staatsvertrag. Vor der Präsidiumssitzung der Partei am Montag mittag sagte der Fraktionsvorsitzende Schröder, man habe „ein beachtliches Paket von Erfolgen und Kompromissen erzielt“. Wirtschaftsexperte Bogisch allerdings wies auf Mängel hin und stellte klar, daß seine Partei an Verbesserungen für sozial Schwache und Rentner festhalten will. Bogisch sagte weiter, seine Partei sei bei den Eigentumsfragen zu Kompromissen bereit. Bislang sind sie aus dem Staatsvertrag ausgeklammert worden. Den Mitgliedern der Fraktion war der von den Experten am Wochenende fertiggestellte Entwurf bis gestern nachmittag nicht bekannt. Heute soll nun über den Entwurf beraten werden und für Donnerstag ist eine erste Debatte in der Volkskammer angsetzt. Nach Rombergs Angaben betrug die Netto-Auslandsverschuldung der DDR gegenüber westlichen Ländern Ende März 27,2 Milliarden D-Mark. Auf 247,5 Milliarden DDR-Mark beziffert er die Verschuldung der DDR-Wirtschaft im eigenen Lande. Krause hatte im Parlament zum Teil höhere Zahlen genannt. Die Wirtschafts- und Währungsunion mit der DDR wird laut Angaben des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesfinanzminister, Friedrich Voss, nach überschlägigen Berechnungen für die öffentlichen Kassen in der Bundesrepublik bis 1993 Steuermehreinnahmen von mehr als 100 Milliarden Mark bedeuten. Voss verwies auch auf Schätzungen der Wirtschaftsforschungsinstitute, nach denen die Währungsunion einen weiteren Nachfrageschub von 35 bis 40 Milliarden Mark auslöst. Zusätzlich entfallen laut Voss auch die heutigen Kosten der Teilung Deutschlands in Höhe von jährlich knapp 40 Milliarden Mark. Wichtigste Posten seien dabei die Berlin - und Zonenrandförderung sowie die direkten Leistungen an die DDR. Zur Sollseite der Vereinigungsbilanz zählte Voss die Absicherung der öffentlichen Haushalte der DDR. Bei noch sehr unsicherer Datenlage rechne die Bundesregierung im nächsten Jahr mit einer Neuverschuldung der DDR von rund 50 Milliarden Mark. Danach werde der Kreditbedarf erheblich geringer. Hinzu kämen auf der Sollseite die Anschubkosten für die neuen Sozialversicherungen sowie gezielte Maßnahmen der Wirtschaftsförderung.
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