■ Kosovo: Nur eine Intervention kann die Gewalt noch stoppen: Vorkriegszeit
Die derzeitige Lage im Kosovo ähnelt der Vorkriegszeit in Bosnien-Herzegowina. Seit dem Wochenende ist der schwelende Konflikt zu einem offenen Feuer geworden, der zu einem Flächenbrand werden kann. Nach den Schüssen der albanischen Untergrundorganisation und der brutalen Antwort der serbischen Sicherheitskräfte spüren alle, daß eine gewaltsame Auseinandersetzung unausweichlich wird, wenn es nicht zu einer politischen Lösung kommt.
Doch wie soll diese aussehen? Für die albanische Bevölkerungsmehrheit ist das Leben in dem von Serbien aufgezwungenen Apartheidstaat unerträglich geworden. Angesichts der täglichen Unterdrückungen wollen und können die Menschen nicht mehr so weitermachen wie bisher. Die Unabhängigkeit des Landes wird gefordert, die äußerste Kompromißlinie stellt der Status einer autonomen Provinz in Restjugoslawien dar, jedoch nur dann, wenn die internationale Gemeinschaft als eine Art Protektor auftritt.
So etwas lehnen alle politischen Kräfte in Serbien kategorisch ab. Manche Kräfte in Serbien hoffen noch auf den Erhalt des Status quo. Andere setzen auf die offene Konfrontation, „um das Problem für alle Zeiten zu erledigen“. Der hochgerüstete Sicherheitsapparat aus Armee, Polizei und Spezialeinheiten läßt bislang beide Optionen zu. Die Existenz der Untergrundorganisation UCK, die Demonstrationen von Zehntausenden von albanischen Jugendlichen und die geplanten (Untergrund-)Wahlen bieten viele Möglichkeiten, weitere Repressionen zu provozieren.
Der jüngste Vorschlag der serbischen Opposition, das Land zwischen Albanern und Serben aufzuteilen, provoziert wiederum die Kosovo-Albaner. Er zeigt, daß die serbische Seite nicht an den früher so hochgehaltenen Kultstätten der orthodoxen Kirche interessiert ist, sondern an den Bodenschätzen – Kohle, Erze und vermutete Erdölquellen. Daß dann Hunderttausende von Menschen umgesiedelt werden müßten, ist für die Albaner unannehmbar.
So bleibt, trotz der serbischen Einwände, nur die Intervention von außen. Die diplomatischen Mittel, die deutsch-französische Initiative oder die US-amerikanischen Vermittlungsbemühungen reichen nicht mehr aus, einen politischen Kompromiß herbeizuführen. Weder die USA noch die Staaten der EU sind bisher bereit, offen als „Protektoren“ aufzutreten. Dazu müßte man Nato- oder UN-Truppen ins Land bringen. Wer aber ist in der Lage, präventiv, vor dem Krieg oder dem großen Massaker, zu handeln? Zu fürchten ist, niemand. Erich Rathfelder
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