Korruptionsvorwurf beim Hilfswerk: Kolping-Drama, nächster Akt
Mitglieder der Kolpingstiftung Paraguay werfen dem Kolpingwerk vor, Korruption zu vertuschen. Sie selbst seien zu Aussagen genötigt worden. Das Kolpingwerk streitet alles ab.
BUENOS AIRES taz | Der Skandal um die veruntreuten Gelder beim katholischen Kolpingwerk in Paraguay erhält eine neue Wendung. Zwei Mitglieder des Vorstandes der Kolpingstiftung Paraguay (FUKOLPA) erheben schwere Vorwürfe gegen das Kolpingwerk in Deutschland. Sie sollen dazu genötigt und erpresst worden sein, der Entlassung der früheren Geschäftsführerin der Stiftung in Paraguay, Brigitte Fuzellier, zuzustimmen.
Vor einem Jahr erregte Fuzellier erhebliche Aufmerksamkeit damit, dass sie ihren Amtsvorgängern Korruption vorwarf. So sollen zwischen 2002 und 2007 bei einem Neubau eines Stiftungshauses über eine Million Dollar deutsche und europäische Entwicklungsgelder hinterzogen und durch gefälschte Schecks Zahlungen fingiert worden sein.
Vom Entwicklungsministerium BMZ und der EU hatte die Kolpingstiftung bis 2007 rund 1,4 Millionen Euro bekommen. Die taz berichete im August 2010, beim Bau eines Berufsbildungszentrums in Paraguay seien möglicherweise hunderttausende Euro veruntreut worden. Fuzellier beschuldigte zudem das Kolpingwerk Deutschland, in den Fall verwickelt zu sein und ihn darum zu verschleppen.
Die Kolping-Spitze in Köln bestreitet sämtliche Vorwürfe und erstattete ihrerseits Anzeige gegen die streitbare Geschäftsführerin. Ende September 2010 wurde Fuzellier nach einer Entscheidung des Vorstandes der Kolpingstiftung Paraguay fristlos entlassen und ohne Abfindung vor die Tür gesetzt.
"Satzzungskonform und beglaubigt"
Vergangene Woche erklärten nun die beiden Vorstandmitglieder Vicente González und Teodosio Cubilla: "Vor fast einem Jahr beugten wir [...] uns den Drohungen, Nötigungen und der Erpressung des Geschäftsführers der SEK, Herrn Hans Drolshagen, und haben eingewilligt, Dokumentationen zu unterschreiben, die zur Entlassung der damaligen Geschäftsführerin der FUKOLPA Frau Brigitte Fuzellier geführt haben."
Auf Anfrage der taz wies der Vorsitzende von Kolping International, Hubert Tintelott, alles zurück: "Sämtliche Änderungen in der Satzung und Umbesetzungen im Stiftungsvorstand der FUKOLPA im vergangenen Jahr erfolgten satzungskonform und sind notariell beglaubigt. Wir weisen jeden Vorwurf entschieden zurück, dass dies durch Drohungen, Erpressungen oder Nötigung erfolgte." Zu seinem Mitarbeiter Hans Drolshagen und dem Geschäftsführer der FUKOLPA, der Fuzellier in Paraguay nachfolgte, Olaf von Brandenstein, habe die Kolping-Zentrale (SEK e.V.) "volles Vertrauen".
Auch gegen von Brandenstein erheben die beiden Vorstandsmitglieder González und Cubilla schwere Vorwürfe. Unter anderem soll er sich nicht an die Satzungsvorschriften der Stiftung halten und wichtige Posten mit seiner Ehefrau und Freunden besetzt haben. Von Brandenstein weist dies zurück. "Mein Management-Team, zu dem auch meine Ehefrau gehört, zählt von Beginn an auf das Einverständnis des SEK e.V., der uns unter Vertrag genommen hat, nicht FUKOLPA; weshalb wir auch keinerlei Honorare oder Gehaltszahlungen von FUKOLPA erhalten," so von Brandenstein.
Der Kolping-Vorsitzende Tintelott bestätigt von Brandensteins Personalpolitik: "Weitere Mitarbeiter seiner Kanzlei - darunter auch seine Ehefrau - werden zeitlich befristet beschäftigt". Auffällig unklar bleibt dabei, warum von Brandenstein behauptet, beim Kolpingwerk und nicht bei FUKOLPA angestellt zu sein, denn dort er ist ja Geschäftfsührer.
Rätsel gibt auch auf, warum das Kolpingwerk sich damit verteidigt, die Neubesetzung im Vorstand von FUKOLPA sei "notariell beglaubigt". Eine solche Beglaubigung hat schließlich nichts damit zu tun, dass zuvor Druck auf Vorstandsmitglieder ausgeübt worden sein könnte, wie González und Cubilla behaupten.
Von Hans Drolshagen war zu alldem trotz Anfrage keine Stellungnahme zu erhalten.
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