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Korruptionsprozess in SüdafrikaJacob Zuma vor Gericht

Zum Beginn des Korruptionsprozesses gegen den Chef von Südafrikas Regierungspartei eskaliert der Flügelstreit des Afrikanischen Nationalkongress (ANC).

Eine Anhängerin von Jacob Zuma. Bild: reuters

JOHANNESBURG taz Schon in der Nacht versammelten sich Jacob Zumas Anhänger vor dem Gericht in Pietermaritzburg. Als ihnen gestern früh der Präsident des in Südafrika regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) am Montagmorgen bei seiner Ankunft zu seinem Korruptionsprozess zuwinkte, jubelten und tanzten Tausende, denn für sie steht "Comrade JZ" bereits als Präsident Südafrikas nach den nächsten Wahlen 2009 fest. Zumas Anwalt sagte vor Gericht, dass die Anklagen gegen seinen Mandanten "ungesetzlich" seien, denn Zuma habe bisher keine Chance erhalten, im Gericht seinen Fall vorzutragen.

Der 66jährige Zuma, der Ende letzten Jahres in einer Kampfabstimmung bei einem Parteitag gegen Staatschef Thabo Mbeki die Führung des ANC übernahm, wird der korrupten Verwicklungen in ein bisher unaufgeklärtes Waffenhandel der südafrikanischen Regierung beschuldigt; deswegen hatte ihn Mbeki 2005 als Vizepräsident gefeuert. Zuma beteuert seine Unschuld und sieht sich als Opfer einer politischen Verschwörung. Letzte Woche urteilte Südafrikas Verfassungsgericht, Durchsuchungen von Zumas Büro durch die Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang im vergangenen Jahr seien rechtmäßig gewesen und die beschlagnahmten Dokumente könnten vor Gericht gegen ihn verwendet werden. Zumas Anwalt hat dagegen Einspruch eingelegt. Gestern war somit zunächst nicht die Klage gegen Zuma Thema vor Gericht, wie ursprünglich vorgesehen, sondern sein Einspruch.

Der ANC steht hinter Zuma: "Die Strafverfolger haben Einzelheiten ihrer Untersuchungen vor dem Prozess in der Öffentlichkeit bekanntgegeben", kritisiertee Kalema Motlanthe, stellvertretender ANC-Präsident. Er sei bereits vorverurteilt worden. Seit Zumas Wahl zum ANC-Präsidenten kurz vor seiner Anklage im Dezember 2007 weht ein neuer Wind im ANC. Viele Zuma-Anhänger wurden mit ihm in die neue Parteiführung gewählt.

Die immer offener ausgetragene ANC-Krise veranlasste jetzt sogar Nelson Mandela, moralische Symbolfigur Südafrika, bei seinen Feiern zum 90. Geburtstag am vergangenen Wochenende zu mehr kollektiver Führung und Rückbesinnung auf das Erbe der Befreiungsbewegung aufzurufen. Auf Zumas Seite steht die mächtige ANC-Jugendliga und die linken Allianzpartner wie Südafrikas Kommunisten, die zugleich Mbekis zentralistische Politik und seine Rolle in der Krise in Simbabwe immer lauter kritisieren. So sorgte der neugewählte ANC-Jugendliga-Chef Julius Malema kürzlich in einer Rede an seine Mitglieder für Unruhe mit dem Aufruf "Wir sind bereit, für Zuma zu töten". Dieser Ausspruch wurde kurz danach von Velinzima Vavi, Chef des südafrikanischen Gewerkschaftsdachverbandes Cosatu, wiederholt - zum Ärger der Menschenrechtskommission Südafrikas. Die Jugendliga sprach sich am Wochenende für einen Rücktritt Thabo Mbekis als Präsident und vorzeitige Neuwahlen aus: Es sei merkwürdig, dass nur Zuma angeklagt werde, wenn andere hochrangige Politiker wie Mbeki nicht vor Gericht in Zusammenhang mit dem Waffengeschäft erscheinen müssten.

Auch die Kommunistische Partei hat Mbekis Absetzung Mbekis gefordert, und Cosatu bemängelt Probleme mit der "Konzentration der Macht". "Entscheidungen werden ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft getroffen", sagt Cosatu-Sprecher Patrick Craven. "Eine Debatte ist nicht möglich, denn Mbeki hat Opponenten an den Rand gedrängt. Die neue Führung unter Zuma ist viel offener und wir können jetzt als Allianzpartner mehr Druck auf die Mbeki-Regierung ausüben", meint er und hofft auf eine stärker sozial ausgerichtete Wirtschaftspolitik unter Zuma.

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1 Kommentar

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  • BW
    Bark Wind

    Auf eine noch viel gewichtigere Anklagebank, nämlich für "crimes against humanity", gehören Entscheidungsträger deutscher Firmen, die vor einigen Jahren scheinheilig, eigennützig und zum Schaden von Millionen Menschen in Südafrika (wg. des Schadens der Staatsfinanzen dort) die Regierung dort dazu überredet haben, U-Boote zu kaufen. Denn U-Boote braucht Südafrika bis auf Weiteres garantiert nicht annähernd so dringend wie unzählige andere Dinge (die mit demselbem Geld hätten gekauft werden können).

     

    Auf dieselbe Anklagebank gehören auch hohe Entscheidungsträger in Unternehmen, darunter sicher ebenfalls einige deutsche, die von der extremen Ausbeutung der Menschen Südafrikas z.B.

    in Gold- und anderen Minen, direkt profitieren. Zumindest ist es grob fahrlässig - oft mit egoistischen Profit-Motiven - sich nicht dafür einzusetzen, dass die Arbeiterinnen/Arbeiter ausreichend bezahlt werden und !maximal 40 Stunden/Woche arbeiten müssen, wenn 'man' schon Gold, (Industrie- u. Schmuck-)Diamenten etc. etc. von dort kauft.

     

    Ähnliches gilt für andere Länder u. andere 'Produktionsbereiche' (im sog. primären, sekundären u. tertiären Sektor).