piwik no script img

Korruption in NordmazedonienStrafanzeige gegen Ex-Vize von Nordmazedonien

Artan Grubi wird vorgeworfen, mehr als acht Millionen Euro veruntreut zu haben. Nun soll er in den Kosovo geflohen sein.

Skopje, Nordmazedonien, Dezember 2016: Wahlplakat mit dem Konterfei des Kandidaten Artan Grubi Foto: Boris Grdanoski/ap/picture alliance

Athen taz | Die nordmazedonischen Justizbehörden haben gegen den früheren Vize-Premier Nordmazedoniens, Artan Grubi, Strafanklage wegen Korruption erhoben. Grubi wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit Beschaffungen für die staatliche Lotterie Nordmazedoniens umgerechnet mehr als acht Millionen Euro veruntreut zu haben. Lokalen Medien zufolge ermitteln die Justizbehörden in Nordmazedonien zudem gegen Ex-Premier Dimitar Kovačevski wegen seiner möglichen Verwicklung in denselben Fall.

„Als einer, der sein öffentliches Leben dem Schutz der westlichen demokratischen Werte gewidmet hat und der sich immer für die Mitgliedschaft des Landes in der Nato und der EU eingesetzt hat, macht mich diese Entscheidung (die Strafanklage gegen ihn, Anm. d. Red.) persönlich betroffen“, schrieb Grubi in den sozialen Medien.

Grubi teilte ferner mit, dass er sich „aus privaten Gründen“ im benachbarten Kosovo befinde. Er beabsichtige, so Grubi weiter, nach Nordmazedonien zurückzukehren.

In nordmazedonischen Medien heißt es hingegen, dass Artan Grubi in den Kosovo geflohen sei – in einem Wagen mit Diplomatenkennzeichen, den der Honorarkonsul von Kosovo in Nordmazedonien gefahren habe. Fest steht: Vorige Woche hat das US-Außenministerium Grubi wegen seiner Verwicklung in schwere Korruptionsfälle in Nordmazedonien auf die schwarze Liste gesetzt. Zugleich wurde ihm die Einreise in die USA untersagt.

Nordmazedonische Politiker auf schwarzer Liste der USA

Der 47-jährige Grubi gehört zur Führungsriege der größten albanischen Partei in Nordmazedonien, der Demokratischen Union für Integration (DUI). Ethnische Albaner stellen rund ein Viertel der Bevölkerung im knapp zwei Millionen Einwohner zählenden Balkanland. Sie leben vorwiegend im Westen und Norden des Landes. Grubi war von August 2020 bis Juni 2024 Vize-Premier des Landes in der damaligen Regierungskoalition zwischen der Sozialdemokratischen Partei (SDSM) und der DUI.

Die Regierungskoalition aus SDSM und DUI wurde im Mai dieses Jahres abgewählt. Seither regiert in Skopje eine Dreier-Koalition aus der nationalkonservativen VMRO-DPMNE, dem albanischen Parteienbündnis VLEN („Das ist es wert!“) und der neuen Kleinpartei ZNAM („Ich weiß“) unter dem Premierminister und VMRO-Chef Hristijan Mickoski.

Die nordmazedonische Polizei hat letzte Woche umfangreiche Operationen eingeleitet, um hochrangige ehemalige Regierungsbeamte des Landes zu verhaften, denen Korruption vorgeworfen wird. Der nordmazedonische Premierminister Hristijan Mickoski (VMRO-DPMNE) warf der vorherigen Regierung vor, „korrupt“ gewesen zu sein. Ehemalige Regierungsbeamte müssten „für ihre Taten vor Gericht gestellt“ werden, so Mickoski.

Das US-Außenministerium hat in allen seinen jüngsten Berichten über Nordmazedonien festgestellt, dass die Korruption in dem Land explosive Ausmaße angenommen habe. Sie haben neben Grubi neun Politiker und Geschäftsleute in Nordmazedonien auf ihre schwarze Liste gesetzt.

Auch ehemaliger Geheimdienstchef auf schwarzer Liste

Darunter auch den früheren nordmazedonischen Premier Nikola Gruevski, den ehemaligen Geheimdienstchef Saso Miyalkov sowie zwei bekannte Geschäftsleute. Im März dieses Jahres wurde zudem die ehemalige Leiterin der inzwischen aufgelösten Sonderstaatsanwaltschaft Nordmazedoniens, Katica Janeva, auf die Liste gesetzt.

Auch laut der NGO Transparency International ist die wahrgenommene Korruption in Nordmazedonien im Vergleich mit anderen Ländern recht hoch. Das Land belegt mit einer Punktezahl von 42 von 100 (null Punkte bedeutet „total korrupt“, 100 Punkte heißt „völlig sauber“, Anm. d. Red.) den 76. Platz – hinter Staaten wie Ghana, Senegal, Bahrain sowie Kuba. Nordmazedonien ist seit 2020 Nato-Mitglied. Bereits seit dem 15. Dezember 2005 ist Nordmazedonien offizieller Beitrittskandidat der Europäischen Union (EU).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!