Korruption in Deutschland: Schaden beträgt Hunderte Milliarden
250 Milliarden Euro Schaden entstehen Deutschland jährlich durch Korruption, so das Ergebnis einer Studie. Die Schwarzarbeit ging in den vergangenen Jahren zurück.
BERLIN taz | Deutschland entstehen im laufenden Jahr 250 Milliarden Euro Schaden durch Korruption. Das ist das Ergebnis einer Studie des Vorstands des Forschungsinstituts für Bankwesen an der österreichischen Universität Linz, Friedrich Schneider.
Schneider hat in der aktuellen Studie die Entwicklung der Korruption und des daraus resultierenden Schadens seit 2004 betrachtet. Damals lag der Wert noch vergleichsweise niedrig: 220 Milliarden Euro kalkulierte er für das Jahr 2004. Bis zum Jahr 2007 stiegen die Schäden auf 268 Milliarden an, danach liegt der Wert zwischen 250 und 261 Milliarden.
„Der Schaden entsteht beispielsweise dadurch, dass die öffentliche Hand zu teuer baut, weil nicht das günstigste Unternehmen zum Zuge kommt, sondern das Unternehmen, das bestochen hat“, sagt Schneider. Darüber hinaus führt er in seiner Studie unter anderem ein vermindertes volkswirtschaftliches Wachstum und geringere Steuereinnahmen an.
Dabei bestehe ein Zusammenhang zwischen Korruption und Schattenwirtschaft wie Schwarzarbeit: Beide würden beispielsweise durch die Staatsform, aber auch die Finanz- und Wirtschaftskrise beeinflusst.
Deutschland an 14. Stelle auf dem Korruptionsindex
Mit geeigneten Maßnahmen gegen die Misswirtschaft könne deshalb sowohl die Korruption als auch die Schattenwirtschaft eingedämmt werden. Letztere ist laut der Studie seit 2003 zurückgegangen: Damals habe sie gut 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen, im vergangenen Jahr seien es 13,5 Prozent gewesen.
„Man könnte Gerichtsverfahren beschleunigen oder eher Gefängnisstrafen einführen“, schlägt Schneider als Schritte gegen Korruption vor. Diese wirkten gerade auf Unternehmer abschreckender als Geldstrafen.
Außerdem könne man sich ein Vorbild an skandinavischen Ländern nehmen: „Dort sind Unternehmen, die bestochen haben, fünf Jahre von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen.“ Da überlege sich ein Unternehmer sehr genau, ob Bestechung sich lohne.
„Man muss bei allen Zahlen eher vorsichtig sein“, sagt dagegen Christian Humborg von Transparency International. Er fordert vor allem ein Mehr an Transparenz: Öffentliche Aufträge müssten bereits bei niedrigeren Beträgen ausgeschrieben werden. Auch ein bundesweites Korruptionsregister sei hilfreich.
Auf dem Korruptionsindex von Transparency steht Deutschland an 14. Stelle. Auf Platz eins und damit am wenigsten korrupt ist Neuseeland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“